Kassenreform:
Kurz zu Kritik

Bei so großen Reformvorhaben, wie der Kassenreform, sei immer mit Kritik zu rechnen, so Kurz.

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"Wenig überraschend" - Kassenreform:
Kurz zu Kritik

Die Regierungsspitze hat sich von der teils massiven Kritik an der geplanten Kassenreform im Zuge der parlamentarischen Begutachtung wenig beeindruckt gezeigt. Man habe mit Widerstand gerechnet, sagten Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz Christian Strache (FPÖ) im Pressefoyer nach dem Ministerrat am Mittwoch.

Bei so großen Reformvorhaben sei immer mit Kritik zu rechnen, so Kurz. Deswegen hätten es auch Vorgänger-Regierungen nicht gewagt, dieses Vorhaben anzugehen. Wo die Kritik berechtigt sei, werde man diese berücksichtigen, so der Kanzler. Wo es aber nur um den Erhalt von Posten und Macht gehe, werde man die zwar Kritik zulassen, sich davon aber nicht beeindrucken lassen.

Berechtigte Kritik?

Auch Strache zeigte sich vom Widerstand gegen die Reform nicht überrascht und meinte ebenfalls, dass es vielen nur um die Eigen-und Machtinteressen gehe. Berechtigte Kritik werde man berücksichtigen, er sehe diese aber derzeit nicht.

Auch Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) zeigte sich von den kritischen Stimmen wenig beeindruckt, das sei bei großen Projekten normal. Auf die verfassungsrechtlichen Bedenken angesprochen meinte Hofer, er gehe davon aus, dass das Reformpaket vor dem Verfassungsgerichtshof standhalten werde.

Uneinigkeit unter den Ländern

Die von der türkis-blauen Bundesregierung geplante Übertragung der Beitragsprüfung von den Kassen zur Finanz sorgt für Uneinigkeit unter den Ländern. Während der Salzburger Landesrat Christian Stöckl (ÖVP) die Maßnahme unterstützt, übten Niederösterreichische Gebietskrankenkasse (NÖGKK) und Arbeiterkammer Niederösterreich (AKNÖ) am Mittwoch scharfe Kritik.

Stöckl verteidigte die Reform und meinte zur Beitragsprüfung durch die Finanz im Ö1-Morgenjournal: "Ob das tatsächlich verfassungswidrig ist, da gehe ich davon aus, dass das einerseits schon abgeschätzt wurde und zweitens wahrscheinlich geprüft wird. Wichtig ist für mich immer und da haben wir ja in Salzburg das eine oder andere Problem, wenn bei den Prüfungen das Gesetz extrem genau ausgelegt wird und da muss man schauen, dass man das einfach mit Hausverstand und mit Fingerspitzengefühl macht."

»Ich empfinde es als Frechheit, dass es uns vorgeworfen wird, wenn wir korrekt und streng nach Gesetz prüfen«

Kommt das Aus für Beitragsprüfung durch die Krankenkassen, würde eine wirksame Anspruchsprüfung für Arbeitnehmer fehlen, warnte NÖGKK-Obmann Gerhard Hutter am Mittwoch in einer Aussendung. Er sah durch Aussagen von Stöckl die Absicht der Bundesregierung bei der Beitragsprüfung "entlarvt": "Nämlich, dass Verfehlungen von Dienstgebern bei der Entlohnung künftig nicht mehr so streng geprüft werden." Hutter befürchtet "massive Folgen, denn hier geht es um die Ansprüche der Arbeitnehmer, aber auch um den fairen Wettbewerb von Unternehmen". Weiters betonte er: "Ich empfinde es als Frechheit, dass es uns vorgeworfen wird, wenn wir korrekt und streng nach Gesetz prüfen!"

Mit dem geplanten Übergang der Kontrolltätigkeit auf die Finanzverwaltung verliere die Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping an Schärfe, so der NÖGKK-Obmann. Den Krankenkassen werde auch der Zugriff zur Baustellen-Datenbank der BUAK (Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse) entzogen. "Damit werden aktiv Hürden aufgebaut, damit Lohn- und Sozialdumping nicht mehr wirksam bekämpft werden kann", so Hutter.

"Diese Bundesregierung zeigt damit einmal mehr, dass sie nur im Interesse der Großkonzerne handelt", kritisierte AKNÖ-Präsident und ÖGB NÖ-Vorsitzender Markus Wieser das geplante Ende der Beitragsprüfung durch die Krankenkassen. Gleichzeitig werde "die Gesundheits-Versorgung durch eine sündteure Scheinreform aufs Spiel gesetzt". 2017 ergaben Prüfungen durch die Gebietskrankenkassen einer AKNÖ-Aussendung zufolge, dass Unternehmen in Österreich 129 Millionen Euro zu wenig an Sozialabgaben bezahlt haben. 17 Millionen waren es in Niederösterreich.

AK Burgenland fordert in offenem Brief Ablehnung

Burgenlands Arbeiterkammer-Präsident Gerhard Michalitsch hat am Mittwoch die burgenländische Politik in einem offenen Brief aufgefordert, das Gesetz zur Kassenreform abzulehnen. "Die Kassenfusion ist eine Mogelpackung", meinte Michalitsch. Entgegen der Beteuerungen der Bundesregierung werde das Sozialversicherungs-Organisationsgesetz weitreichende Auswirkungen auf Länder und Gemeinden haben.

»Die Kassenfusion ist eine Mogelpackung«

Michalitsch wandte sich an sämtliche Bürgermeister des Landes sowie an Landtags-, Nationalrats- und Bundesratsabgeordnete. Es bestehe die Gefahr, dass das Angebot bei der hausärztlichen Versorgung auf den Österreichschnitt nivelliert werde. Im Burgenland würde dies 30 Hausärzte weniger bedeuten. Die Einsparungen bei der Verwaltung der Sozialversicherungsträger hätten außerdem zur Folge, dass im Burgenland fünf Außenstellen der Gebietskrankenkasse geschlossen werden müssten.

»Mit der Kassenreform wird eine Drei-Klassen-Medizin eingeführt«
» "Mit der Kassenreform wird keine Harmonisierung der Versicherungsleistungen erreicht, sondern eine Drei-Klassen-Medizin eingeführt", warnte der AK-Präsident. Die burgenländischen Versicherten würden zu Bittstellern in Wien werden. Auch kleine Betriebe und lokale Versorger könnten künftig außen vor bleiben, da die Auftragsvergabe ebenso in Wien erfolge.«

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