Alte Gesetze sollen
entrümpelt werden

Nachdem die Regierung gestern die nächsten großen Reformprojekte vorstellte, geht es beim heutigen Ministerrat unter anderem um die Entrümpelung alter Gesetze.

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Justizminister Josef Moser will sämtliche Gesetze, die vor dem Jahr 2000 erlassen wurden, prüfen. Jene, die nicht mehr gebraucht werden, sollen gestrichen werden. So viel zur geplanten Rechtsbereinigung. Außerdem präsentiert Infrastrukturminister Norbert Hofer im heutigen Ministerrat die Strategie zum Ausbau der 5G-Mobilfunktechnologie. Bis zum Jahr 2025 soll schnelles Internet in ganz Österreich verfügbar sein. Die Kosten liegen bei rund zehn Milliarden Euro.

Hälfte der Rechtsvorschriften streichen

Die Regierung will überflüssig gewordene, veraltete Rechtsvorschriften abbauen und schickt am Freitag ein entsprechendes "Bundesrechtsbereinigungsgesetz" in Begutachtung. Die Hälfte der rund 5.000 Rechtsvorschriften soll damit außer Kraft treten, erklärte Justizminister Josef Moser (ÖVP) am Mittwoch vor dem Ministerrat.

Einmal mehr zeigte sich Moser nach den Rücktrittsgerüchten der vergangenen Wochen und seiner Blutvergiftung voller Tatendrang. Gefragt, wie er dann Aussagen in Zeitungen gemeint habe, in denen er selbst seinen Rücktritt angedeutet hatte, betonte Moser, er habe immer gesagt, "ich bin da, um Reformen umzusetzen". "Wie Sie sehen, gehen die Reformen voran", meinte er. "Ich bin kein Sesselkleber, ich bin einer, der was tun will", bekräftigte er, und Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sei sein "Partner".

Mehr Bürgernähe und Transparenz

Im Ministerrat am Mittwoch wurde laut Moser jedenfalls ein weiterer Schritt Richtung mehr Bürgernähe und Transparenz beraten. Es geht um den Wegfall von Rechtsvorschriften, die "nicht mehr zeitgemäß" seien. Moser zog einen Vergleich zu einem Kleiderschrank, wie ihn jeder kenne: Auch bei den Rechtsvorschriften sei es so, "dass der Kasten voll ist und man das, was man benötigt, nicht findet".

Es sei "notwendig, überflüssigen Ballast abzuwerfen", um den Weg für weitere Reformschritte zu ebnen, heißt es im Ministerratsvortrag. Demnach sollen alle einfachen Bundesgesetze und Verordnungen des Bundes, die vor dem 1. Jänner 2000 kundgemacht wurden und noch als Bundesrecht in Geltung stehen, mit Ende des Jahres außer Kraft gesetzt werden - ausgenommen jene, die explizit in der Anlage zum "Bundesrechtsbereinigungsgesetz" aufgezählt werden. Welche Rechtsvorschriften betroffen sind, wurde in einem mehrstufigen Verfahren ermittelt, so mussten etwa die Ministerien einmelden, was verzichtbar ist und was sie behalten möchten.

Von insgesamt rund 5.000 Rechtsvorschriften sollen gut 2.500 Rechtsvorschriften außer Kraft treten, was einer Bereinigungsquote von ca. 50 Prozent entspricht. Von den insgesamt rund 1.600 Bundesgesetzen sollen mehr als 600 (ca. 40 Prozent) außer Kraft treten, von den rund 3.400 Verordnungen mehr als 1.800 (ca. 55 Prozent).

Als gegenstandslos wurde zum Beispiel ein Bundesgesetz aus dem Jahr 1990 "zur Durchführung von Bestimmungen des Abkommens zwischen Österreich und der Schweiz betreffend bestimmte Käsesorten und Käsefondue" gewertet. Keinen sinnvollen Anwendungsbereich mehr sieht man etwa auch beim Bundesgesetz "zur Vereinheitlichung und Vereinfachung der Bergrechtsbestimmungen im Burgenland" aus dem Jahr 1946.

Gesetzesentwurf soll am Freitag in Begutachtung gehen

Der Gesetzesentwurf soll am Freitag in eine fünfwöchige Begutachtung geschickt werden, die Frist endet am 1. Juni 2018.

Ein weiterer Schritt soll etwa eine Initiative sein, Regelungen zu beseitigen, die EU-Vorgaben unnötigerweise übererfüllen (Gold-Plating). Bis 15. Mai können Ministerien und Interessensvertreter melden, wo es Übererfüllungen gibt. Abschaffen will Moser Artikel 12 in der Verfassung, wo es um gewisse Kompetenzen von Bund und Ländern geht - diese sollen klarer verteilt werden. Der Minister hofft, hierzu im zweiten Halbjahr Schritte setzen zu können. Mit dem Ziel, Gesetze einfacher lesbar zu machen, soll etwa das Einkommenssteuergesetz neu kodifiziert werden.

Regierung verteidigt Vorgehen bei Mindestsicherung

Vertreter der Bundesregierung haben die forsche Vorgehensweise bei ihren Reformvorhaben Sozialversicherung und Mindestsicherung verteidigt. Bei ersterer müsse die Leistung für die Versicherten im Vordergrund stehen, bei letzterer hätte das Warten auf eine Länder-Einigung zu lange gedauert, hieß es von ÖVP- und FPÖ-Seite.

Angesprochen auf die offenbar von Regierungsseite lancierten Vorwürfe gegen die Sozialversicherungsträger erinnerte Justizminister Josef Moser (ÖVP) an bereits in seiner Zeit als Rechnungshof-Präsident in einem Bericht geäußerte Kritikpunkte bezüglich finanzieller Rückstellungen der Kassen. Dass hier eine Neiddebatte befeuert werde, ließ er nicht gelten, man wolle Österreich neu gestalten.

Leistung müsse bei Kassen im Vordergrund stehen

Es gehe bei den Kassen darum, dass nicht die Struktur, sondern die Leistung im Vordergrund stehen müsse. Mit Details hielt sich Moser dabei nicht auf: "Österreich ist zu klein, um 22 Sozialversicherungsträger zu haben", sagte er - und ignorierte damit den Umstand, dass es inzwischen nur noch 21 sind.

Bei der Mindestsicherung stehe im Vordergrund, dass man "endlich eine Lösung" finde, betonte Moser. Ganz ähnlich argumentierte im Pressefoyer nach der Regierungssitzung FPÖ-Infrastrukturminister und Regierungskoordinator Norbert Hofer. Das Warten auf einen einheitlichen Vorschlag der Länder hätte länger gedauert, "deshalb ziehen wir es umgekehrt auf". Das Ziel sei, dass jenen geholfen werde, die sich selbst nicht helfen könnten. "Aber die Mindestsicherung soll kein Anreiz sein, sich auf die Reise nach Österreich zu machen."

Bezüglich der Sozialversicherung betonte Hofer, dass bei der Sozialpartnerschaft "überhaupt nichts ausgehebelt" werde. Es gehe aber darum, Abläufe zu straffen und neu zu organisieren und die Zahl der Organisationseinheiten zu reduzieren. Er sei überzeugt, dass man einen guten Weg finden werde, "auch in Diskussion aller Beteiligter". Mit Privilegien der Sozialversicherungsfunktionäre habe er sich nicht auseinandergesetzt, so der FP-Minister. Wichtig sei die Entlastung der Steuer- bzw. Beitragszahler, ohne dass Leistungen gekürzt würden.

Regierung will wichtige Projekte beschleunigen können

Des Weiteren beschäftigt sich der Ministerrat mit einem Standortentwicklungskonzept, das Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) vorlegt. Ein Hauptpunkt dabei ist das Standortentwicklungsgesetz, das es der Regierung künftig ermöglichen soll, für den Wirtschaftsstandort wichtige Projekte per Verordnung zu beschleunigen, erklärte Schramböck im ORF-"Morgenjournal".

"Ein Stadttunnel in Feldkirch würde darunter fallen, die viel besagte dritte Piste, aber auch Projekte wie Universitäten und Infrastrukturprojekte, wo wir wirklich schneller werden müssen", sagte Schramböck. Wie die Projekte beschleunigt werden sollen, ohne dass es zulasten der Umwelt oder der Bürgerbeteiligung geht, erklärte Schramböck vorerst nicht. Man werde die Bürger weiterhin einbinden, "und auch das Thema Umwelt, das geht auf Augenhöhe, nicht das eine über dem anderen".

Wirtschaft als Staatsziel in der Verfassung verankern

Geplant ist, dass Minister und Ländervertreter zu standortrelevanten Vorhaben gehört werden können, ein Expertengremium soll Empfehlungen abgeben. Die Sozialpartner sollen in diesem Expertengremium nicht vertreten sein, berichtet "Die Presse" am Mittwoch. Zweimal pro Jahr soll überprüft werden, ob ein Vorhaben im Interesse der Republik ist - wenn ja, soll die Regierung per Verordnung diverse Verfahren beschleunigen können. Das Standortentwicklungsgesetz soll am 1. Jänner 2019 in Kraft treten.

Darüber hinaus will die Regierung die Wirtschaft als Staatsziel in der Verfassung verankern. Wie die Koalitionsparteien die dafür notwendige Zweidrittelmehrheit erreichen können, ist derzeit unklar. SPÖ und Liste Pilz lehnen das Vorhaben ab, die Neos wollen als Bedingung ein breitgefasstes Wirtschaftspaket.

5G-Strategie für Österreich verabschiedet

Die Bundesregierung ihre 5G-Strategie für Österreich verabschiedet. Infrastrukturminister Norbert Hofer (FPÖ) beschwor danach im Pressefoyer einen "nationalen Schulterschluss" für den Ausbau der fünften Generation des mobilen Internets. Es gehe um Investitionen von bis zu 10 Mrd. Euro.

»Wir wollen 5G-Vorreiter in der Europäischen Union sein«

"Wir wollen 5G-Vorreiter in der Europäischen Union sein", betonte Hofer: "Digitalisierung wird ohne 5G nicht möglich sein." Die Ausbauziele seien ambitionierter als jene, die die EU vorgebe. Ein Sprecher Hofers sah darin auf APA-Anfrage keinen Widerspruch zum Kampf gegen das "Golden Plating" von Unionsvorgaben, dem sich die türkis/schwarz-blaue schwerpunktmäßig widmen will.

Die neue Technologie werde wesentliche technische Verbesserungen, eine höhere Gerätedichte, eine geringere Latenzzeit und eine höhere Energieeffizienz bringen. Für investierende Unternehmen wolle man Rechtssicherheit herstellen, betonte Hofer.

"Masterplan für Tourismus"

Die Regierung strebt nach der Umsatzsteuersenkung auf Nächtigungen von 13 auf 10 Prozent weitere Verbesserungen für die Tourismusbranche an. Die Erarbeitung eines "Masterplans für Tourismus" wurde heute beschlossen. Für die Ausarbeitung will man sich zehn Monate Zeit nehmen, wie Ministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) vor der Regierungssitzung sagte.

In diesem Masterplan wolle man den Tourismussektor "ganzheitlich betrachten", kündigte Köstinger an. Die Themen reichen von Kulinarik über Digitalisierung bis zu Verbesserungen bei der Erfolgsmessung. In den Prozess sollen alle Interessensgruppen eingebunden werden.