Das steckt hinter
dem Migrationspakt

Nach eineinhalbjährigen Verhandlungen haben sich die UNO-Mitgliedsstaaten auf den ersten globalen Migrationspakt geeinigt. Mit vereinten Kräften will man die Flcht- und Migrationsbewegungen erfolgreich bewältigen. Die USA, Ungarn und auch Österreich machen dabei aber nicht mit. Wie es dazu kam und was es damit auf sich hat.

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dem Migrationspakt © Bild: Getty Images

Die Entstehung

Die UNO-Vollversammlung - die 193 UNO-Mitgliedstaaten, darunter auch Österreich - verabschiedete am 19. September 2016, auch auf Anregung des damaligen US-Präsidenten Barack Obama, ein Paket von Verpflichtungen zur Verbesserung des Schutzes von Flüchtlingen und Migranten wie etwa die bessere Organisation von Flüchtlingsströmen oder die Stärkung der Rechte der Betroffenen.

Diese Erklärung von 2016, die auch die "New Yorker Erklärung für Flüchtlinge und Migranten" genannt wird, beinhaltet zwei Anhänge, die schlussendlich zu zwei globalen Vereinbarungen führen sollten: Ein globaler Pakt für Flüchtlinge sowie ein globaler Pakt für sichere, geordnete und reguläre Migration ("Global Compact for Safe, Orderly and Regular Migration").

Der Inhalt

Die UNO-Vollversammlung einigte sich mit Ausnahme der USA am 13. Juli auf einen Entwurf des ersten globalen Migrationspakts. Von den 23 Zielen, die auf 34 Seiten festgehalten werden, sind einige sehr allgemein gehalten: "Schwachstellen der Migration" sollen "angegangen und verringert", die "grenzüberschreitende Antwort auf Migrantenschmuggel" soll gestärkt werden. Andere Punkte sind konkreter, etwa das Ziel, politische Richtlinien auf Grundlage "genauer und aufgeschlüsselter Daten" zu entwickeln. So auch die Absicht, "Sozialversicherungsansprüche und erworbene Versorgungsleistungen" von Land zu Land übertragbar zu machen.

Betont wird in dem Papier auch, dass die Souveränität der Nationalstaaten und ihr Recht auf eine selbstständige Gestaltung ihrer Migrationspolitik durch den Pakt nicht angetastet werden soll und keine völkerrechtliche Bindung bestehe. Offiziell angenommen werden soll er bei einer UNO-Konferenz im Dezember in Marrakesch.

Der Migrationspakt ist deshalb so einzigartig, weil bisher keine entsprechenden Abkommen verabschiedet wurden. Die UNO bezifferte die Anzahl der Migranten weltweit auf 260 Millionen - rund 3,4 Prozent der Weltbevölkerung (Stand: Dezember 2017).

Die Aussteiger

Die USA, Ungarn und auch Österreich beschlossen, aus dem Vertrag auszusteigen. Die USA zogen sich auf Anordnung von Präsident Donald Trump vor der Einigung im Juli zurück, Ungarns rechtsnationale Regierung unter Ministerpräsident Viktor Orban folgte umgehend. Die österreichische Bundesregierung zog, nachdem Österreich auf technischer Ebene noch mit an Bord war, mit Ende Oktober nach. Alle drei Länder argumentierten den Ausstieg ähnlich: Die nationale Souveränität müsse bewahrt werden.

Nunmehr sind 190 von ursprünglich 193 UNO-Staaten im Migrationsvertrag vertreten. Es könnten bald auch noch weniger werden: U.a. Polen, Tschechien, Australien, Großbritannien, Italien und die Schweiz sehen den Pakt ebenfalls sehr kritisch.

Keine Verbindlichkeit

Der "Global Compact for Safe, Orderly and Regular Migration" stellt kein ein sich geschlossenes System von verbindlichen Rechtsnormen dar. Vielmehr ist das Dokument eine politische Willenserklärung. Es geht darum, sich zu einer gemeinsamen, globalen Verantwortung für das Thema Migration zu bekennen. Von einzelnen Punkten können sich Staaten auch distanzieren, ohne ihre Unterstützung für das Papier ganz aufgeben zu müssen. Dies hat zum Beispiel die Schweiz bereits angedacht.

Die blaue Furcht vor dem Gewohnheitsrecht

Die österreichische Regierung argumentierte ihren Rückzug auch mit dem Verweis auf das Völkergewohnheitsrecht, dass laut ihrem Standpunkt aus dem Dokument entstehen könnte. Das wollte man verhindern, sagte Vizekanzler Heinz-Christian Strache. Völkerrechtler sind jedoch fast einhellig der Meinung, dass die "Furcht" vor dem Gewohnheitsrecht unbegründet ist.

Zwar ist das Thema in der Literatur umstritten, die meisten Definitionen halten für die Herausbildung von Völkergewohnheitsrecht jedoch das über einen längeren Zeitraum einheitlich ausgeführte praktische Handeln von Rechtssubjekten für konstitutiv. Damit sich eine solche Staatenpraxis entwickelt, braucht es aber "Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte", erklärte Andreas Schloenhardt von der Universität Queensland im "Standard". In dem UNO-Migrationspakt gebe es zudem kaum Punkte, aus denen sich so einfach bestimmte praktische Handlungen der Staaten ergeben könnten. Internationales Gewohnheitsrecht erstreckt sich laut Schloenhardt zumeist "auf kleine Bereiche, die sich mit zwischenstaatlichen Konflikten befassen".

Flüchtlingspakt (noch) gar kein Thema

Noch nicht beschlussreif ist hingegen der vom Flüchtlingshochkommissariat UNHCR ausverhandelte UNO-Flüchtlingspakt. Dieser beinhaltet vier zentrale Ziele: "Den Druck auf die Aufnahmeländer mindern, die Eigenständigkeit und Widerstandsfähigkeit von Flüchtlingen fördern, den Zugang zu Resettlement (Umsiedelung) und anderen humanitären Aufnahmeprogrammen in Drittstaaten ausweiten sowie die Bedingungen fördern, die eine Rückkehr in das Heimatland in Sicherheit und Würde ermöglichen".

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