Grüne verzichten
auf Anfechtung

Entscheidung gegen Gang zum VfGH fiel mehrheitlich

Die niederösterreichischen Grünen werden die Landtagswahl vom 28. Jänner nicht anfechten.

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Die Entscheidung sei mehrheitlich - mit zwei Drittel - und "im Zwiespalt" im Landesausschuss gefallen, teilten Landessprecherin Helga Krismer und Landesgeschäftsführer Hikmet Arslan am Donnerstag in einer Pressekonferenz in Wien mit.

Wahl sei "verfassungswidrig" abgelaufen

Krismer begründete die Entscheidung damit, dass die Mittel fehlen würden, eine Wahlanfechtung insbesondere der ÖVP zugutekäme und die niederösterreichischen Grünen gleichermaßen Verantwortung für die Bundesgrünen (durch Übernahme eines Schuldenberges, der abgebaut werden müsse) wie für die Wähler hätten. Die Wahl sei "verfassungswidrig" abgelaufen, hatte sie am Dienstag betont. Krismer verwies diesbezüglich auf Probleme im Zusammenhang mit dem im vergangenen Juni beschlossenen NÖ Landesbürgerevidenz-Gesetz.

»Wenn das Recht auf Anerkennung als Wähler unklare Grundlagen habe, entspricht es nicht der Bundesverfassung«

Rechtsanwalt Heinrich Vana, der den Grünen zur Seite steht, hatte sich am Dienstag "überzeugt" gezeigt, dass einer Anfechtung stattgegeben würde. Gemeinden hätten eine "völlig verschiedene Praxis" darin geübt, ob Zweitwohnsitzer am 28. Jänner wahlberechtigt waren oder nicht. Wenn das Recht auf Anerkennung als Wähler unklare Grundlagen habe, entspreche es nicht der Bundesverfassung, erinnerte Vana.

Gesetzesänderung gefordert

Krismer kündigte an, das vorliegende Gutachten in der konstituierenden Sitzung des Landtages am 22. März einzubringen. Die ÖVP werde die Expertise "ernst nehmen müssen." Das Gesetz werde "geändert werden" müssen.

Die Gemeinderatswahl 2020 in Niederösterreich werde "nicht auf Basis dieses Gesetzes" ablaufen, gab sich Krismer kämpferisch. Eine Anfechtung auf kommunaler Ebene könne und werde sie sich leisten, kündigte die Landessprecherin an.

"Macht des Wortes nie nehmen"

Die ÖVP in Niederösterreich werde den Grünen weiterhin die Mittel kürzen können. Sie könne die Grünen auch Geschäftsordnungs-Partei nennen, sagte Helga Krismer in der Pressekonferenz in Wien. Die ÖVP könne der Opposition auch weiterhin Rechte nehmen. Aber "die Macht des Wortes" werde sie "nie nehmen" können, betonte die Landessprecherin.

»Ich möcht, aber ich kann nimmer«

Der Landesausschuss, der sich am Mittwoch zu zwei Drittel gegen die Wahlanfechtung entschieden hat, ist laut Krismer ein 30-köpfiges Gremium. "Ich möcht, aber ich kann nimmer", sei ihr Standpunkt als letzte Rednerin in der - laut Landesgeschäftsführer Hiket Arslan - "stundenlangen Debatte" gewesen.

Für die Landessprecherin ist klar, dass bei künftigen Landtagswahlen nur Hauptwohnsitzer stimmberechtigt sein sollten, weil es ja auch um Mandate im Bundesrat gehe. Auf kommunaler Ebene sollten Zweitwohnsitzer wahlberechtigt sein, allerdings mit eindeutigen Regeln. Nicht der Bürgermeistrer allein solle darüber entscheiden, sondern die Gemeindewahlbehörde oder das Gemeindeamt.

Krismer: Ergebnis "erschummelt"

Das Gutachten von Heinrich Vana in Rücksprache mit Bernd-Christian Funk sagt laut Helga Krismer, Landessprecherin der niederösterreichischen Grünen, "nichtjuristisch" aus, dass das Ergebnis vom 28. Jänner "erschummelt" und die Regierung "nicht legitimiert" sei. Im Falle einer Anfechtung wäre "zu 99 Prozent" mit einer Aufhebung der Wahl zu rechnen gewesen.

Der ÖVP warf Krismer vor, das NÖ Landesbürgerevidenz-Gesetz durchgeboxt zu haben. Die Grünen hätten darauf hingewiesen, dass die Vorlage "unsauber" sei und auch darauf, "dass die Wahl nicht in der Reinheit, wie es die Verfassung vorsieht, ablaufen wird".

Kritik übte Krismer daran, dass die Causa den anderen Parteien im Land "kein Anliegen" sei. Es habe keine Anrufe und keinerlei Erkundigungen bei ihr gegeben, auch nicht nach der Ankündigung vom Dienstag, dass eine Wahlanfechtung "im Raum" stehe. "Eine Partei (NEOS, Anm.) ist froh, dass sie im Landtag ist, die anderen Parteien (ÖVP, FPÖ, SPÖ, Anm.) haben sich die Regierungssitze angewärmt", resümierte die Landessprecherin der Grünen.

"Wir haben von Anfang an gesagt: Die Entscheidung, ob die Grünen die Wahl anfechten oder nicht, obliegt ausschließlich den Grünen", reagierte Bernhard Ebner, Landesgeschäftsführer der ÖVP. "Für uns steht seit dem 29. Jänner die Arbeit für Niederösterreich im Mittelpunkt."

Schnabl sieht Entscheidung "mit Wohlwollen"

SPÖ-Landesparteivorsitzender Landesrat Franz Schnabl sieht die Entscheidung der Grünen "mit Wohlwollen". Das Wahlergebnis hätte sich bei einer Wiederholung nicht großartig verändert, sagte der designierte Landesvize. Die SPÖ habe der Änderung des Zweitwohnsitzer-Wahlrechts im Vorjahr nicht zugestimmt.

Die NEOS Niederösterreich teilten mit, auf eine rasche "Reparatur und Demokratisierung" des Wahlrechts im Bundesland zu drängen. Defizite der aktuellen Regelung vor allem hinsichtlich der Zweitwohnsitzer zu beheben, müsse eines der ersten gemeinsamen Projekte des neuen Landtags werden, sagte die designierte Fraktionssprecherin Indra Collini. Mit Blick auf die Gemeinderatswahlen in zwei Jahren gelte es keine Zeit zu verlieren. "Noch einmal darf in Niederösterreich jedenfalls keine Wahl ohne einheitliche Umsetzungs-Vorgaben stattfinden."

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