Kurz als Ansprechpartner
in Europa "absurd"

Bundeskanzler Sebastian Kurz war auf Besuch bei US-Präsident Trump. Kurz als Ansprechpartner für Europa zu sehen, sei "absurd", so ein Experte.

von Kurz bei Trump - Kurz als Ansprechpartner
in Europa "absurd" © Bild: Nicholas Kamm / AFP

Der Versuch von US-Präsident Donald Trump, Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zu seinem Ansprechpartner in Europa zu machen, ist nach Einschätzung des Außenpolitikexperten Heinz Gärtner "absurd" und "typisch" für die Außenpolitik Trumps. "Er wird erkennen, dass Kurz nicht so wichtig ist in Europa", sagte der Wiener Universitätsprofessor am Donnerstag.

»Typisch Trump«

"Das ist typisch Trump. Er spricht mit dem Kurz als Ansprechpartner für Europa, was absurd ist", verwies Gärtner darauf, dass Österreich nur ein einzelner Mitgliedsstaat ist, der noch dazu klein sei. Dies zeige den bilateralen Ansatz des US-Präsidenten in der Außenpolitik. "Er spricht mit jedem einzelnen in Europa, nur nicht mit Europa", sagte der Politikwissenschafter mit Blick auf die Vertreter der EU-Institutionen.

Kanzler solle Ansprüche des US-Präsidenten zumindest relativieren

Kurz dürfte das "nicht so stehen lassen" und müsste die Ansprüche Trumps zumindest relativieren. "Sonst hat man wirklich den Eindruck, dass er nur einen Teil von Europa meint", verwies Gärtner darauf, dass der Kanzler nicht ganz Europa repräsentiere, sondern dessen "rechtskonservativen Teil".

US-Botschafter Trevor Traina hatte nach dem Treffen von Trump und Kurz am Mittwochnachmittag (Ortszeit) vor Journalisten gesagt, dass der Präsident mit dem Kanzler so gesprochen habe, "als ob er mit Europa spräche". Kurz wiederum habe "im Namen der gesamten EU" gesprochen. Trump hoffe, dass Kurz das Gespräch, in dem es um die "Frustrationen" des US-Präsidenten mit Europa gegangen sei, "mit nach Europa nehmen und es dort verbreiten" sowie "eine Antwort organisieren" werde.

Positive Bilanz

Gärtner warnte davor, die Bedeutung des Besuchs überzubewerten. Er wies darauf hin, dass beim Treffen im Oval Office überhaupt keine Frage zu Kurz gestellt wurde, sondern nur zu den aktuellen internationalen Themen. "Für Trump und die amerikanischen Journalisten war das nicht sehr relevant." Auch würden für Trump persönliche Beziehungen "überhaupt keine Rolle" spielen. "Er tut nur so." Es könne aber durchaus sein, dass Trump den Kanzler als Ansprechpartner in Europa einsetzen werde, "wenn er ihn brauchen kann".

Allgemein zog Gärtner eine positive Bilanz der Visite. "Österreich ist wieder auf der Landkarte (der USA)", betonte er. Kurz habe mit der Visite nicht nur an "Prestige gewonnen" und sich einen Platz in den Geschichtsbüchern gesichert, er habe auch zeigen können, dass Österreich auch zu den USA gute Beziehungen habe.

"Ein bisschen überrascht" zeigte sich Gärtner, dass Kurz nach dem Treffen die Äquidistanz Österreichs zwischen den Weltmächten betont habe. Trump habe ihn nämlich sicher zu "America First", auch in Bezug auf Russland gedrängt. In diesem Zusammenhang seien auch die Forderungen des US-Präsidenten nach höheren österreichischen Verteidigungsausgaben zu sehen. "Trump will ein weiteres NATO-Mitglied haben, das amerikanische Waffen kauft." Das Argument, Österreich sei sicherheitspolitisch ein Trittbrettfahrer sei aber falsch, verwies der Experte auf das Engagement des Bundesheeres bei Friedenseinsätzen.

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