"Die Optimalvariante wäre
ein grüner Bürgermeister"

David Ellensohn, mitreißender Redner mit oft deftiger Wortwahl, will Grüne anführen

Wer der nächste Spitzenkandidat der Wiener Grünen wird, wird mittels öffentlicher Wahl abgestimmt. Es stehen fünf Kandidaten zur Auswahl. Der wohl bekannteste ist David Ellensohn, der Klubchef der Wiener Grünen im Rathaus. Sollte er gewinnen, will er der Partei wieder mehr das Gesicht einer Protestpartei geben.

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Wien - "Die Optimalvariante wäre
ein grüner Bürgermeister"

Seit Jahren gehört David Ellensohn zum Führungszirkel der Wiener Grünen, seit genau acht Jahren ist er Klubchef der Rathausfraktion und somit wesentlicher Player in der rot-grünen Stadtregierung. Geboren wurde der bekennende Fußballfan 1963 in London, aufgewachsen ist er aber in Vorarlberg, was man dem dreifachen Vater immer noch anhört. In den 1990er-Jahren verdiente er sein Geld als Sportjournalist, bevor er in Rudolfsheim-Fünfhaus zu den Bezirks-Grünen stieß und 2001 in den Gemeinderat aufrückte. Vor seiner Berufung zum Klubchef war er ab 2004 nicht amtsführender Stadtrat der Wiener Grünen.

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Mitreißender Redner

Der 55-jährige Politprofi fühlt sich vor allem dem Thema Bildung und sozialer Gerechtigkeit verpflichtet und gilt als mitreißender Redner, der im verbalen Gefecht auch vor deftiger Wortwahl nicht zurückschreckt. So beschimpfte er in einer Gemeinderatssitzung im Sommer FPÖ-Mandatare als „empathielose Arschlöcher“. Politisch verankert ist er in der Antifa-Bewegung. Er war auch dafür verantwortlich, dass dem Nazi-Piloten Walter Nowotny das Ehrengrab aberkannt wurde und dass ein Deserteursdenkmal für die Verfolgten der NS-Militärjustiz am Ballhausplatz steht.

»Ich kandidiere, weil ich glaube, dass ich der Beste bin«

Warum er jetzt für die Wahl als neues Gesicht der Wiener Grünen (der Gewinner wird nach dem geplanten Abgang von Maria Vassilakou amtsführender Stadtrat und Vizebürgermeister) kandidiert? „Ich kandidiere, weil ich glaube, dass ich der Beste bin“, sagte er im Gespräch mit der APA, er der 14 Jahre lang im Schatten Vassilakous stand. Er will, sollte er gewinnen, den Grünen wieder mehr das Gesicht einer „Protestpartei“ geben, die sich mit den Großen wie Novomatic, Immobilienhaien und der Bundesregierung anlegt.

Eigentlich zufrieden mit Regierungsarbeit

Dennoch sieht er die Grünen als „erfolgreiche Projektpartei“, die vieles in der Stadtregierung durchsetzen habe können, so Ellensohn. Auch mit der gemeinsamen Regierungsarbeit mit der SPÖ zeigte er sich weitgehend zufrieden, wobei er etwa auf die Mariahilfer Straße oder die 365-Euro-Jahreskarte verwies. Gleichzeitig hielt er aber fest: "Ich verheimliche nicht, dass die Grünen selbstsicherer auftreten müssen in der Koalition." "Verbesserungswürdig" sei etwa die Informationspolitik der SPÖ in der laufenden U-Kommission zum Krankenhaus Nord.

»Die Grünen sind nur erfolgreich, wenn wir gemeinsam auftreten.«

Er hofft aber, dass die Grünen auch künftig mitregieren: "Wir wollen alle gestalten." Die Optimalvariante wäre laut Ellensohn, wenn Wien so wie Innsbruck einen grünen Bürgermeister bekäme. Parteiinterne Konflikte sind laut Ellensohn jedenfalls zu vermeiden: "Die Grünen sind nur erfolgreich, wenn wir gemeinsam auftreten." Dass etwa der Disput um das Heumarkt-Projekt geschadet hat, verhehlte er nicht. "Niemand würde heute das Projekt so machen", vermutete er.

Nicht zu alt

Erneuern will Ellensohn bei einem Sieg wohl auch das grüne Personal: „Es werden zukünftig starke Leute mit an Bord sein, die jetzt noch nicht aktiv in der Politik mitarbeiten“, sagte er in einem Interview mit der Tageszeitung „Die Presse“. Das sein Gegenkandidat Peter Kraus mit 31 Jahren auch hier ein Symbol der Verjüngung darstellen würde, will Ellensohn jedoch nicht gelten lassen, denn das Alter sei „keine Garantie für eine echte inhaltliche Verjüngung.“

Wer das Rennen macht, wird Ende November feststehen. Entschieden wird die Sache via Briefwahl, die am 8. November startet. Davor gibt es zwecks Präsentation neben Online-Formaten auch noch vier Hearings mit allen fünf Kandidaten. In moderierten Runden werden sie zu verschiedenen Themenblöcken befragt. Wählen selbst können auch externe Personen, wenn sie sich bis 18. Oktober auf www.spitzenwahl.wien registrieren.