Die Macht der Worte

Wie Sprache unsere Sicht der Welt beeinflusst

Marlies Krämer ist eine Kämpferin. Seit Jahrzehnten setzt sich die heute 80-jährige Deutsche für die Gleichbehandlung von Männern und Frauen in der Sprache ein. Vergebene Liebesmüh' oder ein wichtiger Beitrag für die Gleichberechtigung?

von Diskriminierung - Die Macht der Worte © Bild: shutterstock

Marlies Krämer ist eine Kämpferin. Seit Jahrzehnten setzt sich die heute 80-jährige Deutsche für die Gleichbehandlung von Männern und Frauen ein. So haben wir ihr beispielsweise zu verdanken, dass Hochdruckgebiete im Wetterbericht auch Frauennamen bekommen. Der Saarländerin war es ein Dorn im Auge, das Frauennamen immer für Wetter-Tiefs herhalten mussten.

Jetzt musste Krämer allerdings eine Niederlage einstecken: Sie sagte der Sparkasse mit der Forderung einer weiblichen Anrede in Sparkassen-Formularen den Kampf an. Am Ende ohne Erfolg.

Wie Krämer setzen sich Feministen bereits seit Jahrzehnten für die Sicht- und Hörbarmachung von Frauen in der Sprache ein – nicht ohne Kritik. Zu unwichtig erscheint ein fraueneinbindender Sprachgebrauch. Zu umständlich. Dabei gilt die Sprache als Schlüsselwerkzeug für gesellschaftliche Veränderung, mit dem bestehende Normen und Machtverhältnisse beeinflusst werden können.

Frauen sichtbar machen

Plakativ gesagt: Sprache reflektiert, wer gesellschaftlich anerkannt ist und wer nicht. Wer immer nur von Anwälten, Bauarbeitern und Anwälten spricht, der lässt unweigerlich die Ärztin, die Bauarbeiterin und die Anwältin unerwähnt. Aber gilt der Einwand, dass bei den Ärzten und Anwälten die Frauen „eh automatisch“ mitgemeint sind? Dass das generische Maskulinum ausreiche?

Tatsächlich zeigt eine in Deutschland durchgeführte Studie, wie wichtig die Erwähnung der weiblichen Personengruppe ist. Es wurde gefragt, wen sie sich für das Amt des Bundeskanzlers vorstellen könnten. Die Gruppe, die nur nach einem potentiellen Bundeskanzler befragt wurde, nannte demnach auch nur Männer. Die Gruppe, die sowohl nach einem potenziellen Kanzler oder einer Kanzlerin befragt wurde, nannte Männer und Frauen.

Sprachliche Unterscheidungen gehen also alles andere als neutral vonstatten. Die Bewertungen sind mittlerweile aber derart allgegenwärtig, dass sich nur weniger überhaupt von ihrer Existenz überzeugen lassen. Bedenkt man, dass es eine nicht enden wollende Auswahl an Schimpfwörtern gibt, die allein aufs weibliche Geschlecht abzielen – Tussi, Trutschn, Funzn, etc. – um nur einige zu nennen oder die gleichzeitige Möglichkeit, Männer zu diskreditieren, in dem sie als „Mädchen“ bezeichnet werden, ist das aber fast erstaunlich.

Von Studien belegt, von der Gesellschaft ignoriert

Eine begriffliche Unterscheidung hat emanzipatorischen Charakter. Fakt. Dass das generische Maskulinum dabei nicht „ausreicht“, beweist eine weitere Studie aus dem Jahr 2008. Die Probanden sollten von einem Satz einen Folgesatz ableiten. Das Ergebnis? Eindeutig. Sätze, in denen nur die männliche Form verwendet wurde, wurden weniger häufig Folgesätzen zugeordnet, in denen auch Frauen vorkamen.

Die Hauptargumente von Gegnern geschlechtergerechter Sprache wären somit eigentlich widerlegt. Dem diskriminierenden Sprachgebrauch tut es aber weiterhin keinen Abbruch. Umso wichtiger, dass es Menschen wie Marlies Krämer gibt, die nicht aufgeben.