Beziehungsstatus: kompliziert

Wer eine Wahl gewinnen will, muss auch eines können: Im richtigen Moment schweigen. In der SPÖ hängt man aber lieber eigenen Befindlichkeiten nach.

von Renate Kromp © Bild: Ian Ehm/News

Weil es beim ersten Mal so schön war, lässt sich Andreas Babler am zweiten Novemberwochenende gleich noch einmal zum SPÖ-Parteivorsitzenden wählen. Diesmal ist Graz als Schauplatz eines außerordentlichen SPÖ-Bundesparteitags an der Reihe. Linz, wo man im Frühjahr war, bleibt der Ruhm, dass die SPÖ dort an Excel-Tabellen und der richtigen Zuordnung von ausgezählten Stimmen scheiterte. Babler wurde gewählt - nur wusste man das halt am Wahltag nicht. Man kann ohne Übertreibung sagen, die Ära Babler begann mit großem Trara. Seither müht er sich. Die Themenlage: zäh. Die Parteifreunde: wirklich Freunde? Es ist kompliziert. Babler begann das Rennen um den SPÖ-Vorsitz aus der Außenseiterposition und wurde auf einer Welle der Euphorie seiner Anhängerinnen und Anhänger an die Spitze getragen. Es gab zahlreiche Parteieintritte wegen ihm. Vor allem die rote Jugend und der linke Parteiflügel stehen hinter dem Traiskirchner. Das kann eine starke Basis nach innen sein. Nach außen bringen diese Unterstützer wenig Gewicht auf die (Medien-)Waage. Dafür zeigt sich immer klarer: Es fehlen die Bastionen in den Ländern. Von Niederösterreich bis Tirol hatte man sich im SPÖ-internen Wahlkampf für Hans Peter Doskozil stark gemacht. Nach der Entscheidung ließ man zwar Parteidisziplin walten, machte gleichzeitig aber auch klar, was man von einzelnen inhaltlichen Vorstößen des Neuen hält. Nämlich wenig. Andere starke SPÖ-Organisationen waren deshalb für Babler, weil sie gegen Doskozil waren. Die Gewerkschafter etwa. Und vor allem: die Wiener SPÖ. Die Parteigranden dort hatten auf Pamela Rendi-Wagner gesetzt und sich gründlich verkalkuliert. Bürgermeister Michael Ludwig mag seinen burgenländischen Kollegen ganz und gar nicht, er wirft ihm ein Zerstörungswerk an der ehemaligen Parteichefin vor. Babler fiel bei ihm vor der Entscheidung wohl eher in die Kategorie Linksabweichler, nahe am Briten Jeremy Corbin, der die Labour Party an den Rand des Untergangs geführt hatte.

»Starke SPÖ-Organisationen waren deshalb für Babler, weil sie gegen Doskozil waren«

Babler müht sich. Er versucht, auch jene Gruppen einzubinden, die im SPÖ-internen Wahlkampf bei seinen Kontrahenten waren. Er will Themen setzen und muss zusehen, wie die FPÖ, die ebenfalls das Versagen der Regierung bei Teuerung und Krisen trommelt, in den Umfragen weiterhin Platz eins hält. Er hätte sich die Unterstützung seiner Parteifreunde verdient - und sei es nur aus dem pragmatischen Grund, dass man, wenn man als Gesamtpartei die nächste Wahl gewinnen will, hin und wieder die Klappe halten muss.

Was Michael Ludwig nun gemacht hat, fällt eher nicht unter konstruktive Mitarbeit. Er zieht sich aus den Gremien der Bundespartei zurück. Von den drei Landeshauptleuten, die die SPÖ stellt, ist damit nur noch Peter Kaiser bereit, sich hier an die Seite seines Parteichefs zu stellen. Ludwig mag damit einer inhaltlichen Zwickmühle entkommen. Er lehnt Reformideen Bablers, wie die Direktwahl des Parteivorsitzenden, ab. Man könnte sagen, da ist es konsequent, sich zurückzuziehen. Man könnte aber auch sagen, im kommenden Jahr geht es für die SPÖ um mehr als den komplizierten Beziehungsstatus ihrer Spitzenfunktionäre. Sie will eine Alternative zu einem Kanzler Kickl bieten. Den eigenen Parteichef zu schwächen, ist da keine gute Idee.

Was meinen Sie? Schreiben Sie mir bitte: kromp.renate <AT> news.at