Kleine Fels-Exklave Gibraltar
wird zum Brexit-Zankapfel

Konflikt zwischen Spanien und Großbritannien um Überseegebiet droht zu eskalieren

Seit 313 Jahren sorgt das britische Überseegebiet Gibraltar an der Südspitze Spaniens für Spannungen zwischen London und Madrid. Jetzt gehen die Wogen vor dem Brexit erneut hoch: Abkommen zwischen der EU und Großbritannien sollen nur dann für Gibraltar gelten, wenn Spanien zustimmt. Britische Politiker verglichen die Lage bereits mit dem Falkland-Krieg, am Dienstag gab es einen Zwischenfall mit einem spanischen Schiff.

von Säbelrasseln - Kleine Fels-Exklave Gibraltar
wird zum Brexit-Zankapfel © Bild: Pablo Blazquez Dominguez/Getty

1704 eroberten britische und niederländische Streitkräfte im Rahmen des spanischen Erbfolgekriegs den Hafen von Gibraltar an der Engstelle zwischen Europa und Afrika. Sie unterstützten im Kampf um den Thron den Anspruch der Habsburger gegen die Bourbonen. Die Habsburger verloren Spanien am Ende, aber die Briten blieben – bis heute. 2017 ist man darüber in Spanien nach wie vor nicht besonders glücklich. Das nur 6,5 Quadratkilometer große Gebiet ist ein strategisch wichtiger Punkt: Von hier aus kontrolliert man den Zugang zum Mittelmeer, den die Hälfte des weltweiten Seehandels passiert. Spanien verlangt Co-Souveränität mit den Briten. Zum Druckmittel könnten nun die Brexit-Verhandlungen werden. In London ist man darüber empört, britische Politiker drehen die Eskalationsspirale aber selbst noch weiter.

Gibraltar ist auf den Binnenmarkt angewiesen

Wie am Wochenende bekannt wurde, sieht ein Entwurf des Europäischen Rates für die Verhandlungsleitlinien mit Großbritannien nämlich eine Art Vetorecht für Spanien bezüglich Gibraltar vor: Jede Übergangsregelung für einen Zugang der Briten zum Binnenmarkt oder jeder künftige Handelsvertrag gelte nur dann auch für das Überseegebiet, wenn Spanien dem zustimmt. Normalweise können solche Dinge mit qualifizierter Mehrheit, also auch gegen einzelne Mitgliedsstaaten, beschlossen werden. Aus Sicht Großbritanniens gibt diese Klausel Spanien viel zu viel Macht. Man fürchtet, erpresst zu werden. Denn für die 30.000 Einwohner von Gibraltar sind der Zugang zum Binnenmarkt und die Personenfreizügigkeit essentiell. Deshalb stimmten dort auch 96 Prozent für den Verbleib in der EU.

Sollte Spanien die britische Souveränität über Gibraltar erneut in Frage stellen, müsse man hart reagieren, so der Tenor der britischen Politik. Am weitesten ging dabei der ehemalige Parteichef der britischen Konservativen Michael Howard: Er verglich die Situation mit dem Falkland-Krieg von 1982, als Großbritannien gegen Argentinien in den Krieg zog, um diese Inselgruppe zu halten. "Vor 35 Jahren hat eine andere Premierministerin einen Verband um die halbe Welt geschickt, um die Freiheit einer anderen kleinen Gruppe von Briten zu verteidigen", sagte Howard. "Ich bin mir sicher, dass unsere heutige Premierministerin dieselbe Entschlossenheit zeigen wird, wenn sie den Menschen in Gibraltar beisteht."

Spanisches Kriegsschiff in britischen Gewässern

Liberaldemokraten und Labour Party kritisierten die Aussagen Howards scharf. Es könne nicht sein, dass man nicht einmal eine Woche nach Verständigung der EU von Großbritanniens Austrittswunsch schon über Kriege mit anderen europäischen Ländern spreche. Zugleich sahen Brexit-Gegner die Entwicklung als Bestätigung ihrer Warnung vor zunehmenden internationalen Differenzen durch den EU-Austritt. Die britische Regierung bemühte sich daraufhin, die Sache etwas zu beruhigen. Krieg sei natürlich keine ernsthafte Option, hieß es am Montag. Die Briten bemühen sich derzeit auf diplomatischer Ebene darum, dass die "Gibraltar-Klausel" doch nicht in das endgültige Dokument des Rates kommt. Da Spanien darauf besteht, dürfte es dafür aber wohl nur geringe Chancen geben.

Mitten in die Aufregung um den Status von Gibraltar und "Kriegs-Drohungen" platzte dann am Dienstag auch noch ein militärischer Zwischenfall vor der Küste der Exklave. Die Royal Navy musst ein spanisches Kriegsschiff, das offenbar in britische Hoheitsgewässer eingedrungen war, auffordern, diese wieder zu verlassen. Es dürfte sich dabei aber ein Versehen gehandelt haben, wie es vor Gibraltar häufiger vorkommt. Der Zeitpunkt hätte freilich ungünstiger nicht sein können.