"Einen zweiten Shutdown
werden wir nicht aushalten"

Der Landeshauptmann von Salzburg, Wilfried Haslauer, über die kommenden Festspiele, die Bewältigung der Corona-Krise, die Performance der Bundesregierung und die Kritik an ÖVP-Ministerinnen.

von Sommertour - "Einen zweiten Shutdown
werden wir nicht aushalten" © Bild: News/Herrgott
Wilfried Haslauer Wilfried Haslauer (64), ist der Sohn des ehemaligen Salzburger Landeshauptmanns Wilfried Haslauer senior. Er ist verheiratet, Vater von vier Kindern und Jurist, der von 1985 bis 2004 als selbstständiger Rechtsanwalt mit vier Partnern tätig war. Seit 2004 steht er an der Spitze der Salzburger ÖVP und bekleidete das Amt des Landeshauptmann- Stellvertreters. Seit 2013 ist er Landeshauptmann von Salzburg.

Herr Haslauer, Sie sind seit Anfang Juli auch Vorsitzender der Landeshauptleute-Konferenz. Gibt es momentan noch andere Themen als Corona?
Doch, zum Beispiel die Valorisierung der Plätze bei den Fachhochschulen, den Finanzausgleich oder die Ausstattung des Bundesheeres. Aber die Bewältigung der Corona-Krise überlagert natürlich vieles andere. Das beginnt bei der Umsetzung verschiedener angekündigter Maßnahmen wie aktuell den PCR-Tests im Tourismus, wo es mir recht wäre, wenn die auch auf die Gastronomie ausgedehnt werden könnten. Oder es betrifft Erleichterungen und Entschädigungszahlungen für Betriebe und geht über Grenzthemen bis zu Finanzierungsfragen allgemein. Das ist alles auch ein Prozess, der sich permanent entwickelt. Die Zusammenarbeit zwischen Ländern und Bund funktioniert jedenfalls ganz gut.

Salzburg ist ja zuletzt mit Corona-Fällen -aktuell bei der Polizei -und zuvor bei einer Mitarbeiterin aus dem Festspiele-Umfeld und einem Rotarier-Treffen, bei dem auch Mitglieder der Landesregierung anwesend waren, selbst in die Schlagzeilen geraten. Waren Sie beim Rotarier-Treffen auch dabei?
Nein, ein Spitzenbeamter war dabei und ein Referent aus einem Regierungsbüro hat einen Vortag gehalten. Es gab leider einen Superspreader, auf den die meisten der 23 Infektionen zurückgehen. Aber es war alles gut abgrenzbar und dadurch unter Kontrolle zu halten. Das wird auch im aktuellen Fall so gehandhabt.

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Die Salzburger Festspiele stehen bevor. Wird die Landesregierung angesichts solcher Fälle geschlossen hingehen?
Die Landesregierung geht nie zu den Festspielen geschlossen hin, außer zur Eröffnung -und die findet heuer nicht in der üblichen Form statt. Auch die ursprünglich g e p l a n t e 100- Jahr-Feier ist abgesagt. Wir bereiten uns sehr genau mit einem geänderten und mit den Gesundheitsbehörden abgestimmten Konzept -ohne Pausen und Buffets und reduziertem, aber dennoch faszinierenden Programm -darauf vor. Es wird darauf ankommen, dass wir zwar unaufgeregt, aber mit viel Disziplin und mit Eigenverantwortung mit der Situation umgehen. Und gegebenenfalls die Sicherheitsmaßnahmen anpassen.

Wie viele Besucher werden zugelassen sein?
Statt 230.000 Karten werden heuer nur rund 70.000 aufgelegt. Es ist aber sehr wichtig, dass die Festspiele stattfinden - und sie sind übrigens auch in einer Krisensituation nach dem ersten Weltkrieg in einem ausgebluteten Land mit hoher Arbeitslosigkeit und großen politischen Spannungen gegründet worden. Das war eine visionäre Tat von Persönlichkeiten wie Max Reinhardt und Hugo von Hofmannsthal, die damit das Verbindende der europäischen Kultur hervorheben wollten. Dieser Gedanke ist heute noch genauso wichtig wie damals.

Und wie viele Vorstellungen gibt es vom "Jedermann"?
14 -der "Jedermann" ist die Cashcow der Salzburger Festspiele, die die anderen Aufführungen mitfinanziert. Und er ist immer überbucht -so auch heuer.

»Aber wenn man schon im Vorfeld aufgibt, hat man bereits verloren«

Ist die Veranstaltung der Festspiele nicht dennoch ein Risiko?
Natürlich ist das eine Gratwanderung. Aber wenn man schon im Vorfeld aufgibt, hat man bereits verloren. Die Festspiele sind nicht nur ein Zeichen der Widerstandsfähigkeit der Kultur, sondern auch ein Signal der Zuversicht und der Lebensfreude in einer Zeit, in der viele Menschen verunsichert sind. Außerdem hat Salzburg ein ganz anderes Publikum als zum Beispiel Hotspots wie Velden am Wörthersee. Abendliche Partys, wie sie dort stattfinden, gibt es bei uns nicht. Das gesellschaftliche Programm ist stark reduziert, was eben der besonderen Situation geschuldet ist.

Welche Krisenpläne haben Sie in der Schublade?
Wir hatten zu Beginn einen Landeseinsatzstab mit 70 speziell ausgebildeten und straff organisierten Mitarbeitern und Verbindungsoffizieren mit öffentlichen Stellen und Rotem Kreuz für Krisensituationen, die drei Monate während der Corona-Hochzeit im Einsatz war. Jetzt bauen wir gerade eine neue 60-köpfige schnelle Covid-Eingreiftruppe als eigene Dienststelle auf, für die wir auch 30 Personen vom AMS aufnehmen werden. Die soll sich im Fall von Infektionen im Tourismus um die Gäste und Hotels kümmern, für den Datenaustausch sorgen und dazu beitragen, Infektionsketten möglichst effizient zu unterbrechen. Und es ist auch geplant, Hotels, die leer stehen, wenn nötig für Quarantänezwecke anzumieten.

Wie stehen Sie zu regionalen Corona-Maßnahmen, wie etwa den umstrittenen Schulschließungen in Oberösterreich?
Ich halt es für klug, wenn bei Infektionen regional schnell reagiert wird, wie das in Oberösterreich geschehen ist. Wenn es wie dort schwer fassbare Cluster gibt, vielleicht mit einem beträchtlichen Migrationshintergrund, verbunden mit schlechten Sprachkenntnissen oder Personen, die sich wenig kooperativ verhalten, dann halte ich solche begrenzten Schließungen für in Ordnung. Ich brauche sie parallel ja nicht in Vorarlberg oder im Burgenland durchführen. Bis es einen Impfstoff gibt, werden wir mit dieser Situation leben und sehr schnell regional reagieren müssen - einen zweiten generellen Shutdown werden wir nicht mehr aushalten.

Salzburg lebt auch stark vom Tourismus; wie ist da die momentane Situation?
An den Seen und im Gebirge sehr gut; da kommen wir derzeit nahe an die Vorjahreszahlen heran. In der Stadt Salzburg und im Umland ist es schwieriger; da betragen die Einbußen zwischen 60 und 70 Prozent. Aber langsam wird es wieder etwas besser.

Genießen Sie es, jetzt ungestört durch die Getreidegasse gehen zu können?
Der Overtourismus, über den in den vergangenen Jahren geklagt wurde, ist vor allem einer von Reisegruppen, die mit Bussen kommen. Aber den gibt es derzeit praktisch nicht. Insofern hat das Stadterlebnis optisch an Qualität gewonnen; der Handel leidet freilich sehr darunter - auch darunter, dass es eine allgemeine Kaufzurückhaltung gibt. Aber um die Relationen zurechtzurücken: Wir haben in Salzburg sehr viele Leitbetriebe und sehr gute und resiliente Klein-und Mittelbetriebe, die noch mehr zur Wirtschaftsleistung des Landes beitragen als der Tourismus. 65 Prozent des regionalen Inlandsproduktes kommen aus dem Export. Und da ist die Lage insofern problematisch, dass sich wichtige Märkte wie die USA und Asien coronamäßig sehr unterschiedlich entwickeln. Noch ist die Auftragslage gut und wir haben sehr gute und widerstandsfähige Unternehmen, aber es wird im Export sicher Rückgänge geben.

»Die Förderungen beginnen zu greifen und auch die Geschäfte laufen wieder an«

Wie beurteilen Sie die Krisenbewältigung der Regierung, an der immer wieder auch Kritik geübt wurde?
Ich denke, die Bundesregierung hat das gut gemacht. Mit ihrer Entschlossenheit, nicht erbsenzählerisch zu agieren und ihrer Generallinie mit entsprechendem finanziellen Einsatz die Menschen in Beschäftigung zu halten und nicht in die Arbeitslosigkeit zu drängen. Man darf nicht vergessen, dass die Hilfsmaßnahmen mit einem irren organisatorischen Aufwand verbunden waren. Das war ein Riesenpaket, das da in kürzester Zeit auf den Weg gebracht wurde und ich höre aus den einzelnen Branchen, dass der Unwille mittlerweile einer gewissen Zuversicht gewichen ist. Die Förderungen beginnen zu greifen und auch die Geschäfte laufen wieder an. Aber freilich, die Verzweiflung der Unternehmen, denen ihre Umsätze völlig abrupt weggebrochen sind, verstehe ich schon.

Wie hoch werden Ihrer Schätzung nach die Kosten für die Bewältigung der Krise ausfallen?
Ich bin bisher immer von rund der Hälfte eines Bundesbudgets ausgegangen -also von 40 bis 45 Milliarden Euro. Doch das wird nicht reichen, wie wir jetzt wissen. Es werden wohl eher zumindest 50 Milliarden Euro sein. Die an sich guten Wirtschaftspakete der Regierung - vom Vorziehen der Steuerreform über Senkung der Mehrwertsteuer oder verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten bis zu den Steuerstundungen -kosten nicht nur sehr viel, sie schmälern auch die Einnahmen des Bundes. Das trifft auch die Länder und Gemeinden, die daran zu 22 bzw. elf Prozent beteiligt sind. Und der Wirtschaftseinbruch von gut sieben Prozent schlägt zudem direkt auf die Steuereinnahmen durch.

Wie wirkt sich das auf die Finanzen der Länder aus?
Das wirkt sich direkt auf die Defizite der Landesbudgets aus. Ich bin seit 2013 Landeshauptmann und in der Zeit haben wir es geschafft, 40 Prozent unserer Verbindlichkeiten -immerhin 800 Millionen Euro -abzubauen. Das wird in Zukunft viel schwieriger werden und es stellt sich schon die Frage, wann wir wieder dazu in der Lage sein werden, Überschüsse zu erwirtschaften und Schulden zu reduzieren. Allein in Salzburg werden wir zusätzliche Kosten von 700 Millionen Euro, statt erwarteter 500 Millionen Euro haben.

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Und wer wird das alles zahlen?
Dafür werden wir leider alle - die Steuerzahler -aufkommen müssen. So lange die Zinsen so niedrig sind beziehungsweise es sogar Negativzinsen gibt, sehe ich bei den steigenden Schulden weniger das Problem. Sondern vielmehr bei den enormen Defiziten, die sich im laufenden Betrieb der Landeshaushalte ergeben werden.

War es richtig, das Epidemiegesetz durch ein spezielles Corona-Gesetz zu ersetzen, das zu einer Vielzahl von Unternehmen geführt hat?
In Salzburg wurden die Betriebe mit 15. März nach intensiven Diskussionen mit allen Beteiligten nach dem Epidemiegesetz geschlossen. Derzeit haben wir 4.000 Anträge auf Entschädigungszahlungen bei den Bezirkshauptmannschaften liegen, bei denen es zum Teil um sehr hohe Beträge geht. Allerdings gibt es dazu die Vorgabe des Gesundheitsministeriums, in diesen Fällen derzeit nicht zu entscheiden, bis eine bundesweit einheitliche Regelung vorliegt. Die große Frage ist, was heißt Verdienstentfall in einem Gesetz aus den 1950er-Jahren? Es geht auch darum, etwaige Ungerechtigkeiten zwischen einzelnen Branchen und Bundesländern zu vermeiden. Es hatten ja nur Vorarlberg, Tirol, Salzburg und Kärnten nach Epidemiegesetz geschlossen; die anderen Bundesländer hatten die Betriebe ja noch offen -auch Wien. Die haben zwar kein Geschäft gemacht, bekommen aber keine Entschädigung; dafür aber einen Ausgleich durch die neu geschaffenen Corona-Hilfsmaßnahmen.

Was halten Sie eigentlich von einer Vier-Tage-Woche, wie sie die SPÖ als Mittel gegen die hohe Arbeitslosigkeit fordert?
Wenig; die sehe ich negativ - und zwar aus mehreren Gründen: Einerseits ist es trotz hoher Arbeitslosigkeit für viele Unternehmen nach wie vor schwierig, Mitarbeiter zu finden -und andererseits sind vier Tage, wenn die Geschäfte voll laufen, zu wenig. Von den Arbeitskosten ganz abgesehen -eine Vier-Tage-Woche entspricht de facto einer 20-prozentigen Lohnerhöhung. Das ist betriebswirtschaftlich nicht darstellbar. Bei der Kurzarbeit denke ich, dass sie in der exzessiven Art, wie sie bisher gehandhabt wurde, nicht für drei weitere Monate verlängert werden sollte. Ich habe viel Sympathie dafür, dass Mitarbeiter Stehzeiten, in denen sie nicht im Betrieb sind, dort wo es sinnvoll ist, für Weiterbildung nutzen.

Burgenlands SPÖ-Landeshauptmann Doskozil hat sich unlängst für ein generelles Verbot von Spenden aus der Wirtschaft an Parteien stark gemacht. Können Sie dem zustimmen?
Wir nehmen als Landes-ÖVP in Salzburg überhaupt keine Spenden mehr an. Die sind ohnehin auch so niedrig, dass wir sie auf Gemeindeebene lassen, wo sie Sinn machen, etwa als Unterstützung von regionalen Vereinen oder der freiwilligen Feuerwehr. Bei höheren Parteispenden muss man sich außerdem vor Erwartungshaltungen der Spender oder vor subtilen Abhängigkeiten in Acht nehmen. Deshalb sind wir in Salzburg auch davon abgekommen. Schwer tun sich nur die kleinen Parteien, die großen bekommen ohnehin die staatliche Parteienförderung. Damit sollten sie das Auslangen finden.

Die Beliebtheitswerte von Bundeskanzler Kurz sind zuletzt wieder deutlich gefallen. Kommt seine Politik nicht mehr so gut an?
Seine Umfragewerte waren am Höhepunkt der Krise zum Teil geradezu irreal und sie sind jetzt wieder einer normalen, aber dennoch sehr guten Einschätzung gewichen. Gesundheitsminister Anschober profitiert sicher auch von den medialen Möglichkeiten im Rahmen der Krise. Da haben sich Darstellungsmöglichkeiten geboten, wie es sie in den letzten zehn Jahren nicht gab. Man soll bei solchen Bewertungen auch nicht vergessen, dass die Regierung bei der Bewältigung der Corona-Krise an einem Strang zieht und nicht streitet, was bei der Bevölkerung gut ankommt. Bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise 2015 etwa unter Bundeskanzler Faymann, hat das ganz anders ausgesehen. Da gab es keine Geschlossenheit, was die Menschen massiv verunsichert hat.

Sie sind mit der Performance der Bundesregierung also durchaus zufrieden?
Durchaus; ÖVP und Grüne regieren aber erst seit einem halben Jahr, auch wenn man den Eindruck hat, sie sind schon ewig zusammen. Die Grünen sind in der Regierung offensichtlich gut angekommen und jetzt wird es darum gehen, abseits von Covid die großen nötigen Vorhaben umzusetzen. Zum Beispiel im Infrastrukturbereich, wo auch die Länder betroffen sind, oder im Klimaschutz. Die budgetäre Ausstattung dafür ist ja vorhanden.

»Mir scheint, es ist in letzter Zeit geradezu ein medialer Hype entstanden, weibliche Regierungsmitglieder, insbesondere die der ÖVP, zu kritisieren«

Einige Minister sind zuletzt aber stark in Kritik geraten. Etwa ÖVP-Verteidigungsministerin Tanner wegen ihres Zickzack-Kurses zum Bundesheer. Zu Recht?
Wegen einem nicht so geglückten Interview, das für ein abschließendes Urteil reichen soll? Immerhin hat sie in Sachen Saab-Abfangjäger die Entscheidung getroffen, diese nicht zu ersetzen. Das haben alle ihre Vorgänger nicht getan. Mir scheint, es ist in letzter Zeit geradezu ein medialer Hype entstanden, weibliche Regierungsmitglieder, insbesondere die der ÖVP, zu kritisieren. Wenn jetzt der Tenor lautet, die ÖVP-Ministerinnen tun dem Feminismus einen schlechten Dienst, dann schaut das für mich so aus, als ob das Eintreten für die Rechte von Frauen nur aus einer bestimmten politischen Richtung kommen darf. Das ist ähnlich wie beim Ibiza-U-Ausschuss, bei dem Zeugen wie Angeklagte behandelt und an den Pranger gestellt werden -und wo es offensichtlich primär nicht darum geht, die Wahrheit herauszufinden, sondern darum, den politischen Mitbewerber schlecht zu machen. Da merkt man die Absicht und ist verstimmt. Für mich ist das kein guter politischer Stil.

Wenn sich Finanzminister Blümel im Ausschuss 86-mal nicht erinnern kann -nicht einmal, ob er einen Laptop hatte, ist das guter Stil?
Ob das so stimmt, kann ich nicht sagen. Ich war nicht dabei.

Aber Sie haben schon einen Laptop?
Ja, ich habe einen. Ich merke mir nämlich nicht so viel; deshalb bin ich auch Landeshauptmann und nicht Minister (lacht).

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Die Verteidigung des politischen Proporzes durch Bundeskanzler Kurz im U-Ausschuss teilen Sie auch?
Diese Vorwürfe sind für mich die pure Scheinheiligkeit. Wenn Entsendungen durch die Bundesregierung zu tätigen sind, muss da ja irgendwer entscheiden. Seitdem es Demokratie gibt, ist das so. Der 2:1-Schlüssel, der für Aufregung gesorgt hat, bezieht sich ja nur auf das Vorschlagsrecht - und natürlich sollte es sich dabei um qualifizierte Kandidaten handeln.

Zurück zum Bundesheer. Wie stehen Sie zur geplanten Reform?
Es ist für mich immer wieder erstaunlich, wie gut das Heer trotz aller Sparmaßnahmen nach wie vor funktioniert. Ich möchte aber davor waren, es auf eine reine technische Hilfstruppe zu reduzieren. Es muss auch künftig in der Lage sein, seine militärischen Kernaufgaben zu Land und in der Luft erfüllen zu können -auch wenn große Panzerschlachten im Marchfeld wohl unwahrscheinlich sind. Wenn es wegen der Ausmusterung der Saab-Flugzeuge nur noch alleine den Eurofighter zur Luftraumüberwachung gibt, sollte man ein Nachverfolgungsabkommen zur Ergänzung mit der Schweiz abschließen. Nachträglich betrachtet war es keine kluge Entscheidung, den Eurofighter und die Flottengröße unter Verteidigungsminister Darabos abzuspecken. Fakt ist, wenn man eine aktive Luftraumüberwachung haben will, braucht man Abfangjäger dazu und man wird eine Typen entscheidung treffen müssen.

Für welchen Flugzeugtyp plädieren Sie?
Das ist eine technische Entscheidung, die ich den Experten überlasse. Ich bin aber der Meinung, dass man künftig auf Gegengeschäfte, wie sie beim Eurofighter mit EADS vereinbart wurden, verzichten sollte, weil es dann immer wieder Graubereiche geben kann, die aus Compliance-Sicht problematisch sind. Und es ist auch wichtig, dass ein künftiger Abfangjäger in die europäischen Strukturen passt. Ein Inselsystem ergäbe keinen Sinn.

Beim Ibiza-U-Ausschuss versucht die FPÖ ja laufend, Ex-Koalitionspartner ÖVP als Mitwisser darzustellen
Das ist für mich gar nicht nachvollziehbar. Wer war denn in Ibiza dabei? Von der ÖVP niemand. Das ist nur ein krampfhafter Versuch der Freiheitlichen, davon abzulenken.

»Das ist schon ein ziemlich ungustiöses Sittenbild, das sich da gezeigt hat«

Sind Sie eigentlich froh, dass die ÖVP, nachdem, was alles geschehen ist, auf Bundesebene nichts mehr mit der FPÖ zu tun hat?
Das ist schon ein ziemlich ungustiöses Sittenbild, das sich da gezeigt hat. Und als Koalitionspartner ist man in der öffentlichen Wahrnehmung automatisch mit im Boot, auch wenn man nichts mit den Vorkommnissen zu tun hat. Mit den Grünen funktioniert die Zusammenarbeit jedenfalls gut -und ich habe so eine Konstellation auch schon zum zweiten Mal in Salzburg. Da sind jetzt auch die Neos mit dabei und das funktioniert ebenfalls gut. Die Akzeptanz in der Bevölkerung ist groß.

Und abschließend: Gibt es etwas, dass wir aus der Corona- Krise lernen können?
Dass Krisen relativ sind. Wenn wir uns wie gesagt an die Umstände der Gründung der Salzburger Festspiele vor 100 Jahren erinnern oder an die Zeit nach 1945, als die Generation unserer Eltern in einer nach 14 Bombenangriffen zerstörten Stadt Zehntausende Flüchtlinge beherbergt hat. Trotzdem haben 1945 wieder Festspiele stattgefunden. Es gibt immer wieder Hoffnung und es ist wichtig, nicht nachzugeben.

Das Interview ist ursprünglich in der Printausgabe von News (Nr. 29/2020) erschienen.