Der endlose
Fall

Das, woran die Liste Pilz laboriert, stärkt nicht das Immunsystem und es geht nicht mehr oder weniger von selber weg.

von Anna Gasteiger © Bild: News/Ricardo Herrgott

Peter Pilz spricht gerne von "Kinderkrankheiten", wenn er die Schwierigkeiten beim Aufbau seiner Partei beschreibt. Das ist nicht nur insofern ein schiefes Bild, als die Kleinen im Unterschied zur Liste Pilz auch mit Fieber und Ausschlag noch irgendwie süß sind, es ist auch eine massive Fehldiagnose. Das, woran die Liste Pilz laboriert, stärkt nicht das Immunsystem und es geht nicht mehr oder weniger von selber weg. Es - er - bleibt. Und bleibt. Und bleibt.

Montagabend, Sommergespräch im ORF und das merkwürdige Gefühl, in einer Zeitschleife gefangen zu sein. Pilz spricht über die alten Missbrauchsvorwürfe. Er tut es mit denselben Worten, demselben Tonfall und demselben Gesichtsausdruck, wie er es seit einem Jahr tut. Die Chance, die ihm die Moderatoren einräumen - eine neue Erzählung auf den Trümmern der Vergangenheit aufzubauen, das Publikum zu überzeugen, zu überraschen oder zur Not halt zu rühren -, verstreicht bemerkenswert ungenützt. Man muss kein Meister der Empathie sein, um zu erkennen: Da tut sich nichts. Dieser Mann fühlt sich im Recht. Punkt. Und ist dann auch noch so unhöflich, Nadja Bernhard anzufauchen. Nadja Bernhard ausgerechnet, Nachrichten-Ikone und Ausbund an Küniglberg'scher Integrität! Mindestens das wird ihn an diesem Abend viele Sympathiepunkte gekostet haben.

Frisch in die Zukunft? Überzeugender Neustart vor 600.000 Fernsehzuschauern? Leider Fehlanzeige. Maria Stern, die nächste Woche offiziell die Funktion der Parteichefin übernimmt, wollte das Sommergespräch nicht absolvieren, ließ Pilz wissen. Einen neuen Parteinamen werden es erst in einigen Monaten geben. Pilz drauf, Pilz drin. Einstweilen more of the same.

Ob das gut geht, wenn man angesichts dramatischer Umfragewerte von "gut" überhaupt sprechen kann, ist eine andere Frage.

Pilz ist als Gründer und Zugpferd seiner Liste unverzichtbar -oder hält sich zumindest dafür -, zugleich häufen sich Äußerungen (ehemaliger) Mitarbeiter, die Pilz als deren größtes Problem identifizieren. Er sei kein guter Parteichef, kritisierte Tierschutzsprecher Sebastian Bohrn-Mena, kurz darauf wurde er aus dem Klub entlassen. Ex-Klubobmann Peter Kolba beschrieb Pilz vor einigen Wochen im News-Interview als "wirklich guten Parlamentarier" aber schlechten Organisator, der durch "gnadenlose Selbstinszenierung wahnsinnig gut in den Medien rüberkommt". Nun ja, Letzteres darf inzwischen amtlich bezweifelt werden.

Pilz in die U-Ausschüsse, Stern - auch sichtbar! - an die Spitze der Partei. So kann es vielleicht gehen. Die Partei braucht dringend eine neue Erzählung als jene vom raschen Aufstieg und endlosen Fall des Listen-Alter- Egos Peter Pilz.

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