Wikipedia: Darum
ist es heute offline

Aus Protest gegen "Teile" der geplanten EU-Urheberrechtsreform ist der gesamte deutschsprachige Wikipedia-Bereich am Donnerstag offline. Statt des Online-Lexikons erscheint ein Appell an die Nutzer, die Abgeordneten des Europäischen Parlaments zu kontaktieren.

von Nachschlagewerk - Wikipedia: Darum
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Das geplante Gesetz, das am 27. März vom EU-Parlament verabschiedet werden soll, "könnte dazu führen, dass das freie Internet erheblich eingeschränkt wird", hieß es in dem Brief. Obwohl Wikipedia ausdrücklich vom Artikel 13 der neuen Urheberrechtsrichtlinie zu den Upload-Filtern ausgenommen sei, werde das freie Wissen selbst dann leiden, wenn Wikipedia eine "Oase in der gefilterten Wüste des Internets bleibt".

Ausnahmen für nichtkommerzielle Plattformen?

Selbst kleinste Internetplattformen müssten Urheberrechtsverletzungen ihrer User "präventiv unterbinden", dies sei in der Praxis aber nur mittels "fehler- und missbrauchsanfälliger Upload-Filter umsetzbar", so die Autoren in dem Schreiben, das am Donnerstag auf sämtlichen Wikipedia-Seiten erschien. Zudem müssten für kurze Textausschnitte aus Presseerzeugnissen Lizenzen erworben werden, "um ein neu einzuführendes Verleger-Recht einzuhalten", hieß es weiter unter Berufung auf Artikel 11 des geplanten Gesetzes. "Beides zusammen könnte die Meinungs-, Kunst- und Pressefreiheit erheblich beeinträchtigen."

»Beides zusammen könnte die Meinungs-, Kunst- und Pressefreiheit erheblich beeinträchtigen«

"Das ist das drastischste Mittel, das wir zur Verfügung habenm um auf etwas hinzuweisen", begründete der Leiter für Politik und Recht beim Förderverein Wikimedia, John Weitzmann, im deutschen Sender Bayern 2. Es sei noch immer nicht klar, ob für nichtkommerzielle Plattformen im Internet wie Wikipedia Ausnahmeregeln gelten werden. Diese Regelungen seien im derzeitigen Entwurf "sehr lückenhaft", bemängelte Weitzmann.

EU-weite Proteste geplant

Gegen die Urheberrechtsreform sind EU-weit Proteste geplant, so etwa auch am 23. März in Wien. In der Wikipedia-Community ist die Aktion allerdings umstritten, auch weil die Wahlbeteiligung an der Streikabstimmung äußerst gering ausfiel. Von den 4.931 abstimmungsberechtigten Autoren haben sich nur 215 an dem "Meinungsbild" beteiligt, wie die Nachrichtenagentur dpa berichtete. 146 stimmten für die Blockade, 69 dagegen. Die Blockade betrifft nur die Webvariante der deutschsprachigen Wikipedia. Die offiziellen Apps für Smartphones und Tablet Computer zeigten am Donnerstag weiterhin die Inhalte der Online-Enzyklopädie an.

Das deutschsprachige Wikipedia umfasst aktuell knapp 2,3 Millionen Artikel und wird etwa 30 Millionen Mal am Tag abgerufen. Weltweit steht Wikipedia laut eigener Angaben auf Platz 5 der meistaufgerufenen Webseiten.

Wer betroffen ist und wer nicht

Mit der Urheberrechtsreform sollen Internet-Plattformen verpflichtet werden, Inhalte zu entfernen, für die von den Urhebern keine Lizenz erteilt wurde. Ausgenommen werden sollen Firmen, die seit weniger als drei Jahren bestehen, deren Jahresumsatz weniger als zehn Millionen Euro beträgt und deren Nutzerzahl unter fünf Millionen pro Monat liegt. Unternehmen, die über diesen Schwellen liegen, müssen hochgeladene Inhalte nach von den Lizenzinhabern bereitgestellten Listen blockieren und verhindern, dass nicht genehmigte Werke wieder auf ihrer Plattform erscheinen. Auch wenn sie in der Richtlinie nicht vorgeschrieben sind, lässt sich dies in der Praxis wegen der Datenmengen nur mit den umstrittenen Upload-Filtern erreichen, die vielfach als Mittel für Zensur kritisiert werden.

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