Tierschutz und
Jagd - ein Widerspruch?

Der Mensch jagt, seit es Mensch und Tier gibt. Dass die Jagd mehr ist als Töten, mögen dabei viele nicht glauben. Die Diskussion für oder wider die uralte Tradition der Waidmänner wird schon seit Jahrzenten heiß geführt – und das, obwohl nur 1,5 Prozent der Österreicher selbst auf die Jagd gehen.

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Jagd - ein Widerspruch? © Bild: shutterstock

Der Urmensch musste jagen, um zu überleben. Das Fleisch lieferte Protein; Fell und Knochen wurden zu Kleidung und Werkzeug weiterverarbeitet. Im Laufe des Mittelalters wandelte sich die Jagd dann zum reinen Adelsprivileg. Mit der bürgerlichen Revolution im Jahr 1848 änderte sich das Jagdrecht schließlich wieder zu Gunsten aller Bürger.

Seither ist das Ausüben der Jagd untrennbar mit dem Eigentum von Grund und Boden verbunden. Es werden Jagdgründe verpachtet und Preislisten für Trophäen verhandelt. Österreichweit üben heute rund 127.000 Jäger auf rund 84.000 km² Fläche die Jagd aus. Muss das im Jahr 2018 noch sein?

Die österreichischen Jäger werden durch die öffentliche Darstellung oft und gerne in ein schlechtes Licht gerückt. Die Jag macht es den Medien nicht schwer: Das Fehlverhalten einzelner Personen, angeschossene Haustiere und das Töten als "Hobby" stoßen bei Vielen auf Unverständnis.

»Das Töten ist das Problem!«

Tiere töten als Freizeitsport? „Nein!“, stellt Ferdinand Gorton, Landesjägermeister aus Kärnten klar: "Jagd ist kein Sport und Jagd ist kein Spiel! Jagd ist viel mehr Leidenschaft, Passion, eher Berufung. Das Handwerk der nachhaltigen Jagd kann nur mit hohem Verantwortungsbewusstsein ausgeübt werden. Um die geforderte hohe Qualität jedoch dauerhaft und zuverlässig sicherzustellen, bedarf es meiner Meinung nach viel Leidenschaft und natürlich auch Freude beim Anblick unserer facettenreichen Natur.

Trophäenjagd

Aus reiner Freude zu töten, geben nur die wenigsten Jäger zu. Ganz von der Hand zu weisen ist dieser Thrill aber offenbar nicht. Nicht umsonst geben Jäger teils Unsummen dafür aus, einen Bock schießen zu dürfen. Für eine ordentliche Trophäe legen die Grünröcke je nach Revier gut und gerne 5.000 Euro hin - das Fleisch des Tieres ist in diesem Preis dabei oft nicht inkludiert. Dazu kommen noch die Fixkosten: "Im Durchschnitt gibt der österreichische Jäger rund 3.800 Euro im Jahr für die Jagd aus. Hierzu zählen Kosten für die Ausrüstung, Weiterbildungsmaßnahmen, Versicherungskosten, Steuern, Abgaben und Kosten für Jagdpachten", weiß Gorton.

»Jagd ist vielmehr aktiver Naturschutz!«

Die Öffentlichkeit bekommt so den Eindruck, dass die Jagd in erster Linie dazu dient, Geschäfte zu machen. Laut dem Wildbiologen Klaus Hackländer von der Boku Wien wird die Trophäe allerdings nur dann zum Problem, wenn es das Einzige ist, worauf man sich konzentriert. Eine generelle Verteufelung der Trophäe würde keinen Sinn machen. Sie sei weniger ein Siegessymbol, als eine Erinnerung an einen schönen Jagdtag. Die eigentlichen Aufgaben der Jäger rücken durch die fragwürdigen Erinnerungsstücke aber nicht selten in den Hintergrund.

Der ideale Jäger

"Jagd ist nichts weniger als aktiver Naturschutz", sagt der Landesjägermeister dazu. Die Jagd kann in unserem von Menschen geschaffenen Kulturland die Population von Wilditieren regulieren und dämmt so Schäden ein. Gorton: "Überall dort, wo der Mensch in die Natur eingreift, sei es durch die landwirtschaftliche Nutzung, Ausbau von Straßen, Dörfern und Städten, muss der Mensch ebenfalls bemüht sein, den Wildtieren auch Ausgleichsflächen zu schaffen." Haben Feldhase und Rebhuhn einen besseren Lebensraum, profitieren davon in weiterer Folge auch die Kräuter und Insekten. Jäger schaffen Schutzgebiete und Inseln.

Tierschützer halten dagegen, dass sich die Natur überhaupt gut und gerne selbst reguliert. Sprich eine "Bestandsregulierung" durch den Jäger gar nicht nötig sei. Vielmehr würden Tiere vermehrt zugefüttert werden, um später als Trophäe die Wand zu zieren. Fakt ist aber auch, dass in unserer unnatürlichen, von Menschenhand geschaffenen Umwelt eine Selbstregulierung nicht immer in einer zu vereinbarenden Weise geschieht.

Das Bambi-Syndrom

Ein weiterer Aspekt ist die Tatsache, dass der Jäger mit seiner Arbeit ein Produkt liefert, das Wildbret. Egal was man von der Jagd halten mag: Mehr Bio geht eigentlich nicht. Trotzdem ist die Ablehnung, Tiere zu essen, die wir als "süß" oder menschlich wahrnehmen, heutzutage groß. Man spricht hier vom Bambi-Effekt, der den Jäger für uns einmal mehr zur gesichtslosen Gefahr macht. Paradox, erhitzen Geflügel- und Rindermassenproduktionen hinter verschlossenen Türen meist weniger, als ein Rehkitz im Wald.

Die Zunft der Jäger scheint es bisher verabsäumt zu haben, die positiven Seiten deutlicher darzustellen. Wichtig ist es deswegen, das Verständnis für die Jagd zu fördern und gleichzeitig die schwarzen Schafe der Branche auszusortieren - denn auch die gibt es. Weg von der Trophäenhascherei, hin zu dem Wissen, dass der Einsatz der Jäger für einen gesunden Lebensraum die Biodiversität auch insgesamt steigern kann. Schließlich wird sogar in Nationalparks gejagt - nur das man es dort eben Wildtiermanagement nennt. Eine Studie zeigt es: Nur 14 Prozent der Österreicher gaben 2016 bei einer repräsentativen GfK-Umfrage an, sehr oder eher gut über die Jagd Bescheid zu wissen. Dies sind übrigens auch jene, welche das Jagen positiver als die eher Unwissenden sehen.

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