Was heimisches
Superfood alles kann

Es müssen nicht die Chiasamen aus Südamerika oder die Gojibeere aus China sein: Auch hierzulande findet man Superfood, das der Bezeichnung mehr als gerecht wird. Den exotischen Varianten steht es in nichts nach.

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Made in Austria - Was heimisches
Superfood alles kann

Ernährung ist zu einer beinahe religiösen Angelegenheit geworden, in die ein Großteil der Bevölkerung viel Aufmerksamkeit und Geld zu investieren gewillt ist. Fast täglich präsentieren sich neue Mythen und Trends rund um das Thema Essen. Derzeit verspricht die Lebensmittelindustrie mit sogenanntem Superfood wahre Wunderheilungen.

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Dabei ist das exotische Superfood aus Asien und Amerika, zu dem unter anderem Goji-, Acai-und Aroniabeere, Chiasamen und Yacón zählen, oft gar nicht so super wie angepriesen. Reichhaltige Nahrungsmittel, die vor Vitaminen und Mineralstoffen nur so strotzen, gibt es nämlich auch aus Österreich.

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Super Marketing

Es scheint, als ob hinter dem Trendbegriff Superfood einfach nur super Marketing steckt: Exotische Beeren und Öle werden als Beauty-Wundermittel gehandelt, Samen als Schlankmacher und wenig schmeckendes Wurzelpulver als unschlagbares Nahrungsergänzungsmittel.

Markus Teufel ist Diätologe, Fitnesscoach und Ernährungswissenschaftler in Wien und weiß um die Marketingstrategie der Nahrungsmittelhersteller: "Meiner Ansicht nach boomt Superfood aus dem Grund, da der Weg zu Gesundheit, Vitalität und Wohlbefinden einfach und unkompliziert durch die Aufnahme einiger weniger Lebensmittel erreicht werden soll." Der "einfache" Weg klinge für die Konsumenten verlockend, führe aber meistens nicht zum Ziel und könne im schlimmsten Fall negative Folgen wie eine Vitamin-Überdosis nach sich ziehen, so der Ernährungswissenschaftler. Manche Lebensmittel werden mystifiziert und mit fragwürdigen Werbeversprechen als exotische Wundermittel beworben, wodurch heimische Superfoods in den Hintergrund gedrängt werden, erklärt Teufel weiter.

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Doch wann ist ein Nahrungsmittel eigentlich Superfood? "Den Begriff Superfood gibt es seit Beginn des 20. Jahrhunderts, er bezeichnet heimische wie exotische Nahrungsmittel mit überdurchschnittlich hohem Nährstoffgehalt", weiß die Wiener Ernährungsberaterin Nina Walter. Markus Teufel ergänzt, dass in einer gemüse- und obstreichen Superfood-Ernährung besonders viel Vitamin A, C, D, E, K sowie B1, B2, B6, Folat und Biotin enthalten sind. Außerdem finden sich besonders viele Mineralien wie Zink, Magnesium, Kalzium und Eisen. Eine weitere Rolle spielen sekundäre Pflanzenstoffe: Diese kommen, wie der Name schon sagt, fast ausschließlich in pflanzlichen Lebensmitteln vor, erklärt Teufel. Eine offizielle, fachliche Definition von Superfood gebe es allerdings nicht.

Größter Unterschied: Der Preis

Vergleicht man heimisches Superfood wie beispielsweise Leinsamen mit den exotischen Chiasamen, so fällt auf, dass der größte Unterschied vor allem der Preis ist: Ein Kilogramm Chiasamen aus Südamerika kommt auf etwa 15 Euro, während ein Kilo Leinsamen aus Österreich gerade mal drei Euro kostet. Der Nährwert ist bei beiden ungefähr gleich: Chiasamen schlagen sich mit 444 kcal und 4,5 Gramm Kohlehydraten nieder, Leinsamen mit 372 kcal und null Gramm Kohlehydraten. Leinsamen sind allerdings reicher an Eiweiß, Ballaststoffen und mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Lediglich bei den Omega-6- und Omega-3-Fettsäuren ergeben sich leichte Unterschiede zugunsten der südamerikanischen Samen.

Karotten, Hafer, Walnussöl

"In Österreich haben wir eine große Auswahl an Superfood, auf die exotischen Varianten wie Goji, Acerola und Co. kann man also verzichten", sagt Teufel. Brokkoli, Heidelbeeren, Karotten, Leinsamen, Gerstengras, Kürbiskerne, Hülsenfrüchte wie Bohnen, Soja, Linsen, Weizen, Roggen, Hafer, Kürbiskerne, Sonnenblumenkerne und pflanzliche Öle wie Raps-, Lein- und Walnussöl kann man als österreichische Superfoods bezeichnen. Sie stehen den exotischen in nichts nach und seien ihnen sogar oftmals überlegen, meint Teufel.

"Auf unseren regionalen Märkten gibt es eine Reihe an erntefrischen, herbstlichen Superfoods, die einen wertvollen Beitrag zu einer gesunden Ernährung leisten können", so Nina Walter.

Walnüsse, Weintrauben und Rote Rüben zum Beispiel: Diese sind besonders vitamin- und mineralstoffreich, wirken sich positiv auf Herz, Gehirn- und Nervenfunktionen aus und wirken entzündungshemmend und immunisierend gegen Darmerkrankungen. Auch heimische Kräuter dürften sich Superfood nennen: "Kein Kraut ist vitamin- und mineralstoffreicher als Petersilie: Die Wurzel enthält viel ätherisches Öl wie Apiol, und das hat einen entgiftenden Effekt, wirkt auf die Nierentätigkeit, ist durchblutungsfördernd und verdauungsanregend."

Mann hält Weintrauben in der Hand
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Ein lukratives Geschäft

Am Bio-Kräuterhof Aufreiter in Alberndorf wird seit einigen Jahren Gerstengras angebaut. Die Aufreiters haben den Trend zu regionalem Superfood früh erkannt. "Uns fällt auf, dass die Kunden immer mehr hinterfragen, woher ihre Lebensmittel kommen." Viele von ihnen kommen auch direkt an den Hof, um zu sehen, wie Aufreiters Superfood erzeugt wird. Auf die Idee, Gerstengras selber anzubauen, sind sie durch einen Bekannten im Ort gekommen, der das bei Sportlern beliebte Nahrungsergänzungsmittel Gerstengras umständlich und teuer importieren musste. Eine Sortimentsausweitung, die sich ausgezahlt hat: Aufreiters Gerstengras ist bei den Kunden sehr beliebt und ein viel bestelltes Produkt. "Dabei handelt es sich um ein vollwertiges, basisches Lebensmittel. Es enthält viele Mineralien und Spurenelemente, wirkt entzündungshemmend, entsäuernd und eignet sich gut bei Gelenkschmerzen und Verdauungsproblemen", sagt Michaela Aufreiter. Das Gerstengras kommt in Pulverform und kann in Wasser oder Fruchtsäften gelöst getrunken werden.

Basisernährung ist wichtig

Obwohl vieles für Superfood, vor allem österreichisches, spricht, sollte man es nicht übertreiben, meint Ernährungsberaterin Walter. Täglich eine Portion von besonders vitalstoffreichen Nahrungsmitteln auf dem Speiseplan zu haben, sei zwar ratsam, allerdings müsse auch die Basisernährung einer abwechslungsreichen, ausgewogenen Mischkost entsprechen. Zum Boosten des Immunsystems eigne sich Superfood aber in jedem Fall: "Bei Erkältungs- und Grippewellen stellt eine zusätzliche Portion Superfood eine hervorragende Alternative zu teuren Nahrungsergänzungsmitteln dar." Wer sich also was Gutes tun möchte, muss im Supermarkt nicht zu teuren, importierten Produkten greifen: Der heimische Gemüsegarten bietet meistens die besseren Alternativen.