"Umweltpaket" beschlossen

Die dritte Säule der Aarhus-Konvention der EU, die 2005 von Österreich ratifiziert wurde, wird in den ausstehenden Umweltmaterien des Bundes im Bereich Wasser, Luft und Abfall durch das im Ministerrat beschlossene "Umweltpaket" umgesetzt.

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Kritik von SPÖ und NGOs gab es an der angekündigten Beschleunigung von Umweltverträglichkeitsprüfungen, die das Paket konterkarieren würde.

Was die Umsetzung der Konventin bedeutet

Die Umsetzung der Konvention bedeutet einen besseren Zugang von Umweltschutz-NGOs zu Gerichten, den diese in den vergangenen Jahren mehrfach eingefordert hatten. Dem stehe jedoch der laut "Standard" geplante Verfahrens-Automatismus gegenüber, der kommende Woche im Rahmen des Standortentwicklungsgesetzes beschlossen werden soll, hieß es in einer Aussendung des Umweltdachverbands. "Damit wird das, was jetzt an politischen Anstrengungen seitens des Nachhaltigkeitsministeriums hinsichtlich der sukzessiven Herstellung der Aarhuskonformität unternommen wird, völlig konterkariert", sagte dessen Umweltrechtsexpertin Barbara Weichsel-Goby.

Die EU-Kommission hat 2014 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich wegen der mangelnden Umsetzung der Konvention eröffnet, soweit die NGO-Beteiligung betroffen ist. Die Kritik der EU soll damit laut Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) nun "ausgeräumt" sein. "Diese effektivere Beteiligung wird jedoch mit dem Standortentwicklungsgesetz, das einen Verfahrensautomatismus beinhaltet ausgehebelt", bemängelte auch SPÖ-Umweltsprecher Klaus Feichtinger. Dieser Automatismus sei ein Anschlag auf rechtsstaatliche Grundprinzipien. Greenpeace und Umweltdachverband bezeichneten den kolportierten Entwurf des Standortentwicklungsgesetzes als verfassungs- sowie europarechtswidrig.

Regierung kündigt Beschleunigung von UVP an

Die Beschleunigung von Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) haben ÖVP und FPÖ im Regierungsprogramm angekündigt. Laut einer im Vorfeld des Ministerrats verteilten Zusammenfassung des aktuellen Gesetzespaketes wird u.a. die Möglichkeit für die zuständige Behörde angekündigt, "entscheidungsreife" Ermittlungsverfahren in der mündlichen Verhandlung zu schließen. Außerdem sollen Beweisanträge nur bis zur mündlichen Verhandlung möglich sein.

In weiterer Folge ist laut einem Bericht des "Standard" außerdem im Standortentwicklungsgesetz vorgesehen, bestimmte große Projekte automatisch zu genehmigen, wenn die Umweltverträglichkeitsprüfung länger als neun Monate dauert. Umweltministerin Köstinger wollte darauf am Mittwoch vor dem Ministerrat nicht eingehen und verwies auf den geplanten Beschluss in der kommenden Woche. Zuständig dafür ist Wirtschaftsministerin Margarethe Schramböck (ÖVP), die beim Ministerrat nicht vor die Medien trat.

Nachträglichen Beschwerdemöglichkeit für Umwelt-NGOs

Die Umsetzung der Aarhus-Konvention bedeutet laut Ministerium beim Abfallwirtschaftsgesetz (AWG) die Einräumung einer nachträglichen Beschwerdemöglichkeit für anerkannte Umwelt-NGOs bei der Genehmigung und wesentlichen Änderung von Behandlungsanlagen (IPPC-Anlagen, Seveso-Betriebe). Bei der Änderung des Immissionsschutzgesetzes Luft (IG-L) können künftig unmittelbar von Grenzwertüberschreitungen betroffene Personen und anerkannte NGOs die Erstellung, Evaluierung und Umsetzung von Luftqualitätsplänen gerichtlich überprüfen lassen.

Und auch im Rahmen des Wasserrechtsgesetz (WRG) erhalten die NGOs Beteiligungs- und Anfechtungsrechte im Zusammenhang mit wasserrechtlichen Genehmigungsverfahren. Bei erheblichen Auswirkungen eines Vorhabens auf den Gewässerzustand kommt ihnen eine Beteiligtenstellung im Verfahren und ein Anfechtungsrecht des verfahrensabschließenden Bescheides zu.

Anschober sieht "Anschlag auf die Umwelt"

Der oö. Umweltlandesrat Rudi Anschober (Grüne) hat am Mittwoch die von der Bundesregierung geplante Regelung, bestimmten Projekten nach neun Monaten UVP automatisch eine Genehmigung zu erteilen, als "Anschlag auf die Umwelt und auf Beteiligungsrechte" bezeichnet. Die Bearbeitungszeit für Betriebsanlagenverfahren liege in Oberösterreich ohnehin weit darunter.

Seit dem Jahr 2000 sei die Verfahrensdauer von 62 auf 39 Werktage verkürzt worden, rechnete Anschober vor. Ziehe man noch die Wartezeit der Behörden ab, die durch vom Projektwerber nicht vollständig oder nicht korrekt eingereichte Unterlagen entstehen, komme man auf eine Bearbeitungszeit von 20 Werktagen. Die Zivilgesellschaft müsse weiterhin ausreichend Gehör bei Großprojekten bekommen, forderte er, "ansonsten wären ein AKW Zwentendorf und ein Kraftwerk in der Hainburger Au heute Wirklichkeit".

Wirtschaftskammer erfreut über UVP-Beschleunigung

Die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) begrüßt das heute im Ministerrat beschlossenen "Umweltpaket". "Die Beschleunigung von Umweltverträglichkeitsprüfungen ist ein ganz wichtiger Schritt in Richtung Standortsicherung", so WKÖ-Umweltexperte Stephan Schwarzer am Mittwochnachmittag in einer Aussendung.

380-kV-Salzburgstromleitung, Westspange Linz, Lobautunnel, Semmeringtunnel, Flughafenausbau und Wasserkraftwerke seien Beispiele für besonders lange Verfahrensdauern. "Die Verzögerungen treiben die Kosten der Projekte ohne Nutzen für die Umwelt in die Höhe", so Schwarzer. Ziel müsse die Einhaltung der gesetzlichen Zeitlimits sein.

Der Entwurf für das Standortentwicklungsgesetz, der demnächst in Begutachtung gehen soll, sieht laut Medienberichten vor, dass ein solches Vorhaben automatisch genehmigt ist, wenn die 9-monatige UVP-Frist und der 6-monatige Instanzenzug enden.

Kritik von Grünen

"Die schwarz-blaue Regierung hat sämtliche Umweltinteressen und auch die BürgerInnenrechte komplett entsorgt", kritisierte der Umweltsprecher der Grünen Wien, Rüdiger Maresch, in einer Aussendung. Die geplante Regelung sei "aller Voraussicht nach auch nicht mit dem EU-Recht vereinbar", so die Einschätzung von Maresch.

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