Corona-Impfung: Frühestens Ende 2021?

Pharma-Chef dämpft Hoffnungen und sieht derzeitige Antikörpertests als "sehr fragwürdig"

Wohl frühestens Ende 2021 ist nach Einschätzung von Roche-Chef Severin Schwan mit einem Impfstoff gegen das Coronavirus zu rechnen. Üblicherweise dauere die Entwicklung Jahre, dämpfte der Chef des Schweizer Pharmariesen die Hoffnung auf eine rasche Verfügbarkeit einer Immunisierung gegen den Erreger der Covid-19-Pandemie.

von Langes Warten - Corona-Impfung: Frühestens Ende 2021? © Bild: iStockPhoto.com/luchschen

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"Ich persönlich finde den geplanten Zeitrahmen von zwölf bis 18 Monaten angesichts der Herausforderungen ehrgeizig", sagte Schwan am Dienstag. Das wahrscheinlichste Szenario sei leider, dass vor Ende kommenden Jahres kein Impfstoff verfügbar sein dürfte.

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Impfung maßgeblicher Faktor für Rückkehr zur Normalität

Ein Impfstoff gilt als ein maßgeblicher Faktor, um die global einschneidenden Einschränkungen zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie zurückfahren zu können. Jüngst hatte der Vizepräsident des Robert-Koch-Instituts (RKI) in Deutschland gewarnt, dass ohne Impfstoff eine Rückkehr zur Normalität kaum möglich sei. Weltweit wurde mit der klinischen Prüfung von Kandidaten begonnen und manche Experten halten einen Impfstoff noch in diesem Jahr für möglich.

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Derzeitige Antikörpertests: "Fragwürdig"

Die Rolle des Konzerns in der Coronavirus-Krise sieht Schwan bei den Tests und der Behandlung von schwer an Covid-19 erkrankten Patienten. Der Konzernchef kritisierte die Qualität der bisher auf den Markt gebrachten Tests zum Nachweis der Immunität gegen das Virus heftig. "Es ist ethisch sehr fragwürdig, mit diesem Zeug auf den Markt zu gehen", sagte Schwan. Es gebe Tausende Coronaviren und die Schwierigkeit sei, den richtigen zu erkennen. Deswegen seien umfangreiche Testreihen und Validierungen erforderlich.

"Zuverlässiger Test" wird kommen

Nachzuweisen, dass jemand bereits eine Infektion durchgemacht und Antikörper gegen das Virus gebildet hat, gilt ebenfalls als ein entscheidender Faktor zur Abkehr von den Pandemie-Einschränkungen. Roche selbst will bis Anfang Mai einen Antikörpertest auf den Markt bringen und ab Juni monatlich eine hohe zweistellige Millionenzahl bereitstellen. Der Test werde "mit Sicherheit" sehr zuverlässig sein, sagte Schwan. Der Arzneimittelhersteller will außerdem im Frühsommer die Ergebnisse einer klinischen Studie zur Behandlung der vom Coronavirus ausgelösten schweren Lungenentzündung mit seinem Arthritis-Medikament Actemra vorlegen.

Die Schritte zum Impfstoff

Prinzipiell gilt: Haben Forscher eine Substanz gefunden, von der sie annehmen, sie lasse sich als Impfstoff einsetzen, durchläuft dieser Impfstoff-Kandidat eine Prüfung in mehreren Schritten. Nach erfolgreichem Abschluss kann ein Antrag auf Zulassung als Impfstoff gestellt werden. So läuft die klinische Prüfung ab:

In sogenannten präklinischen Studien wird mit Zell- und Tierversuchen zunächst die grundsätzliche Sicherheit und Wirksamkeit des Kandidaten geprüft.

Phase I der klinischen Prüfung beginnt mit wenigen gesunden Freiwilligen. Diese Phase dient vor allem dazu, die Verträglichkeit eines Wirkstoffs sicherzustellen. Sie kann auch mit der nächsten Phase kombiniert werden.

In der sich anschließenden Phase-II-Studie wird meist an einigen hundert Menschen untersucht, ob der Testkandidat wirkt. Im Falle eines Impfstoffes heißt das also zum Beispiel, es wird geprüft, ob schützende Antikörper gebildet werden. In dieser Phase soll unter anderem auch geklärt werden, wie, wie oft und in welcher Dosis der Impfstoff am besten verabreicht wird.

In die dritte Phase der klinischen Prüfung werden schließlich Tausende Menschen einbezogen. Die Ergebnisse sind für die Anträge auf Zulassung eines Impfstoffes von entscheidender Bedeutung.

Phase-IV-Studien folgen nach der Zulassung. Sie dienen zum Beispiel dazu, seltene Nebenwirkungen zu erkennen oder spezielle Fragestellungen an bestimmten Patientengruppen zu untersuchen.