Die Streber der Nation

Wie Politik-Experten die Regierung bewerten

Die Noten der Regierung sind eher mau, die Klassenbesten - Sebastian Kurz, Wolfgang Brandstetter und Pamela Rendi-Wagner - haben auch nur einen Zweier, Kanzler Christian Kern einen Leistungsknick. Umso vergifteter ist das Klassenklima: Es wird gestritten, was das Zeug hält

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News-Regierungszeugnis - Die Streber der Nation

Nach der Notenkonferenz und kurz vor dem Zeugnis noch einmal fleißig zu werden, ist zwar ein edler Zug, nützt aber nichts mehr. Erfahrene Schülerinnen und Schüler wissen das. SPÖ-Chef Christian Kern und sein ÖVP-Gegenüber Sebastian Kurz können sich vielleicht an diese Schulweisheit ebenfalls erinnern, politisch machen sie allerdings dieser Tage genau das. In der letzten Plenarwoche des Parlaments werden plötzlich Reformpläne gewälzt, die in den Jahren dieser - vermutlich bis auf weiteres letzten - rot-schwarzen Koalition im kleinkarierten Parteiengeplänkel untergegangen sind. Dabei ist der einzige Beschluss, der wirklich noch fix ist, jener, den Nationalrat für Neuwahlen aufzulösen. Der wird in einer Sondersitzung am 13. Juli fallen.

"Diese Koalitionsregierung wird es nicht mehr schaffen, in den letzten Tagen ein anderes Einschätzungsbild zu erzeugen", sagt der Politikwissenschaftler Fritz Plasser. Und der langjährige Politik-Professor fügt hinzu: "Ich kann mich an keine Koalition seit 1983 erinnern, in der die persönlichen Animositäten und das Konfliktniveau so hoch waren wie bei dieser."

Leistung und Benehmen

Im traditionellen News-Regierungszeugnis schlägt sich demnach auch das "Betragen" mancher Minister in deren Noten nieder. Grundsätzlich beurteilt haben die Innenpolitik-Experten der österreichischen Printmedien aber natürlich, was Kern, Kurz und ihre Minister inhaltlich weitergebracht und wie sie die Regierung - nicht - zusammengehalten haben. Dabei muss vor allem der SPÖ-Chef und Bundeskanzler, Christian Kern, im Jahreszeugnis einen deutlichen Dämpfer hinnehmen. Seine Durchschnittsnote beträgt nur noch 2,5, er liegt bloß im Mittelfeld der Regierungsmannschaft. Im Semesterzeugnis war er mit einer Note von 1,7 noch Klassenbester.

"Kern musste als Kanzler dem Zerbrechen seiner Regierung zusehen, er ist merkbar außer Tritt geraten", urteilt Daniela Kittner vom "Kurier". Michael Jungwirth von der "Kleinen Zeitung" erklärt: "Kern hat seine Leichtigkeit verloren - vielleicht, weil er ahnt, dass die Wiederwahl zur Zitterpartie wird." Und Claus Pándi von der "Kronen Zeitung" setzt nach: "Er will brillieren, hat viele Ideen, wirkt entschlossen. Aber es mangelt an Kritikfähigkeit, und er ist überraschend fehleranfällig."

Kerns direkter Kontrahent ums Kanzleramt, Sebastian Kurz, hat sich mit 2,1 gegenüber dem Semesterzeugnis nur geringfügig verschlechtert (2). "Sein" Vizekanzler Wolfgang Brandstetter und die neue Gesundheits- und Frauenministerin Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) sind mit ihm Klassenbeste im Kabinett.

Trotz seiner guten Noten sehen die Politik-Beobachter den jungen ÖVP-Chef kritisch: Christoph Kotanko von den "Oberösterreichischen Nachrichten" meint: "Das größte Talent auf dem Markt. Stimmungsmacher, bisher Ein-Thema-Politiker. Dass er ein vielseitiger Macher ist, muss er erst zeigen. Für Können gibt es nur einen Beweis - das Tun." Michael Völker, "Der Standard", analysiert: "Sein Programm heißt Sebastian Kurz. Er ist mit extrem hohen Erwartungshaltungen konfrontiert, muss jetzt Nerven bewahren." Und Andreas Koller von den "Salzburger Nachrichten" meint knapp: "Wird es weit bringen. Die Frage ist: wohin?"

Die Besten auf der Regierungsbank

Sebastian Kurz, Außenminister, Note: 2,1

© TIZIANA FABI / AFP Sebastian Kurz, Außenminister

"Wird es weit bringen. Die Frage ist: wohin?", Andreas Koller, Salzburger Nachrichten

"Beherrscht Polit-Marketing, weiß auch, wie man regiert. Außenpolitik aber zu sehr von Innenpolitik getrieben", Daniela Kittner, Kurier

"Größtes Talent am Markt. Stimmungsmacher, bisher Ein-Thema-Politiker. Vielseitigkeit muss er erst zeigen", Christoph Kotanko, OÖ Nachrichten

"Sein Programm heißt Sebastian Kurz, er ist mit extrem hohen Erwartungen konfrontiert, muss Nerven bewahren", Michael Völker, Der Standard

"Solide als Außenminister, der auch außerhalb Österreichs Rolle spielt. Weg an VP-Spitze nach Plan durchgezogen", Oliver Pink, Die Presse

"Shooting-Star, an dem mediale Kritik abperlt. Kann nur über Selbstfaller stolpern", Michael Jungwirth, Kleine Zeitung

"Schnell denkend, professionell, präzise. Einige Prisen liberales Bürgertum und Wirtschaft würden nicht schaden", Claus Pándi, Kronen Zeitung

"Vielleicht Europas bester Außenminister. Ist es sein Traum oder ein Trauma, das ihn dazu gemacht hat?", Christian Rainer, Profil

"Listenführer der LSK-DNVP zieht kompromisslos seinen KK-Plan durch. Kanzler Kurz. Bestimmt Tempo und Inhalte", Andreas Weber, Trend

"Was er macht, macht er ziemlich gut. Aber noch fehlt der große Inhalt", Esther Mitterstieler, News

Wolfgang Brandstetter, Vizekanzler, Note: 2,1

"Irgendwer sollte ihm sagen, dass er jetzt Vizekanzler ist", Andreas Koller, Salzburger Nachrichten

"Fachlich gute Arbeit, aber politisch wenig zur Geltung gekommen", Daniela Kittner, Kurier

"Loyaler Einspringer, die breite Firewall für Kurz. Vize aus Pflichterfüllung, Justizminister aus Passion", Christoph Kotanko, OÖ Nachrichten

"Macht als Vizekanzler wider Willen erstaunlich gute Figur und bringt als lieber Onkel Ruhe ins politische Spiel", Michael Völker, Der Standard

"Als Vizekanzler wird er nicht in die Geschichte eingehen. Als Justizminister möglicherweise auch nicht", Oliver Pink, Die Presse

"Erlebt als Vizekanzler einen zweiten politischen Frühling", Michael Jungwirth, Kleine Zeitung

"Solide Arbeit. Keine besonderen Tiefs, keine spektakulären Hochs", Claus Pándi, Kronen Zeitung

"Hat bewiesen, dass auch Anwälte Menschen sind. Bitte bleiben (nicht nur wegen Vorlieben im Automobilsektor)", Christian Rainer, Profil

"Listiger und lustiger Platzhalter für LSK-DNVP-Chef. Hat aber offenbar genug und will aufhören", Andreas Weber, Trend

"Verliert als Vize Lockerheit nicht. Was angesichts der Verweildauer in diesem Amt nicht ungewöhnlich ist"; Esther Mitterstieler, News

Pamela Rendi-Wagner, Gesundheit, Frauen, Note: 2,1

"Zu kurz im Amt, um sie zu beurteilen", Andreas Koller, Salzburger Nachrichten

"Ausgezeichnete Leistung. Brachte in wenigen Wochen die Primärversorgungszentren unter Dach und Fach", Daniela Kittner, Kurier

"Startete als schwungvolle Fachfrau, wurde rasch eingepfercht von den großen Playern im Gesundheitssystem", Christoph Kotanko, OÖ Nachrichten

"Kompetent, engagiert, sympathisch, hat einen guten Start hingelegt, muss noch Durchsetzungskraft zeigen", Michael Völker, Der Standard

"Durchaus auf Außenwirkung bedacht. Setzt fort, was ihre Vorgängerin begonnen hat. Eigene Linie noch nicht klar.", Oliver Pink, Die Presse

"Der erste Eindruck war der beste. Läuft die Zeit davon, um Spuren zu hinterlassen", Michael Jungwirth, Kleine Zeitung

"Fachfrau, die Können erst in der nächsten Regierung entwickeln kann - so es die SPÖ in diese Regierung schafft", Claus Pándi, Kronen Zeitung

"Wer nicht schon zuvor wusste, dass sie eine gute Politikerin wäre, weiß jetzt, dass sie eine ist", Christian Rainer, Profil

"Kompetent - erhält hoffentlich auch in nächster Regierung eine Chance", Andreas Weber, Trend

"Hat eine schwierige Aufgabe übernommen -menschlich wie professionell. Ist eine Macherin", Esther Mitterstieler, News

Thomas Drozda, Kunst, Kanzleramtsminister, Note: 2,2

Hans Peter Doskozil, Verteidigungsminister, Note: 2,4

Zwei Kanzler, drei Vizes

Was man zum Abschlusszeugnis dieser Regierung beinahe vergisst - seit der letzten Nationalratswahl 2013 wurde ziemlich oft umgebaut, ausgetauscht oder abgesägt. Es begann mit Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger. Nicht einmal ein Jahr nach der Wahl tauschte die ÖVP zum ersten Mal ihren Frontmann aus, Reinhold Mitterlehner übernahm. Im Mai 2016 kam Christian Kern für Faymann, heuer im April trat Mitterlehner zurück, und Wolfgang Brandstetter übernahm das Vizekanzleramt, Sebastian Kurz die Partei.

Mit allen Rochaden wurden in dieser Legislaturperiode 25 Regierungsmitglieder verbraucht. Wobei die Neulinge im Zeugnis neben ÖVP-Star Kurz die besten Noten haben. So ist Gesundheits-und Frauenministerin Pamela Rendi-Wagner zwar erst seit März im Amt, sie konnte in dieser kurzen Zeit die Innenpolitik-Experten allerdings weitgehend überzeugen. "Wer nicht schon zuvor wusste, dass sie eine gute Politikerin wäre, weiß jetzt, dass sie eine ist", sagt "Profil"-Herausgeber Christian Rainer. "Trend"-Chef Andreas Weber urteilt: "Kompetent - erhält hoffentlich auch in der nächsten Regierung eine Chance." Und News-Chefredakteurin Esther Mitterstieler erklärt: "Sie hat nach dem Tod von Sabine Oberhauser eine sehr schwierige Aufgabe übernommen - menschlich wie professionell. Macht einen hervorragenden Eindruck. Sie ist eine Macherin."

Der dritte "Klassenstreber", Wolfgang Brandstetter, ist nur als Vizekanzler neu und punktet in innenpolitisch turbulenten Zeiten durch seine ausgleichende, kalmierende Art. Er übernahm dieses Amt, weil sich der neue ÖVP-Chef Sebastian Kurz nicht in tagespolitische Niederungen begeben wollte. Dass in dieser Regierung im Wahlkampfmodus hin und wieder noch eine Gesprächsbasis gefunden wird, liegt auch daran, dass Kern und Brandstetter persönlich keine Probleme miteinander haben. Michael Völker vom "Standard" fasst zusammen: "Als Vizekanzler wider Willen macht Brandstetter überraschend gute Figur und bringt als lieber Onkel Ruhe ins politische Spiel hinein." Manchen ist er hingegen schon zu ruhig. "Presse"-Innenpolitikchef Oliver Pink kritisiert: "Galt als Ablösekandidat, nun ist er Vizekanzler. Brachte Ruhe in die Justiz - war aber auch selbst eher ruhig. Als Vizekanzler wird er nicht in die Geschichte eingehen. Als Justizminister möglicherweise auch nicht."

Wie diese Regierung insgesamt in den Geschichtsbüchern bewertet werden könnte? Steht sie für Zank, Hader und Stillstand, oder gibt es auch Positives zu vermerken? Politikwissenschaftler Fritz Plasser sagt: "Bei aller gebotenen Kritik am Erscheinungsbild dieser Koalition würde ich nicht sagen, dass sie nichts weitergebracht haben. Vor allem in den Mitterlehner-Jahren hat es durchaus relevante wirtschaftspolitische Entscheidungen gegeben. Sie wurden allerdings nicht hinreichend als Erfolge verkauft, weil sie binnen weniger Stunden schon wieder durch Konflikte überlagert wurden."

Auch wenn die ganz großen Reformwürfe und Leuchtturmprojekte wie etwa eine Verwaltungsreform oder eine Umstrukturierung des Steuersystems nicht dabei waren, besetzte diese Regierung mit ihren Reformen nicht nur Nebenschauplätze, meint Plasser. "Durch die unterschiedlichen Akteure und das uneinheitliche Bild, das sie geboten haben, ist der Eindruck von Stillstand entstanden. Doch hätte es in diesen Jahren wirklich nur Stillstand gegeben, würden wir den anders spüren."

Kanzler und Schlüsselminister im Mittelfeld

Christian Kern, Bundeskanzler, Note: 2,5

"Exzellenter Stratege, nicht so toller Taktiker", Andreas Koller, Salzburger Nachrichten

"Musste dem Zerbrechen seiner Regierung zusehen, er ist merkbar außer Tritt geraten", Daniela Kittner, Kurier

"Will sich nicht von dem Glauben abbringen lassen, dass dieses System von innen reformierbar ist.", Christoph Kotanko, OÖ Nachrichten

"Hat zuletzt etwas die Kontrolle über das Geschehen verloren, muss alles auf ein starkes Finish setzen", Michael Völker, Der Standard

"Seriöse Vorstellung als Kanzler. Offensichtlich bemüht, etwas weiterzubringen, mitunter fehlt taktisches Geschick", Oliver Pink, Die Presse

"Hat seine Leichtigkeit verloren - vielleicht, weil er ahnt, dass die Wiederwahl zur Zitterpartie wird?", Michael Jungwirth, Kleine Zeitung

Will brillieren, hat viele Ideen, wirkt entschlossen. Aber Mangel an Kritikfähigkeit und überraschend fehleranfällig", Claus Pándi, Kronen Zeitung

"Vielleicht Europas bester Sozialdemokrat. Man soll ihm Land zur Verwaltung anvertrauen (aber dessen eigenes)", Christian Rainer, Profil

"Endlich ein Kanzler mit Format. Und nun unter enormen Druck von allen Seiten - teils selbstverschuldet", Andreas Weber, Trend

"Er hat einen Plan und versucht, ihn umzusetzen. Emotionen sollte er gezielter einsetzen und locker bleiben", Esther Mitterstieler, News

Harald Mahrer, Wirtschaft, Wissenschaft, Note: 2,6

"Bringt seine liberalen Ideen in der ÖVP leider nicht unter", Andreas Koller, Salzburger Nachrichten

"Gemessen am Ruf als stürmischer Reformer setzte er sich bei der Bildung zu wenig gegen Länder und Lehrer durch", Daniela Kittner, Kurier

"Der Drahtzieher. Enger Ratgeber von Kurz. Vertritt wechselnde Positionen mit gleichbleibender Entschiedenheit", Christoph Kotanko, OÖ Nachrichten

"Der Dandy in der Regierung, sorgt für gute Manieren in der Politik, will immer noch ein Stückchen mehr", Michael Völker, Der Standard

"Stetig, aber doch zur Nummer zwei in der ÖVP hinter Kurz aufgestiegen. Kann jetzt die ÖVP reformieren", Oliver Pink, Die Presse

"Schwarz-türkiser Wirbelwind, der auch als Leitl-Nachfolger (Wirtschaftskammer) im Gespräch ist", Michael Jungwirth, Kleine Zeitung

"Der originelle Denker, der er war, ist im Koalitionsbetrieb verschwunden. Vielleicht findet er zu alter Form zurück?", Claus Pándi, Kronen Zeitung

"Der lebendige Beweis, dass Verhaltensauffälligkeit (Pelzkragen) kein Hinderungsgrund für Polit-Karriere ist", Christian Rainer, Profil

"Mitterlehner-Erbe als auffälligster VP-Minister in schwieriger Endphase von Rot-Schwarz", Andreas Weber, Trend

"Vom Kuschel-Staatssekretär zum Hardcore-Minister: Bremste plötzlich Reformen, die er selbst verhandelt hat", Esther Mitterstieler, News

Hans Jörg Schelling, Finanzminister, Note: 2,7

Jörg Leichtfried, Infrastrukturminister, Note: 2,9

Sonja Hammerschmid, Bildungsministerin, Note: 3

Eh ganz okay

Eh ganz okay: So lässt sich das Gebotene also zusammenfassen. Die Gesamtnote der Regierung an ihrem Ende ist daher auch mittelprächtig: 2,8. Dröselt man das noch in den Notendurchschnitt von SPÖ und ÖVP auf, schneidet das SPÖ-Team geringfügig besser ab: mit 2,7 gegenüber 2,9 bei der ÖVP. Gegenüber der Einstiegsbilanz im ersten Regierungszeugnis nach der Wahl hat sich die Gesamtnote der Regierung geringfügig verschlechtert. Klassenprimus war schon damals Sebastian Kurz, allerdings mit der Note 1,3. Brandstetter folgte damals auf Platz zwei, schon damals mit einem Zweier. Schlusslichter waren damals Kanzler Werner Faymann mit 3,3 und Vizekanzler Michael Spindelegger mit 4,4. Und schon damals galt diese Koalition als angezählt und zerstritten.

Die Schlusslichter

Deutlich am Ende des Regierungsfeldes liegen heute Innenminister Wolfgang Sobotka, Sozialminister Alois Stöger und Familienministerin Sophie Karmasin - wenn auch aus sehr unterschiedlichen Gründen. Sobotka (3,6) wird vor allem seine Rolle als Quertreiber und Sprengmeister dieser Koalition vorgehalten. Andreas Weber vom "Trend" sagt: "Mission erfüllt: Mitterlehner hat das Handtuch geworfen." Allerdings gesteht man Sobotka zu, dass er inhaltlich reüssieren könnte, wenn er sich an anderen Fronten zurückhält. Claus Pándi ("Krone") hält Sobotka für eine "ÖVP-Allzweckwaffe. Schwächen im Teamspiel, aber besser als sein Ruf."

Sozialminister Alois Stöger wiederum leidet, was seine Note betrifft, unter dem Ruf, farblos und unbeweglich zu sein. Doch mit diesem Eigenschaften hält er sich schon lange in der Regierung und bekleidet mittlerweile das dritte Ministeramt nach Gesundheits- und Infrastrukturministerium. Andreas Koller von den "Salzburger Nachrichten" nennt ihn "personifizierte Reformverweigerung". Sophie Karmasin hingegen leidet darunter, dass kaum jemand den Sinn ihres Familienministeriums erkennt. Aber immerhin erinnert sich Oliver Pink an eine Aktion von ihr: "Sie löste Anfang des Jahres eine Koalitionskrise aus."

Wobei das in dieser SPÖ-ÖVP-Koalitionsregierung ja eigentlich nicht wirklich bemerkenswert war. Angesichts der Dauerkrise sorgten eher die kurzen friedvollen Phasen für Erstaunen. Fritz Plasser nimmt daher auch an, dass es nach der Wahl im Oktober keine Neuauflage dieser Regierungskonstellation geben wird. "Aus heutiger Sicht ist das zu 90 Prozent auszuschließen." Nicht einmal, wenn SPÖ oder ÖVP für eine solche Koalition ihre Spitzenmänner austauschen würden, wie im beginnenden Wahlkampf bereits wechselseitig als mögliche Bedingung formuliert wurde. Plassers Prognose: "Da begänne eine solche Regierung bereits mit einer Verärgerung, die auf eine Revanche hinauslaufen würde."

Fix ist daher also nur eines: Beim nächsten Regierungszeugnis werden wir ziemlich viele neue "Schüler" im Klassenzimmer sehen.

Am Ende - auch ihrer Karriere?

Andrä Rupprechter, Landwirtschaft, Umwelt, Note: 3,1

"Hat sich vom Luftikus zum Schwergewicht entwickelt", Andreas Koller, Salzburger Nachrichten

"Ruhige, professionelle Amtsführung - aber in dem versierten Europäer würde noch mehr stecken", Daniela Kittner, Kurier

"Minister in Lauerstellung, ewiger Landeshauptmann in spe. War nicht immer auf Parteilinie, kennt nun seine Grenzen", Christoph Kotanko, OÖ Nachrichten

"Ihm wurden seine Ambitionen gründlich abgeräumt, ist gefangen im komplizierten Interessensgemenge der ÖVP", Michael Völker, Der Standard

"Galt immer wieder als Ablösekandidat. Mit Kurz kann er wesentlich besser als mit Mitterlehner", Oliver Pink, Die Presse

"Stark als Agrarpolitiker, schwach als Umweltpolitiker, selbst wenn ihm Schwarzenegger Rosen streut
", Michael Jungwirth, Kleine Zeitung

"Echter Experte, leidenschaftlicher Europäer, dessen Leistungen unter mangelnder Frustrationstoleranz leiden", Claus Pándi, Kronen Zeitung

"Wenig gehört von ihm in letzter Zeit. Abnützungserscheinungen bei ihm oder beim Beobachter?", Christian Rainer, Profil

"Was wird aus ihm nach dem 15. Oktober?", Andreas Weber, Trend

"Macht solide Arbeit, hat auch kantige Züge nach dem Koalitionsbruch gezeigt. Durchsetzungskraft schadet nie", Esther Mitterstieler, News

Wolfgang Sobotka, Innenminister, Note: 3,6

"Dichtet nicht nur den Grenzen, sondern auch den rechten Rand der ÖVP ab", Andreas Koller, Salzburger Nachrichten

"Er hat seinen Dienst als Sprengmeister der Regierung geleistet. Hat aber auch Potenzial zu guter Sacharbeit", Daniela Kittner, Kurier

"Gefährder vom Dienst. Trug dazu bei, dass das Mittelmeer kippte. "Weniger Freiheit, mehr Sicherheit" ist falsch", Christoph Kotanko, OÖ Nachrichten

"Hat sich offenbar nur schwer im Griff, das sind auch für einen Innenminister nicht die besten Voraussetzungen", Michael Völker, Der Standard

"Spielte den Rambo für Kurz. Ihn auf diese Rolle zu reduzieren, wäre aber falsch. Vielschichtiger Charakter", Oliver Pink, Die Presse

"Wohltuende mediale Absenz, seit ihm Kurz einen Maulkorb verpasst hat", Michael Jungwirth, Kleine Zeitung

"ÖVP-Allzweckwaffe. Schwächen im Teamspiel, aber besser als sein Ruf", Claus Pándi, Kronen Zeitung

"Der seltsame Fall des Dr. Jekyl und Mr. Hyde. Wehe, wenn er losgelassen!", Christian Rainer, Profil

"Mission erfüllt: Mitterlehner hat das Handtuch geworfen", Andreas Weber, Trend

"Er eckt an, spielt damit und trifft gewiss den Geschmack vieler Leute. Ob das in dieser Härte sein muss?", Esther Mitterstieler, News

Alois Stöger, Sozialminister, Note: 3,8

Sophie Karmasin, Familienministerin, Note: 3,9