Debatte um
Familienbeihilfe

Der Europasprecher der SPÖ, Jörg Leichtfried, ist gegen eine Indexierung der Familienbeihilfe. Im Europaparlament wird verhandelt.

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Familienbeihilfe

Im Beschäftigungsausschuss des EU-Parlaments hat am Dienstag in Brüssel eine kontroversielle Deabatte zur Reform der Sozialversicherungen in der EU stattgefunden, darunter zu der von Österreich geplanten Anpassung des Kindergelds an die Lebenshaltungskosten im EU-Ausland. Der ÖVP-Europaabgeordnete Heinz Becker kritisierte, die EU-Kommission hätte schon längst Rechtsklarheit schaffen sollen.

Becker rechnete vor, dass Österreich für Kindergeld im Ausland 2016 rund eine Viertelmilliarde Euro ausgegeben habe, aktuell werde der Betrag wohl schon 300 Millionen Euro ausmachen. Durch eine Indexierung könnte knapp die Hälfte dieser Gelder für Österreich eingespart werden.

Auch Abgeordnete aus Deutschland und Belgien für Indexierung

Der dänische Sozialdemokrat Ole Christensen stellte die Frage, ob eine Indexierung dann auch für Pensionisten gelten müsse, "die sich in der Sonne aufhalten?" Durch die Indexierung drohe die Debatte außer Kontrolle zu geraten. Dagegen betonte der deutsche Christdemokrat Sven Schulze, man müsse zwischen Rentenansprüchen unterschieden, die sich durch Einzahlung von Arbeitnehmern ergeben, und einer zusätzlichen, davon unabhängigen Sozialleistung wie dem Kindergeld. Für Deutschland mache das Kindergeld im Ausland mehr als eine halbe Milliarde Euro im Jahr aus. Nach den derzeitigen Regeln sei eine Indexierung nicht erlaubt. Dies sei euch die Meinung der deutschen Regierung.

Der deutsche Abgeordnete Arne Gericke von der Fraktion Europäische Konservative und Reformer (EKR) betonte, es müsse zumindest die Frage zulässig sein, ob ein Staat Kindergeld für Kinder im Ausland zahlen müsse, und ob eine Indexierung nicht gerechter wäre. Deutschland zahle Kindergeld für rund 200.000 Kinder im Ausland, vor allem in Polen, Rumänien, Kroatien und Tschechien. Pro Kind ergeben sich zwischen 194 und mehr als 200 Euro monatlich bei einem Durchschnittsgehalt von 641 Euro in Rumänien, sagte Gericke.

Die belgische EU-Abgeordnete Helga Stevens (EKR) sprach sich für eine Indexierung des Kindergelds in der EU aus. Damit würden keine Rechte eingeschränkt, sondern gleiche Leistungen für das gleiche Kind am gleichen Ort gewährt, sagte sie.

Auf Initiative der slowenischen Europaabgeordneten Romana Tomc (EVP) wurde Anfang Jänner eine parlamentarische Anfrage an die EU-Kommission zur Rechtmäßigkeit der von der ÖVP-FPÖ-Regierung geplanten Anpassung der Familienbeihilfe für Kinder im EU-Ausland an die dortigen Lebenshaltungskosten eingebracht. Becker erwartet eine Antwort der EU-Kommission in Kürze. Ein Vertreter der EU-Kommission wollte sich am Dienstag im Beschäftigungsausschuss nicht zu der Diskussion äußern.

Indexierung der Familienbeihilfe: Leichtfried dagegen

Der Europasprecher der SPÖ, Jörg Leichtfried, ist gegen eine Indexierung der Familienbeihilfe. Selbst wenn dies nach EU-Recht möglich wäre, lehne er eine solche von der österreichischen Regierung verlangte Maßnahme ab, weil damit das Pflegesystem gefährdet werde. Dagegen sagte ÖVP-Europamandatar Heinz Becker, mit der Indexierung sollten tatsächliche Lebenshaltungskosten abgedeckt werden.

Becker verwies auf die Behandlung im Sozialausschuss des EU-Parlaments am Dienstag in Brüssel, wo die Überarbeitung der Verordnung zur Koordinierung der Sozialsysteme beraten wird. "Wir wollen, dass die österreichischen Pläne EU-rechtskonform umgesetzt werden", so Becker. "Zweck der Familienbeihilfe muss es sein, dazu beizutragen, die tatsächlichen Lebenshaltungskosten abzudecken. Wir wollen Gerechtigkeit und Fairness für alle Familien in Österreich." Becker unterstrich, dass Österreich die Indexierungspläne aber "nicht im Alleingang, sondern nur nach Klärung der EU-Rechtskonformität umsetzen kann".

Leichtfried dagegen sprach sich am Dienstag in Brüssel auch dann gegen die Indexierung der Familienbeihilfe aus, sollte diese EU-rechtskonform sein. Er konzedierte, dass es dazu in der SPÖ unterschiedliche Standpunkte gebe. Jedenfalls müsse man sich auch die Konsequenzen anschauen. "Wenn man das macht, spricht vieles dafür, dass das österreichische Pflegesystem zusammenbrechen würde. Deshalb bin ich dagegen."

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