Beratung im "Feindesland"?

Der ehemalige Spitzenpolitiker Peter Westenthaler soll für einen Grundstücksdeal mit den ÖBB neben dem Rapid-Stadion in Wien-Hütteldorf Beratungshonorar verlangt haben. Was war seine Leistung? Elf Jahre später will er sich an nichts mehr erinnern

von News bleibt dran - Beratung im "Feindesland"? © Bild: SK Rapid

Bisher gab es im Leben des Peter Westenthaler, 49, eine Konstante: Der Mann ist glühender Anhänger des Fußballklubs Austria Wien, ein Violetter also, ein eingefleischter Fan, wie man so schön sagt. Aus seinem Faible für den Traditionsklub aus Favoriten hatte der langjährige Berufspolitiker Peter Westenthaler selbst in der kurzen Zeit, als er der Bundesliga vorstand (2003/2004), kein Geheimnis gemacht, was zu allerlei unappetitlichen Spott-und Schmähgesängen gegen ihn führte, vor allem im Stadion des Lokalrivalen Rapid, in Wien-Hütteldorf.

Wenn die Rapid-Fans damals schon geahnt hätten, dass sich Peter Westenthaler auch um Interessen, die den SK Rapid tangierten, verdient machen könnte, sie hätten sich womöglich netter verhalten, zumindest zurückhaltender. Aber Westenthaler wollte das wohl nie an die große Glocke hängen. Heute - mehr als zehn Jahre später - will er sich gar nicht mehr daran erinnern, dass er einst bei einem Grundstücksdeal zwischen den ÖBB und einem Immobilienentwickler, der vis-à-vis des Rapid-Stadions in Wien-Hütteldorf ein Fachmarktzentrum samt Gastronomielokal und Büroräumlichkeiten für den Mieter SK Rapid errichtete, als Berater an Bord war und eine Provision von 20.000 Euro abgestaubt haben könnte. Ende 2005, kurz vor Westenthalers Rückkehr in die Politik.

Schatten der Vergangenheit

Westenthaler, der sich derzeit für eine Millionenförderung des Bundes in seiner Zeit als Bundesliga-Vorstand vor Gericht verantworten muss (er bestreitet alle Vorwürfe, es gilt die Unschuldsvermutung), zeigt in letzter Zeit Erinnerungslücken, vor allem bei unangenehmen Themen. Als er vor etwa einem Monat von News zum Thema Glücksspiel-Lobbying konfrontiert wurde, ließ er ausrichten: Er habe niemals für das Glücksspiel lobbyiert! Kurze Zeit später tauchte ein von Westenthaler auf Parlamentspapier verfasster Brief an den damaligen ukrainische Präsidenten Alexander Lukaschenko auf, in dem er sich Ende 2010 in fast perfektem Englisch als Berater für ein Glücksspielgesetz in der Ukraine andiente.

Ähnlich empört zeigte sich der ehemalige FPÖ-Klubobmann und spätere BZÖ-Chef, als er vor etwas mehr als zwei Wochen erstmals mit der Frage konfrontiert war, ob er - wie bei Rapid seit Jahren gemunkelt wird - beim Ankauf der Wiener Liegenschaft Keißlergasse 1-3 durch einen Immobilienentwickler eine Rolle gespielt hatte. Hatte Westenthaler Zahlungen erhalten? Wenn ja, von wem und wofür?

Westenthalers schriftliche Antwort: "Wer mich kennt, kann über diese Anfrage nur herzhaft lachen. Haben Sie eigentlich schon die öffentlichen Beschimpfungen der Rapid-Fans gegen meine Mutter und mich aus den Jahren 2003/04 vergessen, für die sich der damalige Rapid-Manager entschuldigen musste. Und dann soll ich zu einem Fandorf für Rapid was beigetragen haben? Ich bin leidenschaftlicher, gebürtiger, ortsbekannter "Violetter" und habe bisher mit dem SK Rapid, außer beruflich in meiner Zeit als Bundesligavorstand, 2003/04 nichts zu tun gehabt. Zu jeder Zeit hat den SK Rapid und mich eine für jedermann offensichtliche, gegenseitige Distanz "verbunden", um es halbwegs neutral zu formulieren. In meiner Bundesligazeit hat der SK Rapid und seine damaligen Protagonisten nichts ausgelassen, um gegen mich, "den Erz-Austrianer" zu Felde zu ziehen. Daraus ergibt sich logisch, dass die Behauptung, ich hätte mich jemals für den SK Rapid oder seine Interessen bzw. Projekte auch nur irgendwo verwendet, völlig lächerlich und aus der Luft gegriffen ist. Daraus ergibt sich wiederum folgerichtig, dass ich natürlich keinerlei Zahlungen, die mit dem Kauf der genannten oder sonstiger Liegenschaften, die mit dem SK Rapid in direkten oder indirekten Zusammenhang stehen, erhalten habe. Diesbezügliche öffentliche Behauptungen werde ich rechtlich bekämpfen."

© News Schwarz auf Weiß: Laut einer Honorarnote vom 12.12.2005 stellte "Ing. Peter Westenthaler" Beratungen in Rechnung

Was war seine Leistung?

Peter Westenthaler sollte noch einmal tiefer in seinen Aktenschränken kramen. Denn weiterführende Recherchen zu diesem Grundstücksdeal zwischen den staatlichen ÖBB und dem Immobilienentwickler ergaben, dass er dafür -obwohl ihn anscheinend die Anfrage schon zu empören scheint und er wieder einmal alles abstreitet -sehr wohl Honorar verlangt haben soll. Konkret stellte Westenthaler am 12. Dezember 2005 einer Tochtergesellschaft des Grundstückskäufers eine Honorarnote, um - wie vereinbart -"für die erbrachten Beraterleistungen im Zeitraum 1.1.2005-30.11.2005 im Zusammenhang mit dem Kauf der Liegenschaft Keißlergasse 1-3,1140 Wien" ein "Pauschalhonorar von €20.000,--" in Rechnung zu stellen (siehe Faksimile). Was Westenthalers Leistung für dieses Projekt am Rande des damaligen Rapid-Fandorfs gewesen sein soll, darüber lässt sich ob der Westenthaler'schen Erinnerungslücken mehr als zehn Jahre später nur mehr spekulieren: Sollte der Ex-FPÖ-Klubchef bei den damals durchaus politisch besetzten ÖBB-Gremien ausloten, wie viel sein Auftraggeber bieten müsste, um den Zuschlag zu erhalten? Der Geschäftsführer jener Firma, die die 20.000-Euro-Honorarnote erhielt, erklärt jedenfalls, dass er diese bezahlt habe. Auch, dass Westenthaler keinen "schriftlichen Leistungsnachweis" abgegeben habe. Westenthaler hätte, so die Erinnerung des Geschäftsführers, womöglich seine Kontakte spielen lassen sollen. Aber zur Kaufpreisentwicklung könne er nichts sagen, da er selbst erst kurz zuvor in die Geschäftsführung berufen worden sei.

»Ich habe damit null zu tun und mit Sicherheit nicht beraten«

Peter Westenthaler bleibt auf nochmalige Anfrage dabei: "Das ist falsch. Ich habe damit null zu tun und mit Sicherheit nicht beraten." Bei der Honorarnote müsse es sich um eine Fälschung handeln.

Tatsache ist, dass die ÖBB das 6229 Quadratmeter große Grundstück 2005 um 1,868 Millionen Euro an die Firmengruppe eines österreichischen Immobilienentwicklers verkaufte, die ihren Hauptsitz in Irland hat. Diese Gruppe hatte laut ÖBB den Zuschlag in einem Bieterverfahren erhalten -da das Erdreich auf dem ehemaligen ÖBB-Gelände kontaminiert gewesen sei, hielten die ÖBB einen Quadratmeterpreis von 300 Euro für angemessen. Formal zuständig für den Verkauf war der damalige ÖBB-Infrastruktur-Vorstand, abgewickelt wurde der Deal über die ÖBB-Immobilien-GmbH, als deren Geschäftsführerin die heutige ÖVP-Abgeordnete Michaela Steinacker fungierte. Steinacker ließ eine schriftliche News-Anfrage mehrere Tage lang unbeantwortet. Seitens der Politik war der damalige Infrastrukturminister und Parteifreund Westenthalers, Hubert Gorbach, Eigentümervertreter bei den ÖBB. Gorbach betont, von diesem Geschäft keine Kenntnis gehabt zu haben.

Was wurde aus dem Grundstück? Der Käufer errichtete direkt neben dem Rapid-Stadion ein Fachmarktzentrum, in dem unter anderem ein Sport-und Wettlokal Einzug fanden, bei dem Wiener Großgastronomen, eine Novomatic-Tochter, die Österreichischen Sportwetten und Rapid an Bord waren. Rapid, das auf dem Gelände bereits vor dem Verkauf durch die ÖBB an Spieltagen ein Fandorf initiiert hatte, mietete auch seine Geschäftsstelle in dem Projekt ein. Derzeit werden die Büros zurückgegeben, da Rapid vollends in das neue Stadion übersiedelt -im noch verbliebenen Fanartikel-Shop herrscht Räumungsverkauf.

Parlamentarische Anfrage

Der grüne Abgeordnete Peter Pilz zeigt sich ob der damaligen Vorgänge bass erstaunt - er bringt eine parlamentarische Anfrage ein, um die Rollen des damaligen Infrastrukturministers, der ehemaligen ÖBB-Immobilienchefin Steinacker und des einstigen ÖBB-Vorstandes zu klären. Und um zu erfahren, "wessen Finger in der Affäre drin sind".

© News Thums Markus Auftrag
»Von Plech über Grasser bis Westenthaler hatten alle ihre Finger in den Immobilien«

Des Abgeordneten Vermutung: "Für mich ist das eine blau-schwarze Affäre, die man vor dem Hintergrund einer jahrelangen Immobilienmisswirtschaft der FPÖ ab dem Jahr 2000 sehen muss. Das war ab 2000 eine Domäne der Freiheitlichen, von Plech über Grasser bis zu Westenthaler hatten alle ihre Finger in den Immobilien." Für Pilz, sagt er, gebe es immer zwei große Fragen: "Was war die Leistung? Und wer hat kassiert?" Im vorliegenden Fall gebe es zur Frage des Kassierens eine Teilantwort: "Westenthaler." Und ein Fragezeichen: "Wer noch?"

Wie groß, fragt sich Pilz, war der Schaden für die Republik bei diesem und bei anderen Immobiliendeals?"Kurz: Wer hat für Westenthaler die Finanzhosen der Bundesbahnen runtergelassen? Er wird ja kein Honorar für ein Selbstgespräch bekommen haben."

Kommentare

Scheinrechnungen (Korruption in Milliardenhöhe geschätzt) werden von Österreichs Justiz nicht belangt.......und das ist der eigentliche Skandal........

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