Karfreitag als halber Feiertag:
Experten diskutieren Details

Schramböck versteht Bedenken des Handels

Experten diskutieren laut Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck am Mittwochnachmittag Details für die künftige Ausgestaltung des halben Feiertags am Karfreitag.

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Karfreitag - Karfreitag als halber Feiertag:
Experten diskutieren Details

Vor dem Ministerrat betonte sie, man habe eine Lösung gefunden, die sich möglichst am Status Quo orientiere und räumte ein, dass der halbe Feiertag für den Handel eine Herausforderung darstellt.

Rechtssicherheit herstellen

Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) - über das man "nicht glücklich" sei - sei es notwendig gewesen, Rechtssicherheit herzustellen und recht zeitnah eine Lösung zu finden. Die nun gefundene gelte bereits heuer, betonte die Ministerin. Details sind aber noch offen, und diese sollen Experten am Nachmittag besprechen.

Passend dazu: Kirche und Arbeitnehmer zu halbem Feiertag skeptisch

Auf die Frage, ob Geschäfte dann etwa nur noch bis 14 Uhr offen haben könnten, verwies Schramböck auf eben diese Gespräche, sieht das komplette Schließen aber nicht als Alternative. Vielmehr stellte sie ein Konstrukt für den Handel ähnlich zum 8. Dezember oder aber zur Samstagsregelung in Aussicht.

Schramböck verweist auf viele Feiertage

Die Ministerin verwies auch auf die hohe Zahl an Feiertagen in Österreich (13) und meinte, der freie Tag für Evangelische am Karfreitag sei bisher nie ein Thema gewesen. Auch ob es den von der Wirtschaft geforderten finanziellen Ausgleich geben wird, ließ die Wirtschaftsministerin offen, ließ jedoch wissen: "Es hätte auch ein ganzer Tag sein können." Ziel müsse aber immer ein möglichst geringer Arbeitsplätzeverlust sein.

Dicke Luft nach Ministerrat

Für schlechte Stimmung hat am Mittwoch im Pressefoyer nach dem Ministerrat der Koalitionskompromiss zum Karfreitag gesorgt. Konkret war es Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP), der sich über das Nachhaken eines Journalisten verärgert zeigte. Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) wiederum meinte, er würde sich dagegen wehren, gesetzliche Feiertage für Muslime einzuführen.

Blümel wurde daran erinnert, dass er der Evangelischen Kirche eine Lösung in Aussicht gestellt hatte, die niemandem etwas wegnehme. Weil diese nun aber wie alle anderen am Karfreitag erst ab 14 Uhr freibekommen wollten, wurde der Minister gefragt, ob die Menschen evangelischen Glaubens denn "niemand" seien.

Blümel ärgert sich über "absurde" Frage

Blümel reagierte verstimmt. "Diese Frage ist doch absurd", sagte er. Man sei mit der ursprünglichen Regelung sehr zufrieden gewesen. Nach dem EuGH-Urteil habe man Rechtssicherheit angestrebt und eine Lösung geschaffen, die möglichst nahe an der ursprünglichen Lösung geblieben sei.

Als Blümel dennoch erneut an die Kritik des evangelisch-lutherischen Bischof Michael Bünker erinnert wurde, sprang Hofer für ihn in die Bresche. Blümel habe alles getan, um einen guten Kompromiss zu finden, betonte er.

Im Übrigen habe Bischof Bünker auch muslimische Feiertage in Österreich gefordert. "Ob das absurd ist oder nicht, soll jeder selbst beurteilen", meinte Hofer. Er selbst und die Österreicher hätten mit so etwas keine große Freude, zeigte sich der FPÖ-Regierungskoordinator überzeugt.

Arbeitsrechtler sehen rechtliche Probleme

Arbeitsrechtler haben hinsichtlich der Pläne, am Karfreitag einen "halben" Feiertag für alle einzuführen, rechtliche Bedenken. "Die Kollektivvertrags-Autonomie ist verfassungsrechtlich gewährleistet, auch durch die Grundrechtecharta gewährleistet", sagte etwa Arbeitsrechtler Franz Marhold von der Wirtschaftsuniversität Wien zur APA. Er habe Bedenken, wenn der einfache Gesetzgeber in konkrete Kollektivvertrags-Regelungen eingreift, sagte Marhold. "Die gesetzliche Regelung kann nicht den Kollektivvertrag schlagen", betonte er.

Sollte die Regierung ihre Pläne durchziehen, so würde die Problematik vor den Arbeitsgerichten landen. "Und wenn das Arbeitsgericht verfassungsrechtliche Bedenken hat, legt es dann die Fälle dem Verfassungsgerichtshof vor." Er gehe davon aus, dass ein rechtliches Vorgehen gegen derartige Bestimmungen Erfolg haben würde, so Marhold. Letztendlich würden die Fälle beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte landen, denn die Kollektivvertragsfreiheit sei im Art. 11 der europäischen Menschenrechtskonvention verankert, ebenso in der EU-Grundrechtecharta (wofür wiederum letzten Endes der Europäische Gerichtshof zuständig wäre).

Freilich könne der Gesetzgeber sagen, die Differenzierung in den Kollektivverträgen zwischen den einzelnen Religionszugehörigen sei unzulässig. "Welche Rechtsfolge sich daraus ergibt - weg mit dem Karfreitag für die Evangelen oder Feiertag für alle - das obliegt den Kollektivvertragspartnern."

Probleme ortet auch der Arbeitsrechtler Wolfgang Mazal: "Die (geplante, Anm.) Regelung ist juristisch sehr komplex und politisch problematisch, weil sie viel Unzufriedenheit auslöst", sagte er laut einem Bericht des Ö1-"Mittagsjournals".

Marhold plädiert als Lösung einmal mehr für einen Abtausch: "Gebt den Karfreitag allen (als Feiertag, Anm.) und spart den 26. 12. ein." Beide Termine liegen in den Schulferien, darüber hinaus stehe der 26. Dezember nicht im Konkordat.

Erneut Kritik von ÖGB, AK und FCG

Arbeiterkammer, Gewerkschaft und die Opposition haben am Mittwoch erneut Kritik an der von der Regierung geplanten Neuregelung zum Karfreitag geübt. AK-Präsidentin Renate Anderl verwies in einer Aussendung auf "viele rechtliche Probleme" , die sich noch ergeben würden, denn es gebe keine halben Feiertage im System des österreichischen Arbeitsrechts.

So stelle sich etwa die Frage, was passiere, wenn man den ganzen Karfreitag freihaben will, so Anderl. "Da an Feiertagen kein Urlaubsverbrauch stattfinden darf, wäre man darauf angewiesen, dass der Arbeitgeber dem Verbrauch von Zeitguthaben zustimmt", so die AK-Präsidentin. Habe man kein Zeitguthaben, dann sei ein freier Karfreitag "im Gegensatz zu bisher eigentlich nicht möglich". Eine neue Gleichheitswidrigkeit könnte laut Anderl u.a. bei Schichtdienst oder anderer Lage der Arbeitszeit stecken. "Menschen, die planmäßig Frühdienst haben, oder in Teilzeit nur am Vormittag arbeiten, wären schlechter gestellt, als Menschen, die am Nachmittag Dienst hätten."

Kritik kam auch von der Fraktion der Christgewerkschafter: "Die nunmehr verordnete völlig unheilige Karfreitagslösung der Regierung bringt mehr Probleme als sie löst", erklärte Fritz Pöltl, FCG-ÖAAB-Spitzenkandidat bei der kommenden Wiener AK-Wahl. "Nicht nur, dass die völlig überzogene Forderung nach dem Gleichheitsgrundsatz nunmehr Beschäftigte mit einem evangelischen oder altkatholischen Religionsbekenntnis sogar schlechter stellt als davor, würden nun in den Lohnverrechnungen noch zusätzlich ungeahnte Probleme entstehen", meinte er.

"Die Details der Halbfeiertagslösung müssen in Kollektivverträgen grundsätzlich festgelegt werden", forderte Pöltl. Es sei "notwendig, dass der Karfreitag in allen Kollektivverträgen als ganzer Feiertag festgelegt wird, wie dies in einigen Branchen schon der Fall ist".

Auswirkungen auf Gesundheitssystem

Die Halbfeiertags-Regelung der türkis-blauen Bundesregierung für Karfreitag wird Auswirkungen auf Hunderttausende Österreicher auch in Gesundheitsfragen haben. Die rund 1.400 öffentlichen Apotheken werden um 14.00 Uhr - bis auf die Bereitschaftsdienste - zusperren. Viele Arztordinationen dürften dann schließen, weil sonst für die Angestellten - bei "Wochentags-Kassenhonoraren" - mehr zu zahlen wäre.

"Ausdiskutiert haben wir das noch nicht. Aber wir wissen, dass Kollegen am Samstag oder am Sonntag ihre Ordinationen nicht so gern öffnen, weil sie dann bei gleichen Kassenhonoraren (wie unter der Woche; Anm.) ihren Angestellten mehr zahlen müssen", sagte am Mittwoch der Präsident der Österreichischen Ärztekammer, Thomas Szekeres. Ähnlich äußerte sich auch der Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte in der Österreichischen Ärztekammer, Johannes Steinhart: "Es geht um das Personal."

Freitagnachmittag haben in Österreich viele Facharztpraxen nicht offen. In Wien wurden ehemals von der Gebietskrankenkasse Verträge für Hausärzte nur vergeben, wenn diese auch Freitagnachmittag Ordinationszeiten anbieten. Eine Wiener Kassenärztin erklärte Mittwochfrüh, als sie überlegte, wie sie sich mit ihrer Ordination verhalten sollte: "Ich hätte am Freitag offiziell - länger ist es sowieso regelmäßig - von 14.00 Uhr bis 16.00 Uhr Ordination. Das wäre natürlich auch so am kommenden Karfreitag." Mit dem Anbrechen des halben Feiertags wie von der Regierung vorgesehen um 14.00 Uhr könnte sie die Ordination also gar nicht erst aufsperren und auf den Ärztefunkdienst 141 verweisen.

Für die rund 1.400 öffentlichen Apotheken in Österreich war die Sachlage am Mittwoch bereits klar - so die geplante Regelung wirklich kommt. "Ab 14.00 Uhr gibt es den Apotheken-Bereitschaftsdienst - wie ab Samstagmittag oder an Wochenende. Die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln ist damit sichergestellt", erklärte eine Sprecherin der Österreichischen Apothekerkammer. Freilich, jene Patienten, welche dann eine Apotheke im Bereitschaftsdienst aufsuchen, werden die sonst am Wochenende geltenden Zuschläge zahlen müssen.

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