Kurz verteidigt Regierung,
aber nicht den Innenminister

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat in der Debatte des "Dringlichen Antrags" die Bedeutung der Europäischen Menschenrechtskonvention betont und klar gestellt, dass die Regierung auf sie angelobt sei, da sie sich im Verfassungsrang befinde. Auch das Regierungsprogramm spreche hier eine eindeutige Sprache.

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Nationalrat - Kurz verteidigt Regierung,
aber nicht den Innenminister

Als Verteidiger von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) trat der Kanzler nicht auf. Allerdings betonte er, dass die von der EU vorgegebenen Regelungen zur Außerlandesbringung von straffälligen Asylwerbern "unserer Meinung nach" sehr eng seien. Daher setze sich die Regierung auf europäischer Ebene für einen größeren Spielraum bei der Abschiebung von straffällig gewordenen Flüchtlingen ein.

Insgesamt hielt der ÖVP-Chef wohl mit Blick auf Kickls Aussage, wonach das Recht der Politik zu folgen habe, fest, dass Österreich eine starke Demokratie sei, deren Fundament ein funktionierender Rechtsstaat und eine ordentliche Gewaltenteilung sei. Allgemein appellierte er in seiner mit sechs Minuten sehr kurzen Rede, das Zusammenspiel zwischen Regierung und Opposition möglichst sachlich zu führen.

Große Aufregung über Kickls Aussage

Eingebracht hatte den "Dringlichen Antrag" der Liste Jetzt-Abgeordnete Alfred Noll, der darauf verwies, dass die Aufregung über Kickls Aussage nicht nur bei der Opposition, sondern auch bei Künstlern, Richtern und sogar dem Justizminister groß sei: "Ein Innenminister dieser Republik darf so etwas nicht sagen." Der Satz, wonach das Recht der Politik zu folgen habe, sei "unterirdisch" und entspreche einem "verbalen Sprengstoff-Attentat auf diesen Rechtsstaat: "Wer so etwas sagt, der hat an dieser Stelle nichts verloren."

»Wer so etwas sagt, der hat an dieser Stelle nichts verloren«

Denn eigentlich habe ein Minister die Verfassung zu loben und zu preisen, für sie zu werben und die ganze Autorität in deren Verteidigung zu legen. Tatsächlich wolle Kickl aber die parteipolitische Deutungshoheit über unsere Regeln des Zusammenleben stellen. Freiheitliche Tagespolitik werde gegen konsensuale Nachkriegspolitik ausgespielt.

Sechster Misstrauensantrag gegen Kickl

Kickl selbst, der heute bereits den fünften Plenartag erlebt, an dem der insgesamt sechste Misstrauensantrag gegen ihn eingebracht wird, nahm an der Debatte nicht teil - musste er auch nicht, nachdem der "Dringliche" an den Kanzler gerichtet wurde. Der wiederum hatte Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) zum Sitznachbarn. Mit Ministerin Margarete Schramböck und Staatssekretärin Karoline Edtstadler hatten sich noch zwei Mitglieder aus der ÖVP-Regierungsriege dazu gesellt.

Kickl ätzt vom Büro aus

Innenminister Kickl ist eigenen Angaben zu Folge während der Parlamentsdebatte zum Misstrauensantrag gegen ihn nicht untätig geblieben. In einem Instagram- und Facebook-Posting betont er, sich mit Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) über erweiterte Rückführungsmöglichkeiten von abgelehnten Asylwerbern nach Syrien unterhalten zu haben.

Wörtlich schreibt Kickl: "Die Opposition verwendet zur Stunde im Parlament viel Redezeit dafür, sich über Dinge zu beschweren, die ich nie gesagt habe. Ich habe währenddessen die Zeit genutzt, um mit meiner Regierungskollegin Außenministerin Karin Kneissl wichtige Themen zu besprechen."

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