"Der Österreicher
ist nicht der 'Ösi'"

Nationalratspräsident Sobotka absolvierte Antrittsbesuch in Berlin

Sobotka absolvierte Mittwoch und Donnerstag seinen Antrittsbesuch in Berlin und wurde dabei im Deutschen Bundestag sowie im Kanzleramt freundlich empfangen.

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EU - "Der Österreicher
ist nicht der 'Ösi'"

Österreichs EU-Vorsitz und seine Rolle am Balkan, parlamentarische Fragen sowie die Regierungsbeteiligung der FPÖ standen im Fokus der ersten Auslandsreise von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP). "Derzeit ist der Österreicher nicht der 'Ösi', sondern ein ernst zu nehmender und geschätzter Partner in Europa", so Sobotka. Nach einem Treffen mit Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) lauschte die österreichische Delegation, zu der auch Vertreter der Parlamentsklubs von ÖVP, FPÖ, NEOS und Liste Pilz gehörten, der Regierungserklärung von Kanzlerin Angela Merkel zum EU-Gipfel in dieser Woche. Österreichs bevorstehende Übernahme des EU-Vorsitzes war auch Thema bei Arbeitsgesprächen Sobotkas mit Kanzleramtsminister Peter Altmaier sowie Finanzstaatssekretär und CDU-Nachwuchshoffnung Jens Spahn.

»Derzeit ist der Österreicher nicht der 'Ösi', sondern ein ernst zu nehmender und geschätzter Partner in Europa«

Altmaier lobte dabei die gute Zusammenarbeit mit Österreich und die pro-europäische Ausrichtung der ÖVP-FPÖ-Regierung. "Österreich hat schon eine neue Bundesregierung, obwohl sie später gewählt haben. Wir haben sie hoffentlich bald", meinte der enge Vertraute von Kanzlerin Merkel. Und Altmaier gab sich "grundsätzlich optimistisch", dass die SPD-Mitglieder der Neuauflage einer Großen Koalition in Deutschland zustimmen. Aber bei so einer Abstimmung sei man auch "in Gottes Hand".

Zusammenhalten bei Brexit

Sobotka deponierte bei seinen Gesprächspartnern Österreichs Position in Sachen EU-Finanzrahmen und Balkan. Der Austritt Großbritanniens dürfe nicht einfach dazu führen, dass Nettozahler wie Österreich noch mehr ins EU-Budget einzahlen müssen, die EU müsse vielmehr ihre Ausgabenstruktur auf den Prüfstand stellen. Die Gruppe der Nettozahler müsse zusammenhalten. "Deutschland vertritt hier eine nuanciert andere Haltung", so Sobotka.

Deutschland schließt eine höhere finanzielle Verpflichtung nicht völlig aus - schließlich müssten Vorhaben wie etwa der Ausbau des Außengrenzschutzes via Frontex auch finanziert werden -, will zugleich aber über eine effizientere Budgetgestaltung der EU reden. "Wir lassen die Kirche im Dorf", so Altmaier, der derzeit auch geschäftsführender Finanzminister Deutschlands ist.

Es gehe darum, Mehrwert zu erzeugen und von der reinen Brutto-Netto-Betrachtung wegzukommen, sagte Finanzstaatssekretär Spahn nach einem Treffen mit Sobotka in der österreichischen Botschaft. Aber: "Es kann nicht zuerst um die Debatte gehen, wie kriegen wir noch mehr Einnahmen, sondern was können wir bei der Ausgabenstruktur tun."

»Spahn ist ein Freund Österreichs. Das ist nicht nur Sebastian Kurz geschuldet«

Spahn gehört zu den jungen CDU-Konservativen, die in der Flüchtlingskrise auf Distanz zur Parteiführung um Merkel gingen, und wird oft mit dem von Merkel-Kritikern gefeierten Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) verglichen. "Spahn ist ein Freund Österreichs. Das ist nicht nur Sebastian Kurz geschuldet", so Nationalratspräsident Sobotka. Spahn lobte Österreich im Gegenzug für seine Brücken-Funktion zu den Balkan-Staaten.

Beim Besuch des Deutschen Bundestags standen vor allem parlamentarische Fragen auf der Agenda der österreichischen Delegation. "Ich sehe den Bundestag durchaus als beispielgebend für einen lebendigen Parlamentarismus. Wir wollen uns hier intensiv über die parlamentarische Arbeit austauschen und auch sinnvolle Anregungen einholen", erklärte Sobotka. Weiters am Programm: ein Besuch am Prenzlauer Berg beim Start-up Rasa, dass sich mit künstlicher Intelligenz in der Kommunikation beschäftigt, ein Meinungsaustausch mit Zukunftsforschern sowie ein Hintergrundgespräch mit Springer-Journalisten.

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