Kurz-Besuch bei Putin
sorgte für Irritationen

Eine gewisse Verwunderung hat der Anlass für das bereits vierte Treffen von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in diesem Jahr ausgelöst.

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Internationale Beziehungen - Kurz-Besuch bei Putin
sorgte für Irritationen

Für eine Ausstellungseröffnung "fährt kein Bundeskanzler nach Russland", meinte der Russland-Experte Gerhard Mangott. Die deutsche Nachrichtenagentur dpa schrieb: Die "engen Kontakte zwischen Russland und Österreich" sorgten "für Irritationen".

Österreich und die "Supermacht" Russland

Reziprozität sei den Russen wichtig, hieß es dazu in österreichischen Diplomatenkreisen. Und deswegen werde die Ausstellung, die im Juni im Kunsthistorischen Museum von Putin, Kurz und Bundespräsident Alexander Van der Bellen eröffnet worden war, am Mittwochabend in der Eremitage in St. Petersburg unter Beisein von Putin und Kurz feierlich enthüllt.

Es ging um einen Gasdeal der OMV

Doch es gab freilich noch einen zweiten Anlass für die Reise nach St. Petersburg: Es ging um einen Gasdeal der OMV, was aus aktienrechtlichen Gründen vorher nicht bekanntgegeben werden durfte. Der österreichische Öl- und Gasriese will die geplante Beteiligung am Urengoy-Gasfeld der russischen Gazprom in Westsibirien kaufen. Der ursprünglich vereinbarte Anteilstausch mit der norwegischen OMV-Tochter scheiterte am Widerstand aus Oslo. Laut OMV-Chef Rainer Seele ermögliche das Feld eine Steigerung der Tagesproduktion um 20 Prozent auf jetziger Basis.

»Intensive Kontakte auf höchster politischer Ebene schaffen«

Für die Erreichung dieses "Basic Sale Agreements" war politisches Backing sicher von Vorteil. Putin formulierte es bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Kurz so: "Intensive Kontakte auf höchster politischer Ebene schaffen zweifellos die notwendige Atmosphäre für eine beidseitige Entwicklung der bilateralen Beziehungen." Kurz sagte, dass die Vereinbarung zwischen OMV und Gazprom "von beiderseitigem Vorteil" sei. Die stärkere Kooperation bedeute nicht nur Energiesicherheit für Österreich, "sondern Energiesicherheit für Europa".

Entspannung der Beziehungen zwischen Russland und der EU

Der Kanzler nutzte den bilateralen Anlass aber auch, um im Rahmen des österreichischen EU-Ratsvorsitzes für eine Entspannung der Beziehungen zwischen Russland und der EU zu werben. In Anspielung auf die Kunst, die den "Herrschern den Spiegel" vorhalte, was auch "unbequem und kritisch" sein könne, sprach er Putin an. Der ÖVP-Chef betonte, dass "wir trotz unterschiedlicher Ansichten in geopolitischen Fragen stets in Dialog miteinander treten können und mit Ehrlichkeit begegnen können".

»Russland ist ein großes Land, eine Supermacht und hat eine große Verantwortung«

"Russland ist meiner Meinung nach ein großes Land und eine Supermacht, hat eine große Verantwortung bei der Suche nach einer politischen Lösung in der Ukraine und in Syrien", ergänzte Kurz. Diese Worte hatte Putin vom Kanzler schon gehört. Er verzog entsprechend keine Miene. Als Kurz aber sagte, dass Österreich die EU-Sanktionen gegen Russland "als Reaktion auf die Völkerrechtsverletzung" mittrage, war von russischer Seite ein gequältes Husten zu hören. Auch die Forderung in Bezug auf das umstrittene Gaspipelineprojekt Nord Stream 2, wonach gleichzeitig "die Interessen der Ukraine als wichtiges Transitland gewahrt bleiben müssen", schienen Putin nicht so zu gefallen.

Putin über seine russische "Herangehensweise

Putin habe Kurz über die russische "Herangehensweise zur Beilegung des Konflikts in der Ukraine" informiert, berichtete der russische Präsident. Tatsächlich bewegt sich für eine Befriedung der Lage in der Ostukraine trotz aller ehrlicher Worte kaum etwas, bestätigen Diplomaten.

»Perspektiven für die Aktivierung des politischen Prozesses«

Bewegung scheint es dagegen in Syrien zu geben. Politische Beobachter erklärten, Putin meine es ernst mit der Ankündigung, ausländische Truppen nach einem Sieg über die Terrormiliz IS abzuziehen. Auch iranische Kämpfer, die vor allem Israel und den USA ein Dorn im Auge sind, seien mitgemeint, hieß es. Putin seinerseits sprach davon, "Perspektiven für die Aktivierung des politischen Prozesses" zu sehen.

Er bekannte sich auch zu der mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan vereinbarten Kooperation und Pufferzone in der Rebellenhochburg Idlib. Er habe "allen Grund zu glauben, dass wir alle Ziele erreichen, die wir uns gegeben haben, das bedeutet, dass keine großen militärischen Auseinandersetzungen dort stattfinden werden", sagte Putin. "Militärische Auseinandersetzungen brauchen wir nicht."

Putin zeigt sich optimistisch

Putin dürfte stark an einer Verbesserung der Beziehungen zu den USA interessiert sein. Der Abzug ausländischer Truppen scheint hier eine Art "Manövriermasse" zu sein, hieß es in Diplomatenkreisen. Der Grund könnte auch darin liegen, dass Sanktionen der USA Russland im Gegensatz zu den EU-Sanktionen "wirklich wehtun" können, meinte der Beobachter. Putin selbst appellierte an die Europäer, dem Druck auf Nord Stream 2 nicht nachzugeben. Er hoffe, dass Europa keine "Schwäche" zeige. "Wir gehen davon aus, dass dieses Projekt realisiert wird", sagte Putin.

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