1,50-Stundenlohn
"menschenverachtend"

Kritik an Kürzung für Regierungspartner "absurd"

Die vom Innenministerium vorgegebene Kürzung des Stundenlohn für gemeinnützige Tätigkeiten von Asylwerbern auf maximal 1,50 Euro pro Stunde wird selbst in Wirtschaftskreisen scharf kritisiert. IV-Präsident Georg Kapsch bezeichnet diese Maßnahme im "Standard" am Donnerstag als "menschenverachtend". Das Vorhaben stößt zudem auf breite Ablehnung in den Bundesländern. Bei Koalitionspartner FPÖ stößt diese Kritik auf Unverständnis, sie sei "absurd".

von Asyl - 1,50-Stundenlohn
"menschenverachtend" © Bild: iStockphoto.com/Borut Trdina

Nur wenige Menschen seien davon betroffen, in absoluten Beträgen sei die Ersparnis verschwindend gering, so Kapsch: "Es ist reine Symbolpolitik, die viel mehr Zeichen einer politischen Haltung ist, als sie von finanzieller Sinnhaftigkeit getragen wird." Er begrüße zwar wirtschaftspolitische Maßnahmen der Koalition wie den Zwölfstundentag, doch die türkis-blaue Gesellschaftspolitik löst bei ihm Unbehagen aus, so Kapsch, der zuletzt im Jänner seinen Unmut über die FPÖ-Attacken auf Caritas und andere soziale Organisationen äußerte.

Ablehnung aus acht Bundesländern

Die Pläne stoßen auch auf breite Ablehnung aus den Bundesländern. In einer gemeinsamen Stellungnahme sprechen sich das Burgenland, Kärnten, Oberösterreich, Salzburg, die Steiermark, Tirol, Vorarlberg und Wien gegen die Verordnung aus.

»Der Innenminister will ein Problem lösen, das es gar nicht gibt«

Die acht Länder, Niederösterreich ist als einziges nicht dabei, plädierten am Donnerstag für die Beibehaltung der bisherigen Praxis. "Es ist paradox: Der Innenminister will ein Problem lösen, das es gar nicht gibt. Wir verstehen nicht, wieso er ein funktionierendes System kaputt macht", kritisiert Wiens Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ), auf dessen Initiative die Stellungnahme erarbeitet wurde.

Gute Erfahrungen mit bisherigem Modell

Allein in der Bundeshauptstadt seien derzeit 400 Asylwerber gemeinnützig tätig, auch die anderen Bundesländer hätten gute Erfahrungen mit dem bisherigen Modell gemacht. Die Asylwerber gehen einer sinnvollen Tätigkeit nach, leisten einen wertvollen Beitrag für die Gesellschaft, lernen rascher Deutsch und werden bereits während des Asylverfahrens auf den Arbeitsmarkt vorbereitet. "Diese Bundesregierung streicht Mittel für Deutschkurse und zerstört Anreize für gemeinnützige Tätigkeit, gleichzeitig beklagt sie die Zahl der Asylberechtigten in der Mindestsicherung. Das entbehrt jeglicher Logik", so Hacker.

»Diese gezielte Strategie der Zerstörung von Integrationsmaßnahmen muss endlich gestoppt werden«

Auch der zuständige Landesrat aus Oberösterreich, Rudolf Anschober (Grüne), kann mit der Verordnung Kickls nichts anfangen. "Diese gezielte Strategie der Zerstörung von Integrationsmaßnahmen muss endlich gestoppt werden", so Anschober.

Für Vorarlberg betont der zuständige Landesrat Christian Gantner (ÖVP), dass er die Reduktion für nicht zielführend hält. Aufgrund der Freiwilligkeit dürfte das Interesse bei einem so niedrigen Lohn vermutlich gering sein, so der Vorarlberger Landesrat.

"Keine Entlohnung sondern Ausbeutung"

Aus der Steiermark und Kärnten kam ebenfalls deutliche Kritik. "1,50 Euro pro Arbeitsstunde ist keine Entlohnung, sondern Ausbeutung", so Kärntens Landesrätin Sara Schaar (SPÖ). "Die Möglichkeit zu arbeiten, ist der beste Weg zur Integration. Aber 1,50 Euro in der Stunde sind deutlich zu wenig, wenn jemand freiwillig eine Beschäftigung aufnimmt", kritisierte auch die steirische Soziallandesrätin Doris Kampus (SPÖ). Tirols Soziallandesrätin Gabriele Fischer (Grüne) bezeichnete die Halbierung des bisherigen Wertschätzungsbeitrages als "unmenschlichen Hungerlohn".

"Innenminister will offensichtlich nicht, dass sich Menschen integrieren"

Der Salzburger Landeshauptmann-Stellvertreter Heinrich Schellhorn (Grüne), zuständig für Grundversorgung und Soziales, verwies darauf, dass die ÖVP-FPÖ-Regierung im Jahr 2004 den Betrag von 3 bis 5 Euro für angemessen gehalten habe. Mit einer Reduktion des Stundenlohns "wird die Arbeit und der Mensch, der sie macht, ein Stück weit entwertet. Der Innenminister will offensichtlich nicht, dass sich die Menschen integrieren", so Schellhorn.

FPÖ: Kritik an Kürzung "absurd"

Die FPÖ findet die Kritik an der Kürzung des Anerkennungsbeitrags für Asylwerber, die gemeinnützige Arbeit verrichten, auf 1,50 Euro pro Stunde, "absurd" und "fernab von jeder Sachlichkeit". "Hier wird nur versucht ein rationales Thema polemisch zu missbrauchen", meinte Klubobmann Johann Gudenus in einer Aussendung.

Seine Argumentation: Bei den Remunerantentätigkeiten handle es sich um gemeinnützige Arbeiten, für die ein Anerkennungsbeitrag vorgesehen ist. Es sei dies aber keine Erwerbstätigkeit zur Schaffung und Sicherstellung des Lebensunterhaltes. Daher handelt es sich bei der "Festsetzung eines einheitlichen Betrages hierfür" auch keinesfalls um ein angebliches Lohndumping. Die Versorgung und Unterkunft, medizinische Leistungen, Bekleidung, der Schulbedarf bei schulpflichtigen Kindern und mehr, seien für Asylwerber bereits im Rahmen der Grundversorgung sichergestellt. Man sei sich sehr wohl der "Verantwortung gegenüber jenen Menschen, die bei uns Asyl beantragen, bewusst und daher ist deren Versorgung auch gewährleistet", so Gudenus.

Kommentare

Die Kosten für die Grundversorgung der Asylwerber muss hierbei auch berücksichtigt und gegengerechnet werden! Wenn für die Rekruten und Zivildiener der Stundenlohn von € 1,50 als Taschengeld für gemeinnützige bzw. harte Schufterei bei Katastropheneinsätzen ausreicht, dann weiß ich nicht worüber wir hier diskutieren!

Weil man NUR € 1,50 bekommt will man sich nicht integrieren (Schellhorn)? Die Asylwerber sind grundversorgt, es soll ja nur ein Taschengeld sein und mit dieser gemeinnützigen Arbeit kann jeder Asylwerber beweisen, dass er gerne in unserem Österreich leben möchte!

Mailyn P.

Und für Rekruten und Zivildiener sind die 1,50,-- in Ordnung? Bei Naturkatastrophen werden Rekruten zum Schaufeln ab kommandiert, im Wehrersatzdienst leisten alle welche diesen machen, oft harte Arbeit.

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