Schul-Burschenschaften:
Fechten schon mit 14

Burschenschafter gibt es in Österreich keineswegs nur an den Universitäten

Der Fall des NS-verherrlichenden Liederbuchs der Burschenschaft Germania beleuchtet einen meist wenig beachteten Aspekt der Szene: Burschenschaften gibt es in Österreich nicht nur an Universitäten, sondern auch schon als Schülerverbindungen. Ihre Ansichten sind dabei aber nicht unbedingt weniger radikal als die der "Älteren".

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Fechten schon mit 14

Die vom "Falter" am Dienstag veröffentlichten Textpassagen aus einem Liederbuch der Burschenschaft "Germania Wiener Neustadt" bringen den Spitzenkandidaten der FPÖ Niederösterreich, Udo Landbauer, wenige Tage vor der Landtagswahl in Bedrängnis. Er hat seine Mitgliedschaft in der Germania "ruhend" gestellt, schließt politische Konsequenzen – etwa einen Rücktritt – aber vorerst aus. Die bekannt gewordenen Textzeilen verherrlichen den Nationalsozialismus und den Holocaust, sind antisemitisch und rassistisch. Zugleich wirft der Fall aber auch ein Schlaglicht auf einen weniger bekannten Aspekt des rechten Verbindungswesens: Burschenschaften gibt es keineswegs nur an Universitäten.

Mensur auch schon für Schüler Pflicht

Obwohl weit weniger im Fokus der Öffentlichkeit, sind in Österreich auch rund 50 "pennale Burschenschaften" an den höheren Schulen aktiv. Das sind mehr, als es akademische Burschenschaften an Universitäten gibt. Die Germania Wiener Neustadt ist eine davon. Ihr können männliche Jugendliche beitreten, die die Oberstufe einer Maturaschule in der Stadt besuchen. Landbauer rechtfertigte sich in einer ersten Reaktion damit, erst elf Jahre alt gewesen zu sein, als das Liederbuch 1997 gedruckt wurde. Doch trat er bereits 2000, also mit 14 Jahren, in die Germania ein. Die pennalen Verbindungen rekrutieren den Nachwuchs studentischen (akademischen) Burschenschaften. Mitglieder, die nach der Matura ein Studium beginnen, setzen ihre burschenschaftliche "Karriere" dann meist in einer solchen fort.

Dementsprechend wichtig sind sie für die seit Jahrzehnten unter Mitgliederschwund leidenden Studentenverbindungen. Sie unterstützen ihre "Nachwuchsorganisationen" daher oft organisatorisch und finanziell, gewähren ihnen etwa Zugang zu ihren Häusern. Inhaltlich sind die Unterschiede zwischen pennalen und akademischen Burschenschaften daher nicht allzu groß. Auch schon bei den Schülern ist die Mensur, also das Fechten mit dem Säbel, Pflicht. Der "Österreichische Pennäler Ring", der Dachverband der Schul-Burschenschaften, führt dazu auf seiner Website aus, dass jedes Mitglied mindestens zwei "Pflichtpartien" schlagen müsse.

Enge personelle Verbindungen zur FPÖ

Die Pflichtzahl könne bei einzelnen Verbindungen aber auch höher sein. Und freiwillig kann natürlich ohnehin noch viel öfter gefochten werden. Abweichend von den Studenten wird von den Schülern zwar meist mit stumpfen Waffen gefochten – doch auch das ist nicht zwingend. Auch politisch ist wie bei den akademischen Burschenschaften die Verbindung zur FPÖ und zur rechten Szene eng. Vorsitzender des Pennäler-Rings ist etwa der Wiener FPÖ-Landtagsabgeordnete Udo Guggenbichler. Laut Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) übernehmen (akademische wie pennale) Burschenschaften eine "Scharnierfunktion" zwischen Deutschnationalismus und militantem Rechtsextremismus.

Manches deutet sogar darauf hin, dass es sich bei den "Pennälern" um die vielleicht noch radikalere Untergruppe von Burschenschaftern handelt. So nahmen an den berüchtigten "Wehrsportübungen" mit FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache (er ist Mitglied der pennalen Verbindung Vandalia Wien) in den 80er Jahren so viele Pennäler teil, dass der ÖPR klarstellen musste, dass es sich dabei um keine offizielle Veranstaltung des Verbands gehandelt habe. Der Historiker Günter Cerwinka, selbst "Alter Herr" der Grazer Burschenschaft Allemannia, sagte dem "Kurier", dass in den Verbindungen generell die älteren Mitglieder deutlich liberaler wären als die jüngeren.