Syrien-Konflikt:
EU ringt um Lösung

OPCW-Ermittler blockiert. Kneissl: UNO im Syrien-Konflikt unterstützen

Nach dem Militärschlag des Westens kommt Bewegung in die internationalen Bemühungen um eine politische Lösung des Syrien-Konflikts. Frankreich will Russland, die westlichen UN-Veto-Mächte und zentrale regionale Akteure an einen Tisch bringen. Der Syrien-Krieg tobt seit nunmehr sieben Jahren. Etwa 400.000 Menschen wurden nach UN-Angaben getötet, Millionen sind geflohen.

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Nach der Intervention - Syrien-Konflikt:
EU ringt um Lösung

Die Gruppe aus den USA, Großbritannien, Frankreich, Saudi-Arabien und Jordanien solle mit dem Iran, Russland und der Türkei verhandeln, sagte Premierminister Edouard Philippe am Montag in der Pariser Nationalversammlung. Unterdessen ist ein Ermittlerteam der Organisation für ein Verbot der Chemiewaffen (OPCW), das einen mutmaßlichen Giftgaseinsatz im syrischen Duma untersuchen soll, bisher nicht dorthin gelangt.

Ziel der französischen Friedensinitiative ist nach Angaben von Diplomaten eine umfassende Resolution für eine landesweite Waffenruhe und einen gesicherten Zugang für humanitäre Helfer in Syrien. Die EU-Außenminister sicherten ihre Unterstützung zu.

Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) hat ihre Bereitschaft zur Vermittlung im Syrien-Konflikt unterdessen präzisiert. "Unsere grundsätzliche Haltung, alles was Vermittlungsdiplomatie im Nahen Osten anbelangt, war immer: In erster Linie geht es darum, die Aufgaben von (dem Syrien-Sondergesandten der UNO, Staffan, Anm.) de Mistura zu unterstützen", sagte Kneissl nach EU-Beratungen am Montag in Luxemburg. De Mistura habe das Mandat des UNO-Sicherheitsrates, so Kneissl. "Da geht es jetzt nicht darum, doppelt zu moppeln." Sie wolle in Hinblick auf ihre Reise nach Moskau ihre guten Dienste anbieten, habe aber kein Vermittlungsangebot gemacht, betonte Kneissl. "Österreich steht zum einen mit Wien als UNO-Sitz zur Verfügung, und das ist das Wesentliche. Und zum anderen unterstützen wir Staffan de Mistura da, wo wir können."

In einem Interview mit der "Presse" (Dienstag-Ausgabe) sagte Kneissl, Österreich könne "an zwei Strängen arbeiten". Neben dem Anbieten des UN-Standorts Wien als Veranstaltungsort könne man sich auch "bei einer Pendeldiplomatie nützlich machen, aber dafür braucht es eine Anfrage." Es gebe sehr viele Akteure in Syrien, einer davon sei Russland. Syriens Machhaber Bashar-al-Assad sei "ein Akteur. Und ich glaube, es hat sich herumgesprochen, dass man mit Assad einfach auch verhandeln muss", betonte die Außenministerin gegenüber der "Presse".

In der gemeinsamen Erklärung der EU-Außenminister heißt es, das vorhandene Momentum solle für eine Wiederbelebung des diplomatischen Prozesses genutzt werden. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini hofft, auch die Syrien-Konferenz in der kommenden Woche in Brüssel für politische Gespräche nutzen zu können. Dabei soll auch eine weitere finanzielle Unterstützung und humanitäre Hilfe für die syrische Zivilbevölkerung organisiert werden.

Die USA, Großbritannien und Frankreich hatten in der Nacht zum Samstag Ziele in Syrien angegriffen. Hintergrund ist der mutmaßliche Chemiewaffeneinsatz in der ehemaligen Rebellenhochburg Douma (Duma), für den der Westen die syrische Regierung verantwortlich macht. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte das Vorgehen des Westens als Aggression verurteilt.

Das Ermittler-Team der OPCW hat noch immer keinen Zugang zum Ort Douma. Das bestätigte OPCW-Generaldirektor Ahmet Üzümcü am Montag in Den Haag. Syrische und russische Vertreter hätten das Team informiert, dass zuvor noch Sicherheitsfragen geklärt werden müssten. Die neun Experten der OPCW sind seit Samstag in Damaskus und warten auf ihre Weiterreise. Der britische Botschafter Peter Wilson beschuldigte Russland und Syrien, die Ermittlungen zu blockieren.

Russland wies die Vorwürfe zurück. "Das ist eine weitere Erfindung der Briten", sagte Vizeaußenminister Sergej Rjabkow in Moskau. Wegen der Raketenangriffe des Westens hätten die OPCW-Experten ihre Untersuchungen bisher nicht aufnehmen können. Allerdings ist nichts davon bekannt, dass Ziele in direkter Umgebung der Stadt Douma attackiert wurden. Rjabkow sagte, die Reise sei gescheitert, weil die Sicherheitsabteilung des UN-Sekretariats sie nicht genehmigt habe.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow sieht den Rest an Vertrauen zwischen Moskau und dem Westen schwinden. "Wir verlieren die letzten Überbleibsel an Vertrauen", sagte Lawrow der BBC. Der Westen handle nach einer "sehr merkwürdigen Logik". Sowohl im Fall des vergifteten Ex-Agenten Sergej Skripal als auch hinsichtlich des mutmaßlichen Giftgasangriffs in Syrien seien zuerst Strafmaßnahmen eingeleitet und dann Beweise gesucht worden.

Der deutsche Außenminister Heiko Maas machte sich am Rande des EU-Außenministertreffens in Luxemburg dafür stark, jetzt einen politischen Dialog zu beginnen. "Wir werden überprüfen müssen, welche Staaten (...) Einfluss in der Region haben, die einwirken können, auch auf die dortigen Beteiligten", sagte er. "Ohne Russland wird man diesen Konflikt nicht lösen können." Auch der französische Staatschef Emmanuel Macron will Russland - die Schutzmacht Syriens - und die Türkei mit an den Verhandlungstisch holen.

Kremlsprecher Dmitri Peskow betonte, Moskau wolle trotz des Raketenangriffs westlicher Staaten auf Syrien im Dialog mit den USA bleiben. "Wir hoffen, dass wir trotz der Schäden, die Washington den bilateralen Beziehungen zufügt, eine Art von Kommunikation beginnen können", sagte er. Die militärischen Kommunikationskanäle würden regelmäßig genutzt, sagte Peskow der Agentur Tass zufolge.

Nach Auffassung der CDU-Spitze sollte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel eine wesentliche Vermittlungsrolle mit Russland übernehmen. Die deutsche Regierung sieht allerdings keine langfristige Lösung des Syrien-Konflikts mit Präsident Bashar al-Assad. In der Übergangsphase müsse man "mit den Realitäten umgehen", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. "Eine langfristige Lösung des Syrien-Konflikts ist nach unserer Vorstellung nur ohne Assad vorstellbar."

Die Unterstützung der EU für die Luftangriffe des Westens auf Ziele in Syrien fiel vergleichsweise zurückhaltend aus. In der Stellungnahme der Außenminister heißt es lediglich, man habe "Verständnis" für die von den USA, Frankreich und Großbritannien ausgeführten Angriffe auf Chemiewaffenanlagen. Als einen Grund für die vergleichsweise schwache Sprache nannten Diplomaten unterschiedliche Positionen von EU-Staaten. So soll in den Verhandlungen auch argumentiert worden sein, dass die Luftangriffe nicht durch eine Resolution des UN-Sicherheitsrats gedeckt gewesen seien. Gleichzeitig musste anerkannt werden, dass Russland eine solche Resolution verhindert hatte.

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