Amon Richtung FPÖ:
"Bis hierher und nicht weiter"

Sieht Machtbalance gefährdet, weil alle Nachrichtendienste den Freiheitlichen unterstellt wurden

Die Auseinandersetzung zwischen ÖVP und FPÖ rund um die BVT-Affäre spitzt sich weiter zu. Werner Amon, schwarzer Fraktionschef im U-Ausschuss, wirft in einem Interview im Österreich-Teil der deutschen Wochenzeitung "Die Zeit" dem FPÖ-geführten Innenministerium eine "brachiale Vorgangsweise" vor. Sein Eindruck sei: "Es sollte Chaos erzeugt werden, das als Vorwand dient, um 'aufzuräumen'."

von Werner Amon © Bild: APA/herbert Pfarrhofer

Zur Frage, ob die Affäre um den Verfassungsschutz das Vertrauen zwischen den Koalitionspartnern nachhaltig beschädigen könnte, meinte Amon, dass es eine Belastung für die gemeinsame Arbeit sei, wenn Spitzenpersonen aus einem Ressort so agierten wie hier. "Ich habe nicht die Absicht, zu provozieren oder die Koalition zu gefährden, aber man muss Grenzen ziehen", sagte er.

"Das geht über diese Causa hinaus"

"Das geht über diese Causa hinaus. Wenn Parteisympathisanten eine menschenverachtende, ausländerfeindliche oder demokratiepolitisch bedenkliche Wortwahl treffen, dann müssen wir als christdemokratische Partei sagen: Bis hierher und nicht weiter", so Amon weiter.

Rücktrittsaufforderung "Zeichen massiv wachsender Nervosität"

Die Rücktrittsaufforderung von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache - unter anderem wegen der persönlichen Involvierung Amons - an ihn bezeichnete er als bemerkenswert und als Zeichen massiv wachsender Nervosität beim Koalitionspartner. Immer kritisch gesehen habe er, dass die FPÖ alle Ministerin bekommen hat, denen Nachrichtendienste unterstehen. "Es war eine gute Tradition, dass wir die Einheiten, die Waffen führen und Nachrichtendienste haben, zwischen den Parteien getrennt haben. Das hat die Machtbalance sichergestellt, und es gab dafür historische Gründe aus den Dreißigerjahren."

Rosenkranz sieht Aussagen gelassen

FPÖ-Klubobmann Walter Rosenkranz hat die Aussagen Amons gelassen kommentiert. "Das ist keine Sache, die irgendwie die Regierungsarbeit beeinflussen wird", sagte er am Rande des Plenums. Er vermutet persönliche Beweggründe Amons hinter den Aussagen. Auch ÖVP-Klubobchef August Wöginger betonte, die Koalition arbeite gut zusammen.

Rosenkranz sagte, die Aussagen Amons würden seiner Meinung nach nicht die Linie der ÖVP bzw. des ÖVP-Klubs widerspiegeln. Abgesehen von diesen Aussagen funktioniere die Zusammenarbeit mit Amon völlig friktionsfrei, betonte er.

Persönliche Beweggründe vermutet

Er könne nur mutmaßen, "warum Kollege Amon so etwas von sich gibt", so Rosenkranz. Er vermutet persönliche Beweggründe und verwies auf die (auch schon im U-Ausschuss debattierte) langjährige Freundschaft Amons mit dem früheren Leiter der BVT-Spionageabwehr Bernhard P. Dieser war im Zuge der BVT-Affäre entlassen worden, an dessen privater Adresse wurde eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Der Vorwurf gegen ihn lautete, vertrauliche Unterlagen mit nach Hause genommen zu haben. P. hatte die Vorwürfe im Ausschuss "absurd" genannt, denn auch andere Mitarbeiter hätten von zuhause gearbeitet, was nicht nur geduldet, sondern gewünscht gewesen sei.

Rosenkranz betonte, durch derartige Aussagen wie jene Amons werde man sich in der Koalition jedenfalls sicher nicht in einen "Strudel" bringen lassen.

Wöginger: "Man arbeitet gut zusammen"

Auch ÖVP-Klubobmann August Wöginger kommentierte die Worte seiner Fraktionskollegen gelassen. Auf Anfrage der APA sagte er in einem Statement, man arbeite "gut zusammen in der Koalition. Im BVT-Ausschuss wird manches zugespitzt, das ist normal im Ausschuss".

Sobotka will "Sicherheitsorganisation" im Parlament

Indes hat Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) sich für eine eigene "Sicherheitsorganisation" des Parlaments ausgesprochen. Nach dem Auffliegen eines Rechtsradikalen, der für eine private Sicherheitsfirma beim BVT-Untersuchungsausschuss tätig war, habe man entsprechende Vorarbeiten "intensiviert", sagte Sobotka nach einer "Sonderpräsidiale" zu der Causa.

Kein externes Personal mehr

Zur Beachtung der Untersuchungsausschüsse will Sobotka ab sofort kein externes Personal mehr einsetzen, sondern die Sicherheitsmitarbeiter des Parlaments. Aktuell verfügt das Parlament über 14 hauseigene Securities, die von etwa 20 externen Mitarbeitern unterstützt werden. In Spitzenzeiten (am Tag der offenen Tür) können es bis zu 80 sein, sagte Parlamentssprecher Karl-Heinz Grundböck.

Für die Zukunft schlägt Sobotka - mit Blick auf die 2020 geplante Rückübersiedlung aus dem Ausweichquartier in der Hofburg ins Parlamentsgebäude am Ring - die Einrichtung einer eigenen "Sicherheitsorganisation" für das Parlament vor. Die Prüfung möglicher europäischer Vorbilder sei schon länger geplant und werde nun "intensiviert". Im Detail müsse der Vorschlag aber im Sicherheitskomitee des Parlaments unter Einbeziehung aller Fraktionen diskutiert werden. ÖVP-Sicherheitssprecher Werner Amon hatte in der "Kronen Zeitung" zuletzt eine Parlamentspolizei (mit 80 Mann) nach deutschem Vorbild vorgeschlagen.

Sobotka "äußerst erschüttert"

"Äußerst erschüttert" zeigte sich Sobotka darüber, dass bei der vom Parlament beauftragten Sicherheitsfirma G4S ein Mitarbeiter mit "sehr klarer antidemokratischer Haltung" beschäftigt worden sei. Wobei Sobotka betonte, dass das Parlament am 26. April eine Sicherheitsüberprüfung aller privaten Securities in Auftrag gegeben habe. Das Unternehmen habe aber offenbar keine Sicherheitsüberprüfung nach dem Sicherheitspolizeigesetz durchgeführt, sondern nur eine weniger umfangreiche "Zuverlässigkeitsprüfung". Hier sei nun eine "Klarstellung" der vertraglichen Pflichten nötig.

Überprüfung des Personals läuft

Außerdem läuft laut Sobotka seit Montag eine Sicherheitsüberprüfung auch des internen Sicherheitspersonals. Zudem wurde vereinbart, in heiklen Bereichen nur noch internes und kein extern zugemietetes Reinigungspersonal einzusetzen. Die Räumlichkeiten der Untersuchungsausschüsse sollen zudem neuerlich auf Abhörsicherheit geprüft werden.

Die Präsidiale des Parlaments, also das Leitungsgremium aus den drei Nationalratspräsidenten und den Klubobleuten, hatte sich am Donnerstagfrüh mit dem Fall des G4S-Mitarbeiters befasst. Er war beim U-Ausschuss eingesetzt gewesen, obwohl er zum Umfeld des Neonazis Gottfried Küssel gehörte. Laut Sobotka wurde der Sicherheitsmitarbeiter sofort nach Bekanntwerden dieser Verbindungen abgezogen und mittlerweile entlassen.

Neonazi-Security nutzte Zutrittskarte ordnungsgemäß

Jener Security mit Verbindungen in die Neonazi-Szene, der für die Aufregung gesorgt hatte, hat zumindest seine Zutrittskarte im Parlament offenbar nicht missbräuchlich verwendet und keine Räume unbefugt betreten. "Jede Nutzung der Zutrittskarte stand im Einklang mit dem Aufgabenprofil", sagte ein Parlamentssprecher am Donnerstag nach einer weiteren Prüfung zur APA.

Das Parlament hat das Protokoll der elektronischen Zutrittskarte des rechtsextremen Wachmannes, der mittlerweile von der privaten Sicherheitsfirma entlassen wurde, geprüft. Bereits am Mittwochabend teilte die Parlamentsdirektion mit, dass er den Prüfungsergebnissen zufolge keine sensiblen Räumlichkeiten unberechtigt betreten habe, allerdings gab es auch einen Zutritt in zwei Büroräume im Verwaltungsbereich der Parlamentsdirektion ohne Auftrag. Deshalb hat man noch einmal nachgeforscht, und nun sei auch dieser Vorfall "ausgeräumt", erklärte der Sprecher am Donnerstag. Der Security habe einen entsprechenden Auftrag seines Vorgesetzten gehabt.

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