Demokratie ist käuflich: Wer will
die Sessel der Abgeordneten?

Bis 19. September kann online um das Parlaments-Mobiliar mitgesteigert werden

Pulte, Tische, Sessel, ein Servierwagen und die Regierungsbank: Seit Dienstag werden rund 350 Möbelstücke aus dem Hohen Haus versteigert. Wer schon immer im Sessel eines Abgeordneten oder am Platz des Bundeskanzlers sitzen wollte, hat nun die Gelegenheit. Mit einigen hundert Euro muss dafür aber wohl gerechnet werden.

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die Sessel der Abgeordneten? © Bild: Copyright 2017 Matt Observe / News

Der Totalumbau des Parlaments ist in vollem Gange. Bereits im Juli sind so gut wie alle Abgeordneten und Mitarbeiter in die Hofburg und die neu errichteten Pavillions am Heldenplatz und im Bibliothekshof übersiedelt. Plenarsitzungen finden ab sofort in den Redoutensälen der Hofburg statt. Erst in drei Jahren geht es wieder zurück in den Prachtbau an der Ringstraße. Viel altes Mobiliar, unter anderem die komplette Einrichtung des Nationalrats- und Bundesrats-Sitzungsaales, wird dann aber nicht mehr verwendet werden. Deshalb läuft nun der größte Ausverkauf der Demokratie, den es in Österreich je gegeben hat: Mittels einer Online-Auktion auf den Seiten des Dorotheums. Jeder, der sich registriert, kann bis 19. September (14 Uhr) um etwa 350 Objekte mitbieten.

Servierwagen als Auktions-Hit

Zu erstehen gibt es einiges: Insgesamt sind es 314 verschiedene Posten, um die seit gestern gesteigert wird (teilweise sind mehrere Möbelstücke zu einem Set zusammengefasst). Das wohl prominenteste Objekt ist die 12 Meter lange Regierungsbank aus dem Plenarsaal. Hier haben seit 1956 sämtliche bei einer Sitzung anwesenden Minister und Kanzler Platz genommen. Das Startgebot lag bei 200 Euro, schon nach einem Tag wurde es auf 400 Euro verdoppelt. Da es sich um ein, noch dazu sehr bekanntes, Einzelstück handelt, wird hierfür wohl einer der höchsten Preise erzielt werden. Ein großes Interesse wird auch an den Drehstühlen der Abgeordneten erwartet. Diese sind zwar teilweise extrem abgenutzt und nach Berichten vieler Abgeordneter eher unbequem, aber auch ein aus dem Fernsehen bekanntes Andenken. Das Startgebot liegt bei 50 Euro, es gibt rund 190 Stück.

Ebenso versteigert werden die Pulte der Abgeordneten (ab 70 Euro), der Sessel der Präsidentin (60 Euro), die Stenographie-Tischchen (40 Euro), Leder-Fauteuils (150 Euro), Sitzbänke (100 Euro), Jugendstil-Clubbänke (70 Euro), Couchtische mit Steinplatte (50 Euro), einfache Stühle (6 Stück ab 100 Euro), ein Aktenschrank (40 Euro) und eine Glasvitrine (50 Euro). Am schnellsten hochgetrieben wurde bisher aber der Preis für einen historischen "Servier- bzw. Barwagen" (Einzelstück): Bereits nach einem Tag von 100 auf 400 Euro. Zulässig sind immer nur Steigerungen von zumindest zehn Prozent. Der überwiegende Teil des Parlaments-Mobiliars kommt übrigens nicht unter den Hammer, sondern wird restauriert und nach dem Umbau wieder verwendet.

Glocke ist nicht zu verkaufen

Da eigentlich die gesamte Parlaments-Ausstattung unter Denkmalschutz steht, mussten die ausgesuchten Möbelstücke vom Bundesdenkmalamt "freigegeben" werden: Für sie wurde der Denkmalschutz aufgehoben. Die meisten anderen Objekte wurden zwischengelagert, etwa der Großteil der Büroausstattung an den über 700 Arbeitsplätzen im Parlament, oder an Museen verliehen. Insgesamt gab es im Haus rund 7.000 Einrichtungsgegenstände. Nicht versteigert werden kultige Objekte wie die Parlaments-Telefone oder Teile der Rohrpost. Die Glocke der Präsidentin wurde in den Übergangs-Saal in der Hofburg gebracht und wird weiterverwendet. Der Erlös der Online-Auktion fließt übrigens in das Bundesbudget. Zur Gegenfinanzierung des mit 434 Millionen Euro veranschlagten Parlaments-Umbaus werden die Versteigerungen aber eher nicht geeignet sein.