Farage: "Brüssel akzeptiert ein Nein nicht als Antwort"

Britischer Europaabgeordneter wünscht kein zweites Referendum zu Brexit

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Dies sagte er im Interview mit der APA in Wien. Es sei zwar möglich, dass eine zweite Abstimmung abgehalten werde - für ihn jedoch ein "worst case scenario".

Ein bedeutender Teil der britischen Großkonzerne und der Berufspolitiker wollten einen Brexit nicht hinnehmen. "Brüssel akzeptiert ein Nein nicht als Antwort", sagte Farage, der anlässlich des 15. com.sult-Kongresses in Wien weilte. Die britische Bevölkerung hält er für ausreichend informiert. Es handle sich um eine einfache Frage: "Will man sich selbst regieren oder nicht? Will man seine eigenen Gesetze machen, als unabhängiges Land, oder Teil eines größeren politischen Blocks sein?"

Bei dem Brexit handle es sich nur um die Feststellung, dass dieses politische Modell für Großbritannien nicht funktioniere. Seiner Ansicht nach sollte Großbritannien mit Ende März 2019 bereits vollständig austreten, mit oder ohne "Deal". Er befürchte jedoch, dass dies aufgrund des Zögerns von Premierministerin Theresa May nicht passieren werde.

"Es sieht so aus, als wolle sie Großbritannien drei oder mehr Jahre an ein Übergangsabkommen binden, was bedeuten würde, dass wir weiterhin Geld bezahlen, die Grenzen offenhalten und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) akzeptieren werden, ohne ein Mitspracherecht zu haben." Er sei sehr unglücklich damit, wie die britische Regierung dies handhabe. Innerhalb der in Artikel 50 des EU-Vertrags beschlossenen zweijährigen Übergangsphase hätte bereits alles geregelt werden sollen, so Farage.

Der EU-Binnenmarkt erlaubt seiner Ansicht nach keinen richtigen freien Wettbewerb. Es handle sich dabei um ein stark reguliertes Modell, dessen Gesetze von den Konzernen durch die Europäische Kommission geschrieben werden. Kleine und mittelständische Unternehmen werde so die Möglichkeit genommen, Großunternehmen herauszufordern, sagte Farage.

Die EU falle überdies im Vergleich zu anderen Weltregionen in Hinblick auf die technologische Entwicklung und viele andere Aspekte zurück. "Der Brexit ist für uns eine fantastische Gelegenheit, sich zu einer spannenden, größeren Welt hinzuwenden."

Er beobachte ein großes Versagen in Europa: "Der Norden und der Süden driften ökonomisch auseinander, und zunehmend entfernen sich der Westen und der Osten kulturell voneinander, beim Streit über die Flüchtlingsfrage und christliche Kultur."

"In Ungarn fragt man sich, warum müssen wir für Merkels Fehler bezahlen?", sagte Farage im Hinblick auf die Flüchtlingspolitik der deutschen Bundeskanzlerin. Dies sei ein starkes Argument, meinte er, und seiner Meinung nach die Migrationsfrage ein wichtiger Grund, warum die Bevölkerung verschiedener Länder wieder sagen würde: "Das ist unser Land, wir wollen es führen."

Sicherheit sei für ihn kein Argument für einen Verbleib in der Union. "Die gemeinsame Verteidigung ist einer der größten Fehler, den die EU macht." Was EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker plane, werde die NATO-Allianz zerstören, sagte er. Er sorge sich außerdem, dass die Veto-Möglichkeit in der Außenpolitik abgeschafft werde, was zu Kriegen führen könnte. Die EU sei zudem auf Expansion ausgerichtet, besonders Richtung Osten, was für ihn bedenklich sei.

Bezüglich der nachrichtendienstlichen Zusammenarbeit, einem weiteren wichtigen Aspekt der Sicherheitspolitik, sagte Farage, Großbritannien habe den größten Geheimdienst von Europa und stelle mehr Informationen zur Verfügung, als das Land von den anderen EU-Mitgliedern bekomme. Dies werde man auch nach dem Brexit weiterhin tun, so Farage. "Der Brexit ist kein Akt der Aggression gegenüber unseren Nachbarn", sagte der Europaabgeordnete.

Gefragt, was er von separatistischen Bewegungen halte, machte Farage eine Unterscheidung zwischen Schottland und Katalonien. "Schottland ist ein Schwindel gewesen", sagte er, denn es habe Großbritannien verlassen, aber in der EU verbleiben wollen. Somit wäre den Schotten keine echte Unabhängigkeit geboten worden.

Die Katalanen wollten hingegen nicht nur Spanien, sondern auch die Union verlassen. Normalerweise unterstütze er keine separatistischen Bewegungen, weil diese oft von der extremen Rechten oder Linken besetzt würden und er ihren Motiven und Taktiken misstrauisch gegenüberstehe. "Dass Menschen beim Referendum am 1. Oktober gewaltsam daran gehindert wurden, ihre Meinung auszudrücken, hat für mich nicht nur Madrid in ein anderes Licht gestellt, sondern auch die EU, da diese die Gewalt nicht verurteilt hat."

Es sei für ihn sehr aufschlussreich gewesen, dass die EU in Polen bei der Ernennung von Richtern und in die Migrationspolitik Ungarns eingreife, aber in dieser Angelegenheit nicht gehandelt habe. Er habe nun sehr viel mehr Sympathie für den katalanischen Separatismus als zuvor.

Farage stellt sich außerdem hinter die Politik des US-amerikanischen Präsidenten Donald Trump. Er habe nur eine einzige unsinnige Twitter-Nachricht geschrieben, und dies sei jene gewesen, in der "covfefe" gestanden sei, so der Europaabgeordnete.

"Trump hält sich an die großen Prinzipien, für die er gewählt wurde", lobte Farage. Damit sei er fast allein in der westlichen Weltpolitik. Sein unkonventioneller Stil werde von manchen wohl nicht als eines Präsidenten würdig angesehen, aber dies sei ein anderer Ansatz der Beurteilung.

Was seiner Meinung nach zählt, ist, dass Trump seine Versprechen halte und "atemberaubenden Erfolg" habe. Die amerikanische Wirtschaft boome unglaublich und der Optimismus sei groß. "Erst gestern wurden 50 Milliarden US-Dollar (rund 40 Mrd. Euro, Anm.) nach Amerika zurückgeführt, um in Arbeitsplätze investiert zu werden."

"Trump macht drei Dinge richtig", sagte er. Er reformiere das veraltete Steuersystem, das zu hohe Körperschaftssteuern beinhalte, setze auf Deregulierung und strahle Zuversicht aus: "Er ist ein Führer", so Farage. Im Vergleich zu ihm machten europäische Politiker eine schlechte Figur.

(Das Gespräch führte Gisela Linschinger/APA.)

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