Welle an Hasspostings
nach Treffen mit Soros

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat gestern den US-Investor George Soros zu einem Arbeitsgespräch im Bundeskanzleramt empfangen. Das Treffen zog eine Welle von Hasspostings nach sich.

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Arbeitsgespräch - Welle an Hasspostings
nach Treffen mit Soros

Die Nachricht vom Treffen von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) mit dem umstrittenen ungarischstämmigen US-Investor George Soros hat eine Welle von Hasspostings ausgelöst. "Unfassbare Kommentare" und erschreckender "Katalog des Hasses" schrieben Wien-Korrespondenten von internationalen Tageszeitungen am Montag angesichts Hunderter Kurznachrichten auf Twitter.

Das Treffen vom Sonntagabend wurde in den Tweets als "Verrat" beschimpft, Soros "zur Hölle" gewünscht und als einer "der größten Teufel unserer Erde" bezeichnet. Mehrere Poster bezogen sich auch auf die in antisemitischen Kreisen verbreitete Theorie, wonach Soros mit seinem "schmutzigen Geld" Wirtschaftsmigranten nach Europa treibe. Andere verwiesen darauf, dass Soros "Jude" sei.

Die rechtsnationale ungarische Regierung von Viktor Orban betrachtet den Liberalen Soros als ihren erklärten Feind. Dem Holocaust-Überlebenden wird vorgeworfen, einen eigenen "Plan" zur Ansiedlung von Migranten in Europa zu haben, wobei es sich nach Ansicht von Kritikern um eine Verschwörungstheorie mit antisemitischen Untertönen handelt. Auch FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus sagte im April, es gebe "stichhaltige Gerüchte", wonach Soros "gezielt Migrantenströme nach Europa" lenken würde.

Worum es bei dem Treffen ging

Bei dem Treffen sei es um die Ansiedlung der Central European University (CEU) in Österreich sowie allgemeine außen- und europapolitische Fragen gegangen, teilte ein Sprecher des Kanzlers mit.

Wie aus informierten Kreisen verlautete, sei die Offenheit Österreichs für eine Ansiedlung der CEU in Wien betont worden, weil es darum gehe, die Freiheit der Wissenschaft zu unterstützen. Kurz und Soros seien sich einig gewesen, dass der Brexit eine bedauerliche Entscheidung sei und ein Hard Brexit jedenfalls vermieden werden müsse. In der Frage der Migrationspolitik habe es "durchaus unterschiedliche Auffassungen" gegeben. Soros habe Österreich für das Engagement am Westbalkan gedankt.

Betrieb der CEU soll im Herbst 2019 beginnen

Die von Soros gegründete CEU steht an ihrem Stammsitz Budapest unter massivem Druck und will Ungarn verlassen. Nach dem Beschluss eines entsprechenden Gesetzes über ausländische Universitäten hängt die Central European University in der Luft. Noch unter der vergangenen rot-schwarzen Regierung war der CEU eine Übersiedlung nach Wien angeboten worden. Bereits im Herbst 2019 soll der Forschungs- und Lehrbetrieb am Areal des Otto-Wagner-Spitals in Wien beginnen.

Soros will heute auch mit Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) über die Modalitäten der Akkreditierung der CEU in Österreich sprechen. Dabei sollen "technische Fragen" zur CEU besprochen werden, teilte eine Sprecherin Faßmanns der APA am Sonntagabend auf Anfrage mit. Die für die Akkreditierung zuständige österreichische Agentur AQ Austria rechne mit einem Akkreditierungsantrag in den nächsten Wochen, wobei das entsprechende Verfahren unabhängig vom Bildungsministerium laufe.

Faßmann und Soros würden heute auch gemeinsam an Feierlichkeiten zum 25. Jubiläum des "Vienna Open Medical Institute" teilnehmen, einer Einrichtung zum internationalen Wissensaustausch im Bereich Medizin, das unter anderem mit Zuwendungen des US-Milliardärs betrieben wird.

Faßman erfreut über Übersiedlung der CEU nach Wien

Wissenschaftsminister Heinz Faßmann (ÖVP) ist erfreut über die bevorstehende Übersiedlung der Central Euopean University (CEU) von Budapest nach Wien. "Ich begrüße die Verstärkung des Universitätsstandortes Wien", sagte Faßmann am Montag nach einem Gespräch mit Universitätsgründer George Soros.

Der Minister und der ungarisch-jüdischstämmige US-Finanzier und Philanthrop trafen einander am Rande einer Feierstunde zum 25. Gründungstag des ebenfalls von Soros finanzierten Open Medical Institutes in Wien. Die in Österreich ansässige Institution bietet vornehmlich Fortbildungen für Ärzte und medizinisches Personal an, um den Braindrain aus ärmeren Ländern zu verringern. Soros habe über die Situation in Ungarn geklagt, berichtete Fassmann. Die geplante Übersiedlung der Universität sei offenbar auch eine Folge der dortigen Lage.

Die rechtsnationale ungarische Regierung von Viktor Orban betrachtet den Liberalen Soros als ihren erklärten Feind. Ein neues Hochschulgesetz aus dem Jahr 2017 hatte offenbar einen Angriff auf die CEU als Ziel. Obwohl die in Ungarn und den USA akkreditierte Universität inzwischen den Anforderungen des Gesetzes entspricht, weigert sich die ungarische Regierung eine Vereinbarung mit dem US-Staat New York zu unterzeichnen, die den Weiterbestand der CEU in Ungarn garantieren würde.

Faßmann wies darauf hin, dass der Bund Privatuniversitäten finanziell nicht unterstützen darf. "Wir können es nur allgemein begleiten, aber nicht finanzieren. Das ist aber auch nicht notwendig." Gefragt bezüglich der Angriffe auf Soros von Seiten mancher FPÖ-Politiker meinte der Minister, die Freiheit der Wissenschaften sei in Österreich ein "hohes Gut". Daran würde auch nicht gerüttelt, "wenn es Zurufe gibt". Soros selbst wollte sich nach der Veranstaltung gegenüber Medien nicht äußern.

Soros: Hassfigur der ungarischen Rechtskonservativen

Für die rechtskonservative ungarische Regierung ist der Holocaust-Überlebende Soros eine Hassfigur, dem die Schuld an der Migrationskrise des Jahres 2015 umgehängt wird. Ihm wird vorgeworfen, einen eigenen "Plan" zur Ansiedlung von Migranten in Europa zu haben, wobei es sich nach Ansicht von Kritikern um eine Verschwörungstheorie mit antisemitischen Untertönen handelt. Auch FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus sagte im April, es gebe "stichhaltige Gerüchte", wonach Soros "gezielt Migrantenströme nach Europa" lenken würde.

Von ungarischen Medien wurde im September auch Kurz in die Nähe von Soros gerückt, nachdem er die Einleitung des EU-Rechtsstaatsverfahrens gegen Ungarn unterstützt hatte. "Spielt Soros mit Kurz seinen letzten Trumpf aus?" titelte damals die regierungsnahe Zeitung "Magyar Idök", die auch daran erinnerte, dass Kurz Mitglied des von Soros mitbegründeten "Europäischen Rates für Außenbeziehungen" (EFCR) ist. Dem Rat gehören 330 Mitglieder verschiedenster politischer Überzeugungen an, darunter 18 Regierungschefs und 27 Außenminister. Unter den zehn österreichischen Mitgliedern sind unter anderem Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel und Ex-Außenministerin Ursula Plassnik (beide ÖVP), die ehemalige Grüne EU-Abgeordnete Ulrike Lunacek, der frühere Generalsekretär im Außenamt Albert Rohan sowie Erste-Bank-Chef Andreas Treichl.

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