Justiz will Le Pens Immunität aufheben

Im März war die Immunität Le Pens als EU-Parlamentarierin erstmals aufgehoben worden

Die Justiz will Marine Le Pen wegen mutmaßlichen Missbrauchs von Parlamentsgehältern strafrechtlich verfolgen. Der Ball liegt nun bei den EU-Abgeordneten.

von Frankreich - Justiz will Le Pens Immunität aufheben © Bild: ALAIN JOCARD / AFP

In der Affäre um Assistentenjobs im Europaparlament droht der französischen Rechtspopulistin Marine Le Pen nun die Aufhebung ihrer parlamentarischen Immunität. Das hätten die französischen Ermittlungsrichter beantragt, hieß es am Freitag aus Pariser Justizkreisen.

Die Front-National-Chefin und andere Europaabgeordnete ihrer Partei sollen Mitarbeiter als parlamentarische Assistenten bezahlt haben, obwohl diese in Wirklichkeit Parteiaufgaben übernahmen. Le Pen hat die Vorwürfe wiederholt zurückgewiesen und als politisch motiviert bezeichnet. In der Affäre hat die Justiz bereits Ermittlungsverfahren gegen Le Pens Bürochefin und einen weiteren FN-Mitarbeiter eingeleitet.

Vor der französischen Präsidentschaftswahl, bei der Le Pen gute Chancen auf den Einzug in die Stichwahl am 7. Mai hat, dürfte aber keine Entscheidung mehr fallen. Pariser Untersuchungsrichter unterzeichneten das Gesuch laut Kreisen bereits Ende März. Nach Angaben aus informierten Kreisen ist das Gesuch aber noch nicht beim zuständigen Justizausschuss des EU-Parlaments angekommen. Die Prozedur sieht vor, dass der Antrag die Pariser Staatsanwaltschaft, die Generalstaatsanwaltschaft und das französische Justizministerium passieren muss. Im EU-Parlament dürften dann wiederum Monate vergehen, bis über den Antrag entschieden wird.

"Neue" Vorwürfe

Bisher hat die Präsidentschaftskandidatin Vorladungen mit dem Verweis auf ihre Immunität als Europaabgeordnete ignoriert. Sie hatte diesen Schutz vor Strafverfolgung zwar Anfang März verloren, allerdings nur in einem anderen Fall, in dem es um die Verbreitung von Gräuelfotos von Opfern der Jihadistenorganisation Islamischer Staat (IS) ging, die Le Pen Ende 2015 über den Kurzbotschaftendienst Twitter verbreitet hatte.

Falls das EU-Parlament zustimmt, könnten die Ermittler die Chefin der Rechtsaußen-Partei Front National (FN) zu den "neuen" Vorwürfen befragen und möglicherweise ein Verfahren gegen sie einleiten. Die Justiz untersucht schon länger, ob FN-Abgeordnete aus Parlamentsmitteln Assistenten bezahlten, die tatsächlich für die Partei tätig waren.
Le Pen war bereits vor wenigen Wochen von den Ermittlungsrichtern einbestellt worden. Sie weigerte sich aber, der Vorladung während des Wahlkampfs nachzukommen. Wegen ihrer Immunität als EU-Abgeordnete kann die Justiz sie nicht zwingen, mit den Ermittlern zu sprechen. Gegen die Chefin von Le Pens Mitarbeiterstab läuft bereits ein Ermittlungsverfahren wegen Verschleierung von Untreue.

Le Pen hatte die Vorwürfe mehrfach zurückgewiesen und erklärt, das Vorgehen sei politisch motiviert, um ihr vor der Wahl zu schaden. Gegenüber ihrer Anhängerschaft war es ihr bisher immer gelungen, Ermittlungen gegen sie als eine Kampagne ihrer Gegner darzustellen. Den Antrag auf Aufhebung der Immunität kritisierte sie nun aber nicht: "Ich denke, das ist das normale Verfahren", sagte die Politikerin dem Sender Franceinfo. Ihr Anwalt Rodolphe Bosselut zeigte sich hingegen "überrascht". Schließlich habe Le Pen erklärt, einer Vorladung nach der Parlamentswahl folgen zu wollen.

»Schwere Unregelmäßigkeiten«

Ins Rollen gebracht hatte den Fall die EU-Antibetrugsbehörde Olaf. Bei Le Pen hatte das Amt "schwere Unregelmäßigkeiten" festgestellt. Die Europaabgeordnete habe einem Mitarbeiter einen "rein fiktiven Arbeitsvertrag" ausgestellt. Eine Mitarbeiterin der französischen Rechtspopulistin arbeitete laut Olaf zudem nicht wie vorgeschrieben im Parlament, sondern in der Gegend von Paris für die Front National. Das EU-Parlament hatte deshalb 339.000 Euro von Le Pen zurückgefordert - sie wehrt sich juristisch dagegen.

Neben Le Pen fordern die Ermittler auch für eine weitere FN-Europaabgeordnete, Marie-Christine Boutonnet, die Aufhebung der Immunität. Die Anfragen von Ende März seien ans Justizministerium weitergeleitet worden, um sie ans EU-Parlament zu übermitteln, hieß es aus Justizkreisen. Die nötigen Beratungen im Europaparlament können einige Monate dauern.

Neben Le Pen ist auch der konservative Präsidentschaftskandidat Francois Fillon in eine Scheinbeschäftigungsaffäre verstrickt. Er soll seine Ehefrau jahrelang unrechtmäßig als parlamentarische Mitarbeiterin bezahlt haben, die Justiz ermittelt wegen der mutmaßlichen Veruntreuung von Staatsgeldern. Der einstige Präsidentschaftsfavorit hat deswegen in Umfragen stark eingebüßt.

Le Pen dagegen scheinen die gegen sie gerichteten Vorwürfe kaum zu schaden. Die Rechtspopulistin hat sehr gute Chancen, in die ersten Wahlrunde am Sonntag kommender Woche auf dem ersten oder zweiten Platz zu landen und damit in die Stichwahl einzuziehen. Dort dürfte sie Meinungsforschern zufolge aber ihrem Gegner unterliegen, nach jetzigem Stand dem parteilosen Mitte-Kandidaten Emmanuel Macron.

Kommentare

Oliver-Berg
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Es geht also nicht nur um Marine Le Pen, die ich übrigens für eine absolut unfähige Politikerin halte. Man kann ja rechte Positionen vertreten, aber dann sollte man wenigstens von den wichtigen Dingen eine Ahnung haben, das ist bei der Front National aber nicht der Fall. FPÖ auf französisch halt. Immer gut für ein Desaster.

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Ach so, wer ist den ihrer Meinung ein "fähiger Politiker"?
Europa stirbt unter der EU, lieber Herr Oliver.....

Oliver-Berg

Welchen Sinn würde dann eine EU machen, wenn jene 2 Staaten, die wirtschaftlich und politisch nach Deutschland in der EU am wichtigsten sind, kurz hintereinander austreten. Richtig die Bonzokratie in Brüssel wäre bald obsolet.

Oliver-Berg

Man kann Marine Le Pen vieles vorwerfen. Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung von Gehälter für EU-Abgeordnete bzw. Reisespesen kommen praktisch bei allen EU-Abgeordneten vor. Das ist ein Ablenkungsmanöver, weil die Brüsseler Bürokraten Angst haben, dass Frankreich austreten könnte.

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