Terroranschlag in London:
Sieben Menschen getötet

IS reklamiert Anschlag für sich - Alle Festgenommenen wieder frei

Knapp zwei Wochen nach dem Anschlag in Manchester ist Großbritannien erneut Ziel eines Terroranschlages geworden: Nach bisherigen Erkenntnissen töteten am späten Samstagabend in London drei mutmaßliche Täter mindestens sieben Menschen, wie die Polizei mitteilte. Zwei Tage nach dem Anschlag in London sind alle in der Folge Festgenommenen wieder frei.

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    Mehrere Täter haben in London sieben Menschen getötet.

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    Terroranschlag in London

Die restlichen zehn Menschen, die im Zusammenhang mit dem Anschlag in Gewahrsam genommen worden waren, seien ohne Anklage freigelassen worden, teilte die Londoner Polizei am Montagabend mit. Nach dem Anschlag mit sieben Todesopfern waren insgesamt zwölf Menschen festgenommen worden.

Die Täter

Die britische Polizei hat am Montag erstmals die Namen von zwei der drei mutmaßlichen Täter genannt. Danach handelt es sich um einen in Pakistan geborenen 27-jährigen Briten und einen 30 Jahre alten Mann, der angegeben habe, Marokkaner und Libyer zu sein. Der 27-Jährige sei dem Inlandsgeheimdienst MI5 und der Polizei bekannt gewesen.

Allerdings habe es keine Geheimdienstinformationen gegeben, dass Khuram Shazad Butt einen Anschlag geplant habe, erklärte die Polizei. Rachid Redouane, der sich als Marokkaner oder auch als Libyer ausgegeben habe, sei nicht auffällig geworden. Beide lebten im Ostlondoner Stadtteil Barking. Dort nahm die Polizei bei Durchsuchungen am Sonntag und Montag insgesamt zwölf Menschen fest, sieben Frauen und fünf Männer. Je ein Mann und eine Frau seien wieder freigelassen worden.

IS reklamiert Anschlag für sich

Die beiden namentlich genannten und ein weiterer Mann, zu dessen Identität die Behörden keine Angaben machten, waren nur Minuten nach ihrer Tat am Samstag von der Polizei erschossen worden. Die Extremisten-Miliz Islamischer Staat (IS) reklamierte das Attentat in der Londoner Innenstadt für sich. Bei dem Anschlag rasten drei Angreifer am Samstagabend auf der London Bridge mit einem Transporter in eine Menschenmenge und stachen dann im Ausgehviertel Borough Market wahllos mit Messern auf Menschen ein. Zeugen zufolge riefen sie: "Das ist für Allah." Sieben Menschen starben und rund 50 wurden verletzt.

Drei mutmaßliche Angreifer wurden erschossen. Die Ermittler gehen davon aus, dass es nur drei Täter gegeben hat. Alle verdächtigen Männer seien tot, sagte die Londoner Polizeichefin Cressida Dick vor Reportern am Sonntagmorgen. Dick geht daher davon aus, dass kein Verdächtiger mehr auf der Flucht ist. Allerdings müsse dies noch ganz sichergestellt werden. Die Gegend rund um die Tatorte werde genau untersucht. Laut neuesten Angaben der Behörden sind unter den Schwerverletzten auch zwei Polizeibeamte. Zu dem jüngsten Anschlag bekannte sich zunächst niemand. Jedoch verwies die auf jihadistische Propaganda spezialisierte Site Intelligence Group darauf, dass Anhänger der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) den Anschlag in ihren Foren und Chat-Kanälen feierten und den IS hinter der Tat vermuteten.

Die Konservative Partei von Premierministerin Theresa May setzte am Sonntag ihren Wahlkampf vorübergehend aus. Am Donnerstag wählt Großbritannien ein neues Parlament.

Der Ort des Anschlags

Die Attacke begann am späten Samstagabend auf der London Bridge im Zentrum und setzte sich auf dem nahe gelegenen Borough Market fort. Die Täter griffen ihre Opfer zuerst mit einem Kleintransporter und dann mit Messern an.


Premierministerin Theresa May hatte zuerst von einem möglichen Terrorakt gesprochen. Die Polizei ging am Morgen davon aus, dass es über die drei erschossenen Verdächtigen hinaus keine weiteren Täter gebe. Man müsse aber noch weiter ermitteln, um dies mit hundertprozentiger Sicherheit sagen zu können, erklärte Großbritanniens Anti-Terror-Chef Mark Rowley.

May berief Medienberichten zufolge für Sonntagmorgen eine Sondersitzung des Cobra-Komitees, des höchsten britischen Sicherheitsgremiums, ein.

Menschen mit Messern attackiert

Laut Polizeiangaben fuhr am Samstagabend zunächst ein Lieferwagen auf der London Bridge in eine Gruppe von Fußgängern. Das Auto sei dann weiter zum nur wenige hundert Meter entfernten Borough Market gefahren. Dort stiegen drei mutmaßliche Täter aus und attackierten Menschen mit Messern.


Nach Angaben eines Polizeisprechers wurden die Angreifer am Borough Market von Sicherheitskräften erschossen - acht Minuten nach Eingang des Notrufs. Die Attentäter hätten Westen getragen, die so ausgesehen hätten, als würden sie Sprengstoff enthalten. Die Westen hätte sich später jedoch als harmlose Attrappen entpuppt.

»Das war wie ein Amoklauf«

Zunächst hatte es geheißen, die mutmaßlichen Täter seien bereits auf der London Bridge aus dem Fahrzeug gesprungen und hätten verletzte Personen mit Messern attackiert. "Das war wie ein Amoklauf", zitierte die BBC einen Zeugen. Anschließend seien die Täter zu Bars und Restaurants in der Umgebung gelaufen und hätten gerufen: "Dies ist für Allah". Auf Twitter hatte die Polizei die Bevölkerung aufgefordert, das Gebiet zu meiden. Die London Bridge wurde komplett abgeriegelt. Der Borough Markt ist eine beliebte Touristenattraktion.

Londons Bürgermeister Sadiq Khan sprach von einer "gezielten und feigen Attacke" auf unschuldige Londoner und Besucher. Die Polizei sperrte große Areale in der Stadt weiträumig ab. Sie bat die Menschen, nicht leichtfertig Videos und Bilder von den Tatorten in Umlauf zu bringen.

Die Terrorattacke auf der London Bridge erinnert an einen Angriff im März: Am 22. März war ein 52-jähriger Mann auf der Westminster-Brücke in London mit hohem Tempo in Fußgänger gefahren. Anschließend tötete er mit einem Messer einen unbewaffneten Polizisten. Bei dem Terrorangriff waren sechs Menschen ums Leben gekommen und Dutzende Menschen verletzt worden. Der Attentäter wurde erschossen.

Die Reaktionen

US-Präsident Donald Trump verurteilte die Terrorattacke scharf und drückte der britischen Premierministerin May telefonisch sein Beileid ausgedrückt. "Er (der Präsident) lobte die heroische Reaktion von Polizei und anderen Ersthelfern und bot die volle Unterstützung der US-Regierung bei der Untersuchung an sowie bei den Bemühungen, die Verantwortlichen für diese abscheulichen Angriffe zur Rechenschaft zu ziehen", teilte das Weiße Haus in der Nacht zum Sonntag mit.

Mit Bestürzung reagierten EU-Spitzenpolitiker auf den Londoner Terroranschlag. Er verfolge die Ereignisse mit Entsetzen, erklärte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker noch in der Nacht auf Sonntag auf Twitter.

Der französische Staatspräsidenten Emmanuel Macron schrieb auf Twitter, Frankreich stehe nach der "neuen Tragödie" an der Seite Großbritanniens. "Meine Gedanken sind bei den Opfern und ihren Familien." Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) reagierte bestürzt auf den Anschlag in London und sicherte Großbritannien Deutschlands Solidarität zu.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen verurteilte den Anschlag in London scharf. Der Anschlag sei "ein grausamer Angriff auf friedlich flanierende Menschen. Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) bezeichnete die Berichte über den jüngsten Anschlag in London als "schreckliche Nachricht". Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) zeigte sich auf Twitter "erschüttert" über die "feigen Anschläge in London".

Die deutsche Bundesregierung hat sich bestürzt über die Terrorattacke in London geäußert und zugleich Entschlossenheit demonstriert. "Wir sind heute über alle Grenzen hinweg im Entsetzen und der Trauer vereint, aber genauso in der Entschiedenheit", erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Sonntag.
Die Kanzlerin bekräftigte, dass Deutschland im Kampf gegen jede Form von Terrorismus "fest und entschlossen" an der Seite Großbritanniens stehe. Innenminister Thomas de Maiziere sagte in einer eigenen Erklärung: "Ich habe meiner britischen Kollegin (Amber Rudd) mein Mitgefühl ausgesprochen und jegliche Unterstützung zugesagt."

Der russische Präsident Wladimir Putin hat der britischen Premierministerin Theresa May mitgeteilt, angesichts des Londoner Anschlags sollten die gemeinsamen Anstrengungen zur Bekämpfung des Terrorismus verstärkt werden. Das teilte das Präsidialamt in Moskau am Sonntag mit.

Israels Strategieminister Gilad Erdan forderte ein weltweites Bündnis gegen den Terror. "Dies war eine Attacke nicht nur gegen Großbritannien, sondern gegen westliche Werte und Demokratie", schrieb der Minister, der in Israel auch für innere Sicherheit zuständig ist, bei Twitter.

Irlands Außenminister Charles Flanagan verurteilte die "feigen und barbarischen Attacken" in London. Sein Land stehe Großbritannien bei, sagte Flanagan am Sonntag in Dublin.