Antrittsinterviews:
Ein Hauch von Liebe

Es ist jetzt die Kennenlernphase. Vorsichtiges Beschnuppern, zaghafte Annäherung. Ein Hauch von Liebe läge in der Luft, wäre der Jänner nicht so kalt (naja, Ansichtssache, sagen Meteorologen, aber es ist jedenfalls nicht frühlingshaft draußen, einverstanden?). Es gibt eine neue Regierung, man will wissen, wie die neuen Ministerinnen und Minister ticken. Unter anderem privat.

von Anna Gasteiger © Bild: News/Ricardo Herrgott

Die Weihnachtsfeiertage brachten jede Menge Arbeit für Interviewer und Lesestoff für das interessierte Publikum. Das Ergebnis der opulenten Interviewstrecken in den auflagenstarken Tageszeitungen (unter anderem): Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck isst gerne Knödel, Verteidigungsminister Mario Kunaseks Lieblingsmarsch ist der Trenk-Panduren-Marsch, Außenministerin Karin Kneissls Lieblingshunde heißen Winston und Jackie, und Innenminister Herbert Kickl ist möglicherweise gar nicht so, wie er in den letzten Jahren aufgetreten ist.

Also irgendwie schon, weil "die Überzeugung ändert sich ja nicht", sagte er Conny Bischofb erger in der "Kronen Zeitung", aber die Kommunikation solle fortan "entschleunigt" stattfinden, zumindest "vielleicht ein wenig". Kickl hat offenbar kein Haustier, sondern nur einen Sohn, es könnte - nach Logik des haustierfreundlichen Boulevards - also fraglich sein, ob er seinen Ministerpflichten menschlich gewachsen ist, aber es spricht ja nichts dagegen, sich ein bisschen im Tierheim umzuschauen, jetzt, so kurz nach Weihnachten, oder Kollegin Kneissl gibt eines ihrer Ponys, Kätzchen, Kaninchen zur Adoption frei?

Kickl, nur zu Erinnerung, ist auch jener Mann, der als FPÖ-Generalsekretär führende ORF-Journalisten wie Armin Wolf, Fritz Dittlbacher und Edgar Weinzettl immer wieder öffentlich angegriffen und für parteipolitisch befangen erklärt hat. Das erklärt womöglich, warum die Antrittsinterviews im ORF zum Teil etwas weniger entspannt wirkten.

FPÖ-Sozialministerin Beate Hartinger-Klein brauchte genau 34 Sekunden, um im "ZiB 2"-Interview mit Moderatorin Lou Lorenz-Dittlbacher (die diesen Doppelnamen ihrer Ehe mit oben erwähntem Journalisten non gratus verdankt) mittels eines einfachen, aber raffi nierten Manövers die Fronten klarzustellen: "Frau Dittlbacher, lassen Sie mich eines zuerst sagen..." Sie selbst übrigens, das wiederum war der "Kronen Zeitung" zu entnehmen, legt großen Wert auf ihren Doppelnamen.

Popcorn horten für die Phase, wenn das Kennenlernen vorbei ist.

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