Die Corona-Protokolle: Details durchgesickert

Frühe Differenzen zwischen Regierung und Experten - werden Unterlagen veröffentlicht?

Nachdem am Mittwoch via Wochenzeitung "Falter" erneut Details aus zwei Corona-Beraterstäben der Republik durchgesickert sind, ist weiterhin unklar, ob und wann deren Protokolle öffentlich gemacht werden sollen. Im Gesundheitsministerium sagte man auf APA-Anfrage am Mittwoch, dass dies in Vorbereitung sei. Laut "Falter" zeigen die Protokolle frühzeitig Differenzen zwischen Regierung und Experten.

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Krisenstäbe - Die Corona-Protokolle: Details durchgesickert

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Bei den Unterlagen aus dem Gesundheitsministerium geht es um die "Taskforce Corona", in der verschiedene Mediziner (von Virologie und Epidemiologie bis zu Public Health) tätig sind. Das zweite Gremium ist der "SKMM Koordinationsstab Sars-Cov-2/Covid-19" im Innenministerium, wobei SKMM für "Staatliches Krisen- und Katastrophenmanagement" steht. Ob deren Unterlagen veröffentlicht werden, könne man derzeit nicht sagen, so ein Sprecher.

Schulschließungen laut Ages problematisch

Laut den nun veröffentlichten Protokollen bezeichnete etwa Franz Allerberger von der Ages am 9. März die Schließung von Schulen und Kindergärten als problematisch. Auch der Grazer Mediziner Ivo Steinmetz meinte demnach, dass vor allem ältere Menschen soziale Kontakte einschränken sollten.

»"Sars-CoV-2 für über 80 Prozent der Bevölkerung nicht gefährlich"«

Auch das - bereits durch eine Ö1-Veröffentlichung bekannte - Setzen der Regierungsspitze auf eine Angststrategie wurde kritisiert. So meinte Allerberger laut einer Mail-Konversation am 14. März, dass man schnell von der Botschaft des "ganz gefährlichen Virus" wegkommen solle. Dies sei kontraproduktiv, Sars-CoV-2 sei "für über 80 Prozent der Bevölkerung nicht gefährlich".

Notbeschaffung von Schutzausrüstung (zu) spät Thema

Die Notbeschaffung von Masken oder Schutzkleidung wurde laut den zitierten Unterlagen erst spät, nämlich Mitte März, im Krisenstab ein Thema. Sie wurde an das Rote Kreuz delegiert, mit der Begründung "Dringlichkeit und Alternativlosigkeit", wie es in einem der zitierten Protokolle heißt.

NEOS verlangen Transparenz

Die NEOS verlangen die Veröffentlichung aller Regierungsprotokolle zur Coronakrise. Klubchefin Beate Meinl-Reisinger und der Abgeordnete Douglas Hoyos kündigten entsprechende parlamentarische Initiativen an. Meinl-Reisinger warf der Regierung vor, ihren Fokus auf die eigene Inszenierung zu setzten und verlangte ein Ende der Angstmacherei.

Meinl-Reisinger verlangte ein Ende der Angstmacherei. "Wenn man mit einer Politik der Angst weitermacht, dann fährt man das Land gegen die Wand." Stattdessen solle die Regierung die Empfehlungen und Meinungen der Experten offenlegen und so für Transparenz sorgen. In der zweiten Pandemie-Phase, in der sich Österreich gerade befinde, sei ein selbstbestimmtes Handeln der Menschen entscheidend. Und dafür brauche es Informationen.

Mehr Eigeninszenierung als Aufklärung

Die publik gewordenen Protokolle würden nahe legen, dass es Türkis-Grün oft mehr um die Eigeninszenierung und PR gegangen sei als um Aufklärung. Das Motto habe gelautet: "Wer nichts weiß, muss alles glauben." Die Regierung habe auf Halbinformationen, vielleicht auch auf Desinformation, Obrigkeitshörigkeit und Angst gesetzt.

Es habe mehr als 80 Regierungspressekonferenzen gegeben. Das dort Gesagte habe der Realität aber nicht immer standgehalten, wie die viel zu langsamen Wirtschaftshilfen zeigen. Bei diesen Pressekonferenzen sei es zu einem großen Teil um die Selbstinszenierung gegangen. "Wir fordern alle Regierungsprotokolle offen zu legen. Die angekündigte Offenlegung ist bisher nicht passiert", so Meinl-Reisinger.

Die NEOS bringen sowohl eine parlamentarische Anfrage zu allen Verordnungen ein, die offenlegen soll, welche Experten dafür und welche dagegen waren, als auch einen Antrag in der nächsten Plenumsitzung. Das Vertrauen in die Politik und in die Maßnahmen werde durch die Regierungs-PR zerstört, warnte Meinl-Reisinger. Man brauche jetzt kluge Strategien in Bezug auf Abstand-Halten, Schutz der Gefährdeten und das Aufspüren von Infektionsclustern. "Und dazu braucht es aufgeklärte Bürger, denn einen zweiten Lockdown überleben wird nicht. Das ist keine Option."