Ist der Wahlkampf noch
negativ oder schon schmutzig?

"Kampagnenführung muss negativ sein"

Dirty Campaigning: Was ist das und wie beurteilt der Wähler diese Wahlkampfstrategie?

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"Dirty Campaigning" - Ist der Wahlkampf noch
negativ oder schon schmutzig?

Ist das schon dirty oder noch negative?
In Zeiten des Wahlkampfes wird viel über das Niveau der politischen Auseinandersetzung geschrieben, aber auch gesprochen.

Vergangenes Wochenende warf ÖVP-Chef Sebastian Kurz der SPÖ „Dirty Campaigning“ vor. Er richtete an Bundeskanzler und SPÖ-Chef Christian Kern einen direkten Appell, entsprechende Aktivitäten im Internet einzustellen.
Hintergrund der Forderung sind vom Nachrichtenmagazin „profil“ gemeldete Anti-Kurz-Videos des ehemaligen SPÖ-Beraters Tal Silberstein im Auftrag der SPÖ.

Aber was genau ist „Dirty Campaigning“ eigentlich?

„Das liegt im Auge des Betrachters“, so Kommunikationsberater Yussi Pick. Der Wiener, der im vergangenen US-Wahlkampf im digitalen Team der demokratischen Kandidatin Hillary Clinton gearbeitet hat, fasst drei wesentliche Begriffe zusammen.

  • Dirty Campaigning
  • Negative Campagning
  • Comperative Campaiging

Bei Letzterem gehe es um Inhalte, die die jeweiligen Parteien neutral präsentieren. Negative Campaigning würde sich hingegen auf die Übertreibung der negativen Tatsachen des Gegners fokussieren. „In den amerikanischen Wahlwerbespots würde der politische Gegner in schwarz-weiß-Optik präsentiert werden. Das Ganze hinterlegt mit düsterer Musik. Im Kontrast dazu dann die eigene Partei: Bunte Bilder, fröhliche Musik, die Botschaft, dass man es besser machen wird“, so Pick.
Beim Dirty Campaigning würden die moralisch, ethischen Grenzen überschritten werden. Fokus sei hier das Schlechtmachen des politischen Gegners durch persönliche Angriffe.

Urlaub, Beziehung - Was hat das mit Politik zu tun?

„Wer mit wem in den Urlaub fährt oder wer mit wem eine erotische Beziehung führt, so etwas dürfte mit seriösem Wahlkampf nichts zu tun haben“, sagt der Innsbrucker Politologe Ferdinand Karlhofer.
Die Übergänge zwischen Negative und Dirty Campaigning seien fließend, so Karlhofer. „Eine strikte Abgrenzung kann hier nicht vorgenommen werden.“ Ein wesentlicher Unterschied sei, so der Politik-Professor, jedoch darin zu sehen, dass es im „Dirty Campaigning“ nicht darum ginge, Schwachstellen zu suchen, sondern vielmehr ginge es darum, Schwachstellen zu kreieren.

Alles rund um die Nationalratswahl lesen Sie hier.

So musste sich beispielsweise Alexander Van der Bellen im Kampf um das Amt des Bundespräsidenten den Gerüchten stellen, er sei krank. Van der Bellen legte damals den ärztlichen Befund offen.

Dirty Campaigning im Nationalratswahlkampf

Im jetzigen Nationalratswahlkampf seien, so Pick, „Anflüge von Dirty Campaigning“ auszumachen. Das könne sich, je näher der Wahltermin rückt, noch verschärfen, dennoch sei Östererich im internationalen Vergleich eine „Insel der Seeligen“, wenn es um diese Form des Wahlkampfes geht. „In Österreich wird schnell Mal Dirty Campaigning geschrien“, sagt der Kommunikationsberater und vergleicht den Effekt mit einer Schwalbe im Fußball. „Da geht es auch darum aufzuzeigen, dass der Gegner mit unfairen bzw. mit falschen Karten spielt.“

Die persönliche Diffamierung würde vom Wähler tendenziell abgestraft werden, sagt Pick gegenüber News. „Dirty Campaigning" als Hauptwahlstrategie wäre somit kontraproduktiv. „So etwas hat keinen mobilisierenden Effekt“, erklärt Pick, „damit alleine lässt sich kein Wahl schlagen, es braucht immer auch etwas Positives.“

»Kampagnenführung muss negativ sein«

Negativkampagnen seien aber nicht neu, sagt Politologe Ferdinand Karlhofer. Im Nationalratswahlkampf 1970 warb Kreiskys Gegenkandidat, der ÖVP-Kanzler Klaus, beispielsweise mit einem geschönten Kopfbild und dem Slogan "Ein echter Österreicher“. „Hier wurde ganz bewusst auf die jüdische Herkunft Kreiskys angespielt und diese in einen negativen Kontext gesetzt“, erläutert Karlhofer.

"Negative Campaigning“ läge in den Genen jedes Kampagnenleiters, meint Karlhofer – „Kampagnenführung muss negativ sein.“
Die drei großen Parteien, SPÖ, ÖVP und FPÖ könnten diese Techniken anwenden, so der Politologe. Kleinere Parteien hätten es hingegen schwerer, als ihnen die finanziellen Ressourcen fehlen würden, solch ein Know-How zu kaufen. „Gute Berater kosten eben mehr.“

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