Nach tödlichem Zug-Drama:
Was bewegt jemanden zu der Tat?

Ein Mann stößt Mutter und Kind vor einen einfahrenden Zug. Warum? Was ist das Motiv? Und kann man sich vor solchen Taten schützen?

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Nachgefragt - Nach tödlichem Zug-Drama:
Was bewegt jemanden zu der Tat?

Ein achtjähriger Bub ist am Montag im Hauptbahnhof von Frankfurt am Main von einem Mann vor einen einfahrenden Zug gestoßen und getötet worden. Die Staatsanwaltschaft hat Haftbefehl wegen Mordes beantragt. Der Mann soll auch die Mutter des Kindes ins Gleisbett gestoßen haben. Die 40-Jährige habe sich aber retten können.

Was bewegt Menschen zu solch einer Tat, welche Motive stecken dahinter und kann man sich vor solchen Übergriffen schützen? News.at fragte bei Kriminalsoziologe und Chef des Vienna Centre for Societal Security (Wiener Zentrum für sozialwissenschaftliche Sicherheitsforschung) Reinhard Kreissl nach.

News.at: Der 28-jährige Tatverdächtige soll sich Frau und Kind wortlos von hinten genähert und sie auf das Gleis gestoßen haben. Was bewegt einen Menschen dazu so etwas zu tun?
Reinhard Kreissl: Solche Taten haben meist einen psychiatrisch aufzuklärenden Hintergrund, sie sind Folge einer Persönlichkeitstörung. Der Täter wird sehr wahrscheinlich im Maßnahmenvollzug landen.

Was könnte ein Motiv sein?
Motive sind eher im Bereich von Wahnvorstellungen zu suchen.

»Die meisten Mörder berichten, dass sie von der Handlung selbst keine Erinnerung mehr habe«

Niemand wird über Nacht zum Mörder. Kann man sagen, was hinter solch einer Entwicklung steckt?
Hinter solchen Entwicklungen steckt meist eine Geschichte von Enttäuschungen, Missachtung und fehlender Anerkennung. Oft ziehen sich solche Menschen immer weiter in sich zurück, verlieren soziale Kontakte und werden zu Einzelgängern, die in ihrer eigenen Welt leben. Isolation und fehlende positive Kontakte verstärken den Prozess dann

Ist dem Täter in solch einer Situation überhaupt bewusst, was er tut?
Die meisten Mörder berichten, dass sie von der Handlung selbst keine Erinnerung mehr haben. Affekttaten gehen oft Hand in Hand mit einem Blackout und geschehen in der Situation ganz automatisch. Kaltblütig geplanten Morde sind eher selten und um einen solchen dürfte es sich hier auch nicht handeln.

Die Mutter hat bei dem Vorfall ihren Sohn verloren. Wie kann man solch eine traumatische Situation, solch einen Verlust verarbeiten?
Es gibt psychologische Traumaberatung; aber letztlich sind solche Verluste wohl kaum wirklich ohne seelische Narben zu verarbeiten.

Lesen Sie auch: Sicherheitsdebatte nach Bahn-Attacke

Vor wenigen Wochen hat es einen ähnlichen Fall in Nordrhein-Westfalen gegeben, der mutmaßliche Täter soll im Juli eine 34-jährige Mutter vor einen Zug geschubst haben. Besteht die Gefahr von Nachahmungstaten?
Nachahmungstäter kann es immer geben, aber auch hier gilt: alles, was sich im Bereich der psychiatrischen Störungen abspielt ist schwer zu kalkulieren. natürlich können sich Wahnvorstellungen auch anhand solcher Vorfälle entladen, die als Beispiel und Vorbild wirken, aber eigentlich ist das Problem der Nachahmungstäter eher weniger bedeutsam in solchen Konstellationen.

»Gegen solche Vorfälle kann man sich nicht schützen«

Nach der Tat wird der Ruf nach Sicherheitsvorkehrungen laut. Welche Maßnahmen sind sinnvoll? Kann man sich vor solch einer Attacke überhaupt schützen?
Gegen solche Vorfälle kann man sich nicht schützen - sie sind selten, unberechenbar und folgen keiner vorhersehbaren (oder frühzeitig erkennbaren) Logik. Sinnvoll ist es, technische Maßnahmen an Bahngleisen zu treffen, etwa wie in manchen U-Bahnen Barrieren mit Schleusen, die sich öffnen wenn der Zug eingefahren ist, oder aber eine gute gemeindenahe psychiatrische Versorgung, um die Gefahr der Entstehung solcher Konstellationen wie sie hier vermutlich zugrunde liegen, zu verringern. Frühzeitige, niedrigschwellige, nachgehende Versorgungsmaßnahmen können das Risiko, dass sich Persönlichkeitsstörungen in dieser Art entladen, verringern.

Kommentare

Pauline Obermayr

Ich hoffe es wird so verfahren als wäre er Deutscher.
Ich empfehle einfach das Buch von Friedrich Orter-Aufwachen!

Was braucht man da diskutieren? Da gibt es nur: Raus aus dem Land,lebenslänglich oder die Todesstrafe! Aber vielleicht kommen jetzt die wahnsinnigen Psychologen!

peter lüdin

"Ein Eritreer, der seit 13 Jahren im Kanton Zürich wohnt"
Von was lebte dieser Täter in der Schweiz seit 13 Jahren? Sozialhilfe?

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