Herr Pröll, was ist Ihnen
wichtiger geworden?

Perspektiven nach dem Krisenjahr 2020: Nach dem Jahreswechsel beantwortet Erwin Pröll in der Serie "News nachgefragt" diese und andere Fragen.

von News Nachgefragt - Herr Pröll, was ist Ihnen
wichtiger geworden? © Bild: Ricardo Herrgott

2020 war und ist ein außerordentliches Jahr – die Corona-Pandemie stellt die Gesellschaft vor neue Fragen, Herausforderungen und Probleme. Was können wir von diesem Ausnahme-Jahr lernen und welche Erwartungen haben wir an 2021? News.at fragte bei ehemaligen und aktiven Politikern und Politikerinnen nach.

Den Fragebogen beantwortete Erwin Pröll. Von 1992 bis 2017 war er Landeshauptmann von Niederösterreich und Landesparteiobmann der Volkspartei Niederösterreich (VPNÖ).

2020 war für mich…
… ein außergewöhnliches Jahr

Darauf hätte ich heuer verzichten können…
Auf manch parteipolitisch motivierten Zank in Situationen, wo staatspolitisches Zusammenstehen gefragt gewesen wäre.

Was haben Sie 2020 gelernt, was Sie vorher noch nicht wussten/konnten?
Ich habe gelernt, mittels iPad Videokonferenzen abzuhalten. Und ich habe nicht gewusst, dass die Demokratie in den USA keinen besonders hohen Reifegrad hat.

Welcher Moment hat Sie 2020 besonders berührt?
Als ich ein sehr persönliches und berührendes Video von einem Kind bekommen habe, in dem es sich für die Hilfe bedankt, die ich organisieren konnte.

Was ist Ihnen wichtig geworden, worauf Sie in den Jahren zuvor deutlich weniger Wert gelegt haben?
Mich in der Natur zu bewegen und Entschleunigung zu spüren. Und das Schöne, vor allem in der Zeit des Lockdowns, war, dem Konzert der Vögel zu lauschen – ganz ohne Fluglärm und ohne Kondensstreifen der Flugzeuge am Himmel.

Was gibt Ihnen Hoffnung?
Dass ein wirksamer Corona-Impfstoff immer näher rückt.

Wann haben Sie sich zuletzt ohnmächtig gefühlt?
Als mir ein guter Freund vor wenigen Monaten von seiner niederschmetternden Krebs-Diagnose erzählt hat.

Welche Rolle hat Europa für Sie nach 2020?
Ein Motor für Innovation und Forschergeist, ein Vorbild für Umwelt- und Klimaschutz, ein Vorreiter für Sicherheit sowie eine Schule für toleranten Umgang miteinander und gegen Ausgrenzung zu sein.

Was ist Ihnen 2020 nicht geglückt?
Mit dem Rennrad die Glockner-Hochalpenstraßen zu bezwingen – aber nicht, weil die Kraft gefehlt hätte, sondern die Zeit.

Worauf sind Sie stolz, das Sie heuer erlebt/geschafft haben?
Niederösterreich in einem wunderschönen Bildband so emotional zu präsentieren, wie ich es über Jahrzehnte hautnah erlebt habe.

Was braucht die österreichische Politik 2021?
Augenmaß und Realitätssinn, Mut und Zuversicht

Die Person des Jahres ist für mich … weil …
Prof. Christoph Huber, weil er maßgeblich an der Entwicklung eines Corona-Impfstoffes beteiligt ist. Was mich besonders freut: 2011 ist es uns nach heftigen Diskussionen gelungen, mit Polymun Scientific in Klosterneuburg eine hilfreiche wissenschaftliche Infrastruktur dafür zur Verfügung zu stellen.

Ihr größter Wunsch für 2021?
Den Kampf gegen die Pandemie gewinnen zu können

Was wünschen Sie sich für unsere Gesellschaft?
Dass wir den Versuchungen des Materialismus, Egoismus und der Virtualität widerstehen. Dass wir Lebensstil und Lebensabläufe überdenken. Dass wir über den Glauben den Respekt für die Mitmenschen und die Natur vertiefen. Dass wir unser Wertegerüst neu ordnen und die Bedürfnisse neu reihen – weg vom Übertriebenen hin zum Sinnvollen, weg von den Ansprüchen „größer, schneller, mehr“ hin zu den Maßstäben „herzlicher, menschlicher, sensibler“.

Ihr politisches Vorbild?
Leopold Figl

Bei diesem Song kenne ich den Text auswendig…
„You Raise Me Up“ von Josh Groban

Halbvoll oder halbleer?
Ganz klar „halbvoll“

House of Cards oder Vorstadtweiber?
Weder das eine noch das andere