Wolf-Putin-Interview: Russischer
Sender spricht von "Lügenpresse"

Putin habe den "unehrlichen Journalisten" im Gespräch "total zerstört"

Das Interview von ZIB2-Anchormann Armin Wolf und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin fand rund um den Besuch des russischen Staatsoberhauptes gestern in Wien großen Anklang. Wolf erhielt vielerorts großes Lob, doch ein russischer Sender sprach von „Lügenpresse“.

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Nicht nur in Österreich fand das Interview von Armin Wolf in der ORF ZIB2 mit Wladimir Putin große Beachtung. Auch in Russland spähte man auf das heimische Fernsehen. So berichtete auch der russische Nachrichtensender Vesti auf seinem Online-Portal vesti.ru darüber. Und im Gegensatz zu den vielen lobenden Worten für das Gespräch spricht die Seite von „Lügenpresse“. Der genaue Titel des Berichts lautet „Lügenpresse: Putin zerstört unehrlichen österreichischen Journalisten in Interview für Staatsfernsehen total“.

Wolf steht nicht "für alle Österreicher"

Danach werden Ausschnitte des Gesprächs gebracht. Im Resümee wird zusammengefasst, dass „diese spezielle Haltung des österreichischen Journalisten kaum der Eigenschaft aller Österreicher“ entspräche, denn die Führungspersonen haben bereits mehrfach erwähnt, dass es notwendig sei, die Anti-Russland-Sanktionen zu beenden.

Das Interview wurde vor ein paar Tagen in Moskau aufgenommen und eine Bedingung dafür, dass es überhaupt zustande kam, war, dass staatliche, russische Medien es auch für ihre eigene Berichterstattung verwenden dürfen.

Sonst viel Lob für Wolf

Ansonsten durfte sich Wolf aber über viel Lob freuen. Der New-York-Times-Reporter Ivan Nechepurenko bezeichnete das Putin-Interview im Kurznachrichtendienst Twitter als "eines der spektakulärsten" seit "sehr sehr langer Zeit". Ähnlich reagierte auch Shaun Walker von der britischen Tageszeitung "The Guardian", der eines der "bohrendsten" Putin-Interviews der vergangenen Jahre mitverfolgte. Shaun freute sich auf Twitter auch darüber, dass Wolf den russischen Präsidenten mit der Frage, warum er sich oft mit nacktem Oberkörper zeige, "ein bisschen getrollt" habe.

Bojan Pancevski vom Wall Street Journal verlinkte auf Twitter das "exzellente" Interview, Amy K. Mackinnon, die für CNN und BBC arbeitet, lobte, dass sich Wolf kein Blatt vor den Mund genommen habe. Eine "brillantes und total fesselndes" Interview sah der Nachrichten-Chef von BuzzfeedUK, der auf dem Kurznachrichtendienst die "forensische" Art der Befragung hervorstrich.

Respektsbekundungen kamen am Dienstag sogar von einem Kreml-nahen Journalisten. Bryan MacDonald von RT (früher Russia Today) schrieb auf Twitter: "Anders als viele vor ihm hat der österreichische TV-Journalist Armin Wolf seine Hausaufgaben erledigt, bevor er Putin traf. Auch wenn er ihn zu oft unterbricht, ist das ein packender Austausch, in dem Putin auf die Probe gestellt wie, wie ich es jahrelang nicht gesehen habe."

Viele Zuschauer

Bis zu 898.000 Seher schalteten die Fernsehgeräte ein, um das Gespräch zu verfolgen, wie der ORF am Dienstag per Aussendung mitteilte. Im Schnitt waren es 843.000 Seher, was einem Marktanteil von 30 Prozent entspricht. Für ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz "war dies eine beeindruckende journalistische Leistung von Armin Wolf, der von der Leiterin des Moskauer Korrespondentenbüros Carola Schneider und ihrem Team hochprofessionell unterstützt wurde." ORF2 habe mit dem Exklusivinterview seine Bedeutung als "reichweitenstarker Informationssender eindrucksvoll unter Beweis gestellt", so Wrabetz.