Kurz will islamische
Kindergärten schließen lassen

Und übernimmt damit alte FPÖ-Forderung

Außenminister und ÖVP-Chef Sebastian Kurz hat vor dem EVP-Gipfel in Brüssel bekräftigt, dass er dagegen sei, islamische Kindergärten mit Steuergeld zu finanzieren. "Ich bin auch Integrationsminister, daher bin ich dagegen, dass es Parallelgesellschaften gibt", so Kurz. Durch islamische Kindergärten würden jedoch Parallelgesellschaften ab dem dritten Lebensjahr gefördert.

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ÖVP/FPÖ - Kurz will islamische
Kindergärten schließen lassen

Es sei ein wichtiger Schritt gewesen, den Gratis-Kindergarten einzuführen, "damit Kinder beim Schuleintritt schon richtig deutsch können, damit sie nach der Volksschule auch lesen und schreiben können". Aber wenn Kinder in einen islamischen Kindergärten gingen, wo noch dazu auch nicht deutsch gesprochen werde, sei dies abzulehnen, so Kurz.

Dort würden Kinder nicht nur "religiös abgeschottet, sondern auch sprachlich abgeschottet aufwachsen", denn das seien islamisch-tschetschenische, islamisch-türkische oder islamisch-arabische Kindergärten. Das sei "ein massives Problem für die Integration", so Kurz.

»Es soll keine islamischen Kindergärten geben«

"Es soll keine islamischen Kindergärten geben", hatte Kurz Mittwochabend im "Kurier"-Gespräch erklärt. Diese seien sprachlich und kulturell von der Mehrheitsgesellschaft abgeschottet und würden vom Steuerzahler auch noch gefördert. Er will die Schließung über eine Verschärfung der Qualitätskriterien erreichen - und geht davon aus, dass die kritisierten Einrichtungen dann nicht mehr förderungswürdig seien und schließlich von selbst zusperren müssten.

Endlich bundesweite Qualitätskriterien für Kindergärten hält zwar auch der Grüne Bildungssprecher Harald Walser für geboten. Aber Kurz' Hoffnung, dass dann die islamischen Kindergärten in Wien zusperren müssen, sei "nur billiges Wahlkampfgetöse". Missstände gebe es, die sollte man auch dringend angehen, aber "Verallgemeinerungen und ein generelles Verbot lösen die Ursachen nicht, sondern vergiften nur das gesellschaftliche Klima", merkte Walser an - und fragte auch, was passieren solle, wenn in Wien 10.000 Kinder schlagartig ihren Platz verlieren.

Kurz übernimmt alte FPÖ-Forderung

Mit dem Wunsch, die islamischen Kindergärten zu schließen, kommt Kurz einmal mehr der FPÖ in die Quere. Deren Parteichef Heinz-Christian Strache stellte Donnerstag umgehend fest, dass Kurz "neuerlich eine langjährige FPÖ-Forderung" aufnehme, rechnet aber nicht mit Umsetzung durch den "Ankündigungsweltmeister". Die Grünen sprachen von "billigem Wahlkampfgetöse".

Kurz würden "Wille und Mut" fehlen, seine Ankündigungen umzusetzen, merkte Strache in einer Aussendung an. Der Integrationsminister hätte schon längst handeln können und müssen, spätestens nach der im Vorjahr veröffentlichte Studie Ednan Aslans über islamische Bildungseinrichtungen. Damals habe Kurz aber nur eine "Placebo-Aktion" gesetzt, nämlich eine neue Studie für Mai 2017 angekündigt, von der man bis heute nichts gehört habe.

Neos: "Auch von uns abgeschrieben"

Unter den Parteien fühlt sich nicht nur die FPÖ, sondern auch NEOS von Kurz plagiiert: Seine Forderung nach strengeren einheitlichen Qualitätskriterien habe Kurz von dem jüngst präsentierten NEOS-Konzept für Chancenkindergärten abgeschrieben - in dem auch die Durchleuchtung aller Wiener Kindergärten und laufende Kontrollen verlangt werden. Darauf müsse man setzen und nicht "auf plumpen Populismus", meinte NEOS Wien Klubchefin Beate Meinl-Reisinger in einer Aussendung.

Islamische Glaubensgemeinschaft: "Kurz schürt Islamfeindlichkeit"

Kritik für seinen Forderung nach Schließung aller Islam-Kindergärten erntete VP-Chef Sebastian Kurz von der SPÖ und von der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ). Der Integrationsminister schüre "ein bisschen die Islamfeindlichkeit an", meinte IGGÖ-Sprecherin Sevgi Kircil im ORF-"Mittagsjournal". Staatssekretärin Munar Duzdar (SPÖ) attestierte ihm "reine Schlagzeilenpolitik".

Auch inhaltlich hält Kircil Kurz' Wunsch nach Schließung der islamischen Kindergärten für "nicht sinnvoll" - gebe es doch gute Gründe, warum muslimische Familien ihre Kinder dorthin schicken. So sei nicht in allen Kindergärten Halal-Essen gewährleistet und generell würden, wie Studien zeigten, muslimische Kinder in nicht-konfessionellen Einrichtungen benachteiligt im Bildungsverlauf. Wie Kurz sei sie jedoch der Meinung, dass die Qualität der Kindergärten erhöht gehört - aber nicht nur der islamischen, sondern aller, denn "es gibt ein bildungstechnisches Problem".

Auch Alexander Pollak, Sprecher der österreichischen Menschenrechtsorganisation SOS Mitmensch, kommentiert Kurz' Vorschlag:

SPÖ: "Produziert nur Schlagzeilen"

Es passiere schon sehr viel, um die Qualität auch der islamischen Kindergärten zu heben, merkte SPÖ-Staatssekretärin Duzdar an. So sei ein gemeinsames Projekt von Kurz mit der Stadt Wien im Laufen, es sei vereinbart, dass im Herbst eine Studie veröffentlicht wird. Es gebe schon laufend Kontrollen, die auch zu Schließungen führten - und dies werde auch in Zukunft der Fall sein, "wenn es Probleme gibt". Nicht zu verstehen sei, warum Kurz den gemeinsamen Weg nicht fortsetzen wolle - und stattdessen "nur Schlagzeilen produziert. Das hat mit seriöser Politik nichts zu tun", sagte Duzdar. Wichtig wäre ein verpflichtendes zweites Kindergartenjahr für alle, dafür sollte sich Kurz einsetzen.

Aslan hält nichts von Kurz' Forderung

Der Religionspädagoge Ednan Aslan hält "nichts" von einer pauschalen Schließung aller islamischen Kindergärten. "Das ist keine Lösung" und "solche Äußerungen helfen uns wenig", sagt er laut "Presse" zu dieser Forderung von Kurz. Richtig sei aber, dass man Qualitätsstandards für alle Kindergärten bräuchte.

Wenn ein Kindergarten Abwertung und Isolierung im Programm anbiete, sollte dieser auch mit Konsequenzen wie einer Schließung rechnen müssen. Aber es gebe einen legitimen Bedarf an Kindergärten mit islamischer Ausrichtung: "Wenn 15.000 Eltern eine religiöse Erziehung für ihre Kinder wollen, dann können wir das nicht ablehnen", meinte der Religionspädagoge, der in den vergangenen Monaten gemeinsam mit anderen Experten an einer Studie über Islamische Kindergärten arbeitete - und zwar auf Initiative von Kurz und der Stadt Wien. Die Ergebnisse gibt es noch nicht, die Studie soll voraussichtlich im Herbst veröffentlicht werden.

Eine Vorstudie - nach Untersuchung erst eines kleinen Teils der islamischen Kindergruppen in Wien - hat Aslan allerdings schon vor einem Jahr veröffentlicht. Er ortete darin Fehlentwicklungen, Kurz sprach damals von der Gefahr einer "islamischen Parallelgesellschaft".