Kickl über Türkis-Blau: "Es waren harte Schlachten"

Ex-Innenminister über Regierungsbeteiligung: "Ich habe den Koalitionspartner in gewisser Weise als Feind gesehen und er mich."

Österreicher genießen in Deutschland grundsätzlich einen Sympathiebonus. Wenn sie auch noch die eigene Weltanschauung verkörpern und politisch dort schon waren, wo man selbst hin möchte, dann erst recht. Somit hatte der österreichische Ex-Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) leichtes Spiel bei seinem Vortrag vor der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung in Berlin.

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Rückblick - Kickl über Türkis-Blau: "Es waren harte Schlachten"

"Themen der Zeit" lautet der Titel des einstündigen Vortrags, den FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl in Berlien hielt, doch es war vielmehr eine höchst selbstzufriedene Bilanz seiner Arbeit als Innenminister. Letztlich ging es auch nicht um Themen, sondern lediglich um ein Thema: Migration. Er erzählte von seinem Besuch bei seinem deutschen Amtskollegen Horst Seehofer (CSU), der sich damals vom Kickl-Schwung nicht habe anstecken lassen "die Asyl- und Migrationspolitik vom Reaktions- in den Aktionsmodus zu bringen". Mitunter klangen seine Deutungen historischer Ereignisse originell: "Er sitzt noch im Sattel, während ich meinen Innenministerposten los bin. Das zeigt, wie das System reagiert, wenn man versucht, die Dinge vom Kopf auf die Füße zu stellen."

»Lassen Sie sich von Sebastian Kurz nicht täuschen«

"Lassen Sie sich von Sebastian Kurz nicht täuschen", warnte Kickl, "er ist links-infiziert, das sind auch die konservativen Parteien, hier wie in Österreich." Die Koalition mit der ÖVP habe nach außen sehr harmonisch gewirkt, "aber es waren harte Schlachten", sagte Kickl vor den von Bücherregalen eingerahmten etwa 60 andächtig lauschenden AfD-Nahen und -Nächsten.

Kickl "prahlt" mit Maßnahmen

Dann folgte eine Aufzählung aller Maßnahmen, mit denen Kickl als Minister die Dinge wieder dorthin rückte, wo sie seiner Meinung nach sein sollten, etwa dem Sozialsystem einen Honigtopf-Anreiz nehmen. Er erzählte, wie er die Handys der Asylanten konfiszieren ließ, ihnen die mitgebrachten Barschaften abnahm, aus Erstaufnahmezentren Ausreisezentren machte. Keinen Zweifel ließ er daran, dass Asylsuchende nicht schutzbedürftig nach Europa kommen, sondern ausschließlich Unreelles im Schilde führen, und das fiel in seiner Zuhörerschaft auf dankbaren Boden.

»Ich habe rigoros abgeschoben«

"Ich habe rigoros abgeschoben und keine einzige Intervention durchgehen lassen." Wenn Kickl besonders schneidig berichtete, wurde er mit anerkennendem Applaus des Publikums bedacht. "Ich hätte es mir gewünscht, dass wir einen Bruchteil in Deutschland umgesetzt hätten, wie Sie es in Österreich umgesetzt haben", seufzte Erika Steinbach nach Kickls Ausführungen.

»Ich habe den Koalitionspartner in gewisser Weise als Feind gesehen und er mich. «

Interessant wurde es in der Fragerunde: Wie sein Ministerium auf ihn reagiert habe, wollte etwa einer wissen. "Schrecklich", antwortete Kickl. Er sei in ein seit Jahren von der ÖVP dominiertes Ressort gekommen. "Ich habe den Koalitionspartner in gewisser Weise als Feind gesehen und er mich. Nach ein paar Monaten beginnt man den Apparat umzubauen, so geht das Stück für Stück." Andere Parteien müssten sich wohl bei solchem Vorgehen den FPÖ-Vorwurf brutaler Umfärbung gefallen lassen. Doch Kickl ist überzeugt vom eigenen Weg und bedauerte, dass gerade, als seine Partei "recht gut Tritt gefasst" habe, das Ibiza-Video dazwischen gekommen sei.

Grenze zu rechtem Rand ist das Strafrecht

Was bleibt von Herbert Kickl, fragte ein Zuhörer. "Vieles ist schon in der Übergangsphase ramponiert worden", antwortete der FPÖ-Politiker. Alle Rücknahmen seiner Entscheidungen seien systematisch durch Sebastian Kurz betrieben worden. Ein Mann möchte wissen, wie die FPÖ mit ihrem rechten Rand umgeht. Eine pikante Frage an jenem Tag, an dem eine Bundestagsabgeordnete der AfD wegen des "rechtsextremen Flügels" aus der Partei ausgetreten ist. "Bei uns heißt das der rechte Narrensaum, statistisch unbedeutend", relativierte Kickl. Für ihn liege die Grenze im Strafrecht.

"Zeitfenster für FPÖ geschlossen"

Soll die AfD Regierungsverantwortung übernehmen, wolte noch jemand wissen. "Tun und Mut braucht es", belehrte der freiheitliche Elder Statesman aus Österreich die deutschen Gesinnungsgenossen. "Es gibt Zeitfenster, und da muss man zugreifen." Ein solches ist für die FPÖ vorerst einmal geschlossen.