Theresa May lehnt Brexit-
Vertragstext ab

"Kein britischer Premierminister könnte dem je zustimmen": Großbritanniens Regierungschefin May hat den ersten Vertragsentwurf zum Brexit abgelehnt.

von Brexit - Theresa May lehnt Brexit-
Vertragstext ab © Bild: Tolga AKMEN / AFP

Die britische Premierministerin Theresa May hat den Entwurf der EU zum Brexit-Abkommen heftig kritisiert.

"Der veröffentlichte Entwurfstext würde, wenn umgesetzt, den Binnenmarkt Großbritanniens und die verfassungsmäßige Integrität des Vereinigten Königreichs bedrohen, indem er eine zollrechtliche und regulatorische Grenze in der Irischen See schaffen würde", sagte May bei einer Fragestunde im Parlament. "Kein britischer Premierminister könnte dem je zustimmen".

Sie werde das EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und anderen "kristallklar machen", warnte May am Mittwoch weiter. Die Irische See liegt zwischen Irland und Großbritannien.

EU-Chefunterhändler Michel Barnier hatte am Mittwoch in Brüssel den ersten Entwurf für ein Austrittsabkommen mit Großbritannien vorgestellt. Darin wird als Notlösung vorgesehen, dass im britischen Nordirland wichtige Regeln der Zollunion und des EU-Binnenmarkts nach dem Brexit weiter gelten sollen, um Grenzkontrollen zum EU-Mitglied Irland zu verhindern.

EU will "gemeinsamen regulatorischen Raum" mit Nordirland

Zur Vermeidung einer "harten Grenze" zu Irland hat die EU Großbritannien einen "gemeinsamen regulatorischen Raum" mit Nordirland vorgeschlagen. "Der gemeinsame regulatorische Raum soll eine Zone ohne interne Grenzen schaffen, in welcher der freie Warenverkehr sichergestellt ist, und die Zusammenarbeit zwischen Norden und der Süden (Irlands, Anm.) geschützt ist", heißt es in dem Entwurf.

In dem vom EU-Brexit-Chefverhandler Michel Barnier am Mittwoch vorgelegten Entwurf für das EU-Austrittsabkommen schlägt die EU vor, die Irland-Frage in einem eigenen Protokoll zu regeln. Barnier selbst betonte, eine harte Grenze müsse unbedingt vermieden und das Karfreitagsabkommen erhalten werden. Die Grenze zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem britischen Nordirland ist seit dem Karfreitagsabkommen von 1998 faktisch unsichtbar, die gesamte Insel funktioniert als gemeinsamer Wirtschaftsraum.

Praktisch würde das bedeuten, dass Nordirland alle Regelungen der EU zum Warenverkehr beibehalten muss, ohne vollständig im Binnenmarkt mit der EU zu verbleiben, hieß es in Kommissionskreisen. Die EU wolle damit eine pragmatische und kreative Lösung für Irland und Nordirland vorschlagen. Diese wäre "einzigartig" durch die aufgrund des Brexits entstehende Außengrenze zwischen Großbritannien und der EU. Unter die Warenverkehrsregelungen fallen aus Sicht der EU auch phyto-sanitäre, Veterinär-, Agrar-, Fischerei- und Abfall-Vorschriften. Nicht abgedeckt sind der Dienstleistungs-, Personen- und Kapitalverkehr.

Barnier betonte, der Austrittsvertrag, einschließlich einer Lösung für Irland müsse bis zum Herbst stehen, damit das Vertragswerk dann bis zum Brexit Ende März ratifiziert werden kann. In dem Austrittsvertrag sind auch die Bestimmungen für die Übergangsperiode - vom Brexit bis zu einem neuen Handelsabkommen - geregelt, die nach dem Wunsch der EU am 31. Dezember 2020 enden soll.

Nach Worten von Barnier gibt es hier zwei große Meinungsverschiedenheiten zwischen der EU und Großbritannien: Erstens will London EU-Bürger nur bis zum Brexit mit Inländern gleichstellen, die EU fordert eine Gleichstellung bis zum Ende des Übergangs. Zweitens will London nicht weiter alle dynamischen Änderungen im EU-Recht während des Übergangszeitraums automatisch Umsetzen. Während der Übergangsperiode ist Großbritannien nicht mehr stimmberechtigt in den EU-Institutionen vertreten, muss aber weiter EU-Recht anwenden.

Barnier sah sich am Mittwoch mit eine Fülle von Fragen britischer Journalisten konfrontiert, die ihm vorwarfen, mit dem Entwurf zur Irland-Frage in die Verfassungsordnung Großbritanniens einzugreifen. Dabei betonte der EU-Chefverhandler, die EU respektiere die innere Ordnung Großbritanniens. Die EU versuche lediglich die politischen Vereinbarungen vom Dezember umzusetzen, in denen sich Großbritannien verpflichtet hatte, eine harte Grenze mit Irland zu vermeiden.

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