Unabhängigkeitsbefürworter
zum Präsidenten gewählt

Erster Sieg für Nationalisten bei konstituierender Sitzung

Der Unabhängigkeitsbefürworter Roger Torrent wurde am heutigen Mittwoch vom neuen katalanischen Regionalparlament zum Parlamentspräsidenten gewählt.

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Katalonien - Unabhängigkeitsbefürworter
zum Präsidenten gewählt

Das Lager der Unabhängigkeitsbefürworter im neuen katalanischen Regionalparlament hat am Mittwoch erste Siege errungen. Mit dem Politikwissenschaftler Roger Torrent von der Republikanischen Linken Kataloniens (ERC) wählte es einen der ihren zum Parlamentspräsidenten. Außerdem kontrollieren die Unabhängigkeitsbefürworter das Parlamentspräsidium.

Problematische Wiederwahl Puigdemonts

Als nächsten Schritt wollen sie den von Madrid abgesetzten Regionalpräsidenten Carles Puigdemont wieder in sein Amt wählen. Damit ist der Konflikt mit der spanischen Zentralregierung vorprogrammiert. In der konstituierenden Sitzung in Barcelona stimmten 65 der 135 Abgeordneten für Torrent, den 38-jährigen Bürgermeister des Dorfs Sarria de Ter nahe der Stadt Girona. 56 Abgeordnete stimmten gegen Torrent, acht Abgeordnete der ursprünglichen Bewegungspartei Catalunya en Comu-Podem enthielten sich der Stimme.

Acht Unabhängigkeitsbefürworter im Gefängnis oder im Exil

Die Unabhängigkeitsbefürworter verfügen im Parlament in Barcelona über 70 Abgeordnete. Acht von ihnen konnten nicht an der Abstimmung teilnehmen, weil sie sich entweder im Gefängnis oder im Exil befinden. Für die drei in spanischer Untersuchungshaft sitzenden Abgeordneten durften allerdings nach einer entsprechenden Gerichtsentscheidung deren Nachrücker abstimmen.

Wahl Torrents ist Ergebnis eines Pakts

Die Wahl Torrents ist das Ergebnis eines Pakts zwischen den Linknationalisten der Esquerra Republicana de Catalunya (ERC) und dem Mitte-rechts-Bündnis des von Madrid abgesetzten katalanischen Regionalpräsidenten Carles Puigdemont, Junts per Catalunya (JxCat, Gemeinsam für Katalonien). Teil des Pakts ist zudem die Wahl Puigdemonts zum Regionalpräsidenten.

Die Unabhängigkeitsbefürworter errangen zudem vier der sieben Sitze im Parlamentspräsidium. Dieses Gremium entscheidet darüber, ob der im belgischen Exil lebende Puigdemont per Videoschaltung in sein Amt eingeführt werden kann.

Widerstand der spanischen Regierung

Der rechtskonservative spanische Regierungschef Mariano Rajoy erklärte wiederholt, dass er die Wiedereinführung Puigdemonts in sein Amt von Brüssel aus auf keinen Fall dulden werde. Die spanischen Behörden werden in diesem Fall das Verfassungsgericht anrufen, das Puigdemonts Amtseinführung aller Wahrscheinlichkeit nach blockieren wird. In diesem Fall wird die spanische Zentralregierung weiter die direkte Kontrolle über Katalonien ausüben.

Katalanen " erniedrigt und bestraft"

Der ERC-Abgeordnete Ernest Maragall eröffnete die Parlamentssitzung mit einer Brandrede gegen den spanischen Staat. Er warf ihm vor, die Katalanen "zu erniedrigen und zu bestrafen". Die Oppositionsführerin Ines Arrimadas, Chefin des katalanischen Ablegers von Spaniens wirtschaftsliberaler Partei Ciudadanos (Bürger), entgegnete, die feierliche Konstituierung des Parlaments sei keine ERC-Veranstaltung.

Bei der von Madrid angeordneten vorgezogenen Regionalwahl am 21. Dezember hatte das Lager der Unabhängigkeitsbefürworter seine absolute Mehrheit im Parlament verteidigt. Stärkste Fraktion wurde allerdings Arrimadas' Bürgerpartei.

Amtesenthebung der Regionalregierung

Die Zentralregierung hatte am 27. Oktober die direkte Kontrolle über Katalonien übernommen und die von Puigdemont geführte Regionalregierung ihres Amtes enthoben, nachdem das Parlament in Barcelona Kataloniens Unabhängigkeit erklärt hatte. Puigdemont und vier seiner Minister waren nach ihrer Absetzung ins belgische Exil geflohen. Sie werden in Spanien wegen "Rebellion, Aufruhr und Unterschlagung öffentlicher Mittel" mit Haftbefehl gesucht. Rebellion kann in Spanien mit bis zu 30 Jahren Gefängnis bestraft werden, Aufruhr mit bis zu 15 Jahren.

Bei einem von Madrid verbotenen und mit massiver Polizeigewalt behinderten Unabhängigkeitsreferendum am 1. Oktober hatten 90 Prozent der Teilnehmer für eine Unabhängigkeit von Spanien gestimmt. Allerdings nahmen nur 43 Prozent der Wahlberechtigten an dem vom spanischen Verfassungsgericht für illegal erklärten Referendum teil.

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