Herr Steyer, was läuft an
Österreichs Schulen schief?

Integration, Handyverbot und alte Lehrpläne. Das sagt der Vertreter der 1.113.500 österreichischen Schüler dazu.

Timo Steyer ist das Gesicht der rund 1.113.500 Schüler Österreichs, wenn es um die Vertretung dieser gegenüber der Politik geht. Seit Ende September ist der 18-jährige von der ÖVP-nahen Schülerunion gewählter Bundesschulsprecher. News.at hat den jungen Wiener zum Gespräch gebeten und ihn zum Handy-Verbot an Schulen, der Integrationsproblematik, den Sorgen heutiger Schüler sowie Bildungsminister Heinz Faßmann befragt.

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Bildung - Herr Steyer, was läuft an
Österreichs Schulen schief?

News.at: Hast du dich schon eingearbeitet? Wie lässt sich der Job mit der Schule vereinbaren?
Timo Steyer: Mittlerweile habe ich mich schon gut eingelebt und finde mich in meiner neuen Position gut zurecht. Ich habe das Glück, dass mein Engagement in der Schule unterstützt wird und ich daher meine Anwesenheit in der Schule (Handelsakademie Sacre Coeur in Wien Rennweg) gut koordinieren kann.

Was sind die Aufgaben eines Bundesschulsprechers?
Die wichtigste Aufgabe ist bestimmt die Vertretungsarbeit vor dem Ministerium und den Schulpartnern. Als Bundesschulsprecher ist man die erste Ansprechperson wenn es um die Meinung der Schülerinnen und Schüler geht. Außerdem setze ich gemeinsam mit der Bundesschülervertretung auch inhaltliche Fokuspunkte, die uns als Schülervertretung wichtig sind.

Was steht auf deiner Agenda? Was gehört sofort geändert in der Schule?
Mir ist besonders wichtig, dass beim 360 Grad Feedback (Anm. ein Programm zur Bewertung der Lehrer in Feedback-Form) zügig ein Programm ausgearbeitet wird, dass bald in den Klassen ankommen kann. Hier muss jetzt der Prozess gestartet werden. Dazu haben wir als Bundesschülervertretung auch einen 7-Punkte Plan vorgestellt. Außerdem möchte ich dem Thema Politische Bildung große Aufmerksamkeit schenken. Auch eine Modernisierung der Lehrpläne ist uns wichtig. Es gibt Lehrpläne, die 18 Jahre alt sind. Es soll zum Beispiel Platz für Digitalisierung im Unterricht und fächerübergreifendes Unterrichten geschaffen werden.

»Die Schule soll uns auf das spätere Leben vorbereiten. Dies ist momentan leider nicht wirklich der Fall. «

Was läuft schief in unserem Bildungssystem?
Die Schule soll uns auf das spätere Leben vorbereiten. Dies ist momentan leider nicht wirklich der Fall. Themen wie wirtschaftliche Grundbildung und politische Bildung werden viel zu wenig behandelt. Außerdem müssen die Möglichkeiten der Digitalisierung viel stärker in den Unterricht des 21. Jahrhunderts integriert werden.

Was läuft gut?
Den größten Vorteil, den unser Schulsystem bietet, ist bestimmt die Differenzierung. Die zahlreichen Möglichkeiten durch die verschiedenen Bereiche der Berufs- und Allgemeinbildung sowie der Lehre dient für viele andere Länder als Vorbild. So kann wirklich jeder entsprechend seiner Stärken und Interessen den idealen Ausbildungsweg wählen.

Gerade im Bereich der Integration gibt es viele Probleme. Was sind deine Lösungsansätze?
Man kann eindeutig erkennen, dass Lehrkräfte hier nicht ausreichend unterstützt werden. Deshalb ist es wichtig, dass es mehr Supportpersonal in Form von Schulsozialarbeitern und Schulpsychologen gibt.

Sind die Deutschklassen die richtige Lösung?
Die sprachliche Barriere ist die wichtigste, die überwunden werden muss, damit Integration funktionieren kann. Deshalb ist es so essentiell, dass zuerst die wichtigsten Deutsch-Grundlagen erlernt werden, bevor man in den Regelunterricht einsteigt. Denn es hat keinen Sinn, Unterricht zu besuchen, dem man nicht folgen kann.

Welche sind die häufigsten Sorgen unter den Schülern heutzutage?
Viele Sorgen betreffen vor allem die Zukunft. Was mache ich nach der Schule? Gehe ich studieren oder arbeiten? Bin ich gut auf das Leben vorbereitet? Hier ist die Schule in der Pflicht das Thema Berufsorientierung besser zu fokussieren.

Der Unterrichtsbeginn um 8 Uhr ist ok? Oder sollte das später sein?
Das ist ein Thema, das direkt an den Schulen entschieden werden muss. Es gibt ja jetzt schon Schulen die starten schon um 7:45 Uhr oder erst um 9:00 Uhr.

Ist Handy-Verbot an Schulen sinnvoll? Wie ist das an deiner Schule?
An meiner Schule darf das Handy verwendet werden. Zum Teil verwenden wir es auch für kurzfristige Recherchen im Unterricht. Hier ist muss ebenfalls jeder Schulstandort selbst entscheiden, ob ein Verbot sinnvoll ist. Generell bin ich dagegen, da wir in einer digitalen Welt ohne diese Hilfsmittel im Berufsleben nicht auskommen und daher den Umgang damit in der Schule erlernen müssen. Daher sollte vielmehr ein kritischer Medienkonsum und ein verantwortungsbewusster Umgang mit Handy, Tablet und Co im Unterricht behandelt werden.

Die Rückkehr zu Noten war eine gute Idee?
Natürlich schaffen Noten eine gewisse Vergleichbarkeit und zeigen ein eindeutiges Bild. Dennoch ist es mir extrem wichtig, dass es gerade in der Volksschule ein zusätzliches schriftliches Feedback gibt. Denn gerade in der Volksschule müssen Schülerinnen und Schüler sowie die Eltern genau über die Bereiche wo es sehr gut läuft und wo noch Aufholbedarf herrscht, informiert werden.

Dein Zeugnis an Bildungsminister Heinz Faßmann?
Der Bildungsminister nimmt die Anliegen der Schülervertretung ernst, was mich natürlich sehr freut. Außerdem kann man mit ihm auf Augenhöhe sprechen und auch die Arbeit mit dem Ministerium empfinde ich bis jetzt als positiv. Ich bin besonders stolz, dass einige Ideen und Vorschläge, die die Bundesschülervertretung seit mehreren Jahren fordert, durch ihn umgesetzt wurden.