Hofer will für Lkw-
Obergrenze kämpfen

"Würde derzeit europarechtlich aber wahrscheinlich nicht halten"

Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) hält eine Lkw-Obergrenze für Fahrten über den Brenner, wie sie die Tiroler Landesregierung seit mehrere Wochen forciert, gegenwärtig für "nicht realistisch". Hofer selbst sei aber für eine Grenze und will für diese kämpfen.

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Brenner-Transit - Hofer will für Lkw-
Obergrenze kämpfen

Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) will für eine Lkw-Obergrenze am Brenner "kämpfen". Er sei selbstverständlich für eine Lkw-Obergrenze, diese werde gegenwärtig europarechtlich aber wahrscheinlich nicht halten, sagte Hofer am Mittwoch im Gespräch mit der APA. Deshalb müsse die Sache nun klug angegangen werden.

Änderungen auf europäischer Ebene

Hofer will die notwendigen Änderungen, um eine Lkw-Obergrenze zu ermöglichen, auf europäischer Ebene einfordern. Hierfür brauche es aber Partner, sowohl im eigenen Land, erklärte der Verkehrsminister und sprach damit seinen Koalitionspartner ÖVP an, als auch auf europäischer Ebene. Wenn man nun aber zu voreilig agiere, würde man Gefahr laufen, dass eine Obergrenze wieder aufgehoben werde, so der Minister.

»Wir alle wollen weniger Verkehr am Brenner. Wir müssen es aber auch durchsetzen«

"Aufgrund der von mehreren Mitgliedstaaten (insbesondere Deutschland und Italien) aber auch der Europäischen Kommission, der diesbezüglich das Initiativrecht auf EU-Ebene zukäme, vorgebrachten einerseits europarechtlichen und völkerrechtlichen Bedenken, andererseits vor allem auch aufgrund der grundlegenden, teilweise sehr starken prinzipiellen Vorbehalte gegenüber der Anwendung eines den Straßengüterschwerverkehr zahlenmäßig reglementierenden Systems erscheinen Mehrheiten für die Umsetzung eines solchen Instruments gegenwärtig allerdings nicht realistisch", heißt es in der Beantwortung. Yildirim fragte den Verkehrsminister unter anderem, wie er zu einer Obergrenze der Lkw-Fahrten über den Brenner stehe.

Verlagerung des Schwerverkehrs von Straße auf Schiene

Trotzdem bekannte sich Hofer grundsätzlich zur Verlagerung des Schwerverkehrs von der Straße auf die Schiene. Das Verkehrsministerium werde "aktiv und konstruktiv" an den Verhandlungen zur Änderung der EU-Wegekostenrichtlinie mitwirken, hieß es. Zudem soll etwa das Förderprogramm für den Schienengüterverkehr, für das rund 100 Mio. Euro pro Jahr vorgesehen sind, im Zeitraum 2018 bis 2022 fortgesetzt werden. Auch weitere Schritte, um den Schienenverkehr "attraktiver zu gestalten", sollen gesetzt werden.

Die Anfragebeantwortung lasse ein Engagement von Hofer bei der Transitfrage vermissen, teilten indes die Tiroler SPÖ-Chefin Elisabeth Blanik und Yildirim in einer Aussendung mit. Offenbar sei der Verkehrsminister zu sehr mit "politischen Umfärbeaktionen bei ÖBB, BBT und Co. beschäftigt, als dass er sich auf sachpolitischer Ebene um die Probleme im Land kümmern kann", so die beiden Sozialdemokratinnen unisono.

»Anstatt der Forderung nach einer dringend notwendigen Transitentlastung Tirols durch eine Lkw-Obergrenze volle Rückendeckung zu geben, redet er sich auf die Europäische Union hinaus«

Jakob Wolf, Klubobmann der Tiroler ÖVP, bezeichnete die schriftliche Anfragebeantwortung des Verkehrsministers als "entlarvend". "Anstatt der Forderung nach einer dringend notwendigen Transitentlastung Tirols durch eine Lkw-Obergrenze volle Rückendeckung zu geben, redet er sich auf die Europäische Union hinaus und führt Bedenken aus Italien und Deutschland ins Treffen", so Wolf, der gleichzeitig Tirols FPÖ-Chef Markus Abwerzger dazu aufforderte, "sich klar zu bekennen".

"Wir gehen es an", versicherte aber Hofer. Er wolle die weitere Vorgangsweise mit Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) besprechen. "Wir alle wollen weniger Verkehr am Brenner. Wir müssen es aber auch durchsetzen", fügte der Freiheitliche hinzu.

Berlusconi-Partei gegen Blockabfertigung

Die rechtskonservative Partei Forza Italia um Ex-Premier Silvio Berlusconi reagiert besorgt auf die sogenannte Lkw-Blockabfertigung, die den Schwerlastverkehr von Deutschland kommend durch Tirol auf 250 bis 300 Fahrzeuge pro Stunde dosieren soll. Die Blockabfertigung sei eine "unannehmbare, einseitige Maßnahme" Tirols, kritisierte die EU-Abgeordnete der Forza Italia, Lara Comi.

Comi, stellvertretende Präsidentin der Europäischen Volkspartei (EVP), warnte in einer Presseaussendung am Mittwoch vor schweren Schäden für die italienische Wirtschaft. Sie rief den italienischen Verkehrsminister Graziano Delrio auf, Druck auf Österreich auszuüben, damit es auf die Lkw-Blockabfertigung verzichte.

Der italienische Frächterverband Conftrasporto hatte am Dienstag in einem Schreiben die Regierung in Rom zu Schritten in Wien aufgerufen, damit Tirol auf die Lkw-Blockabfertigung verzichte. Sollte Österreich einseitig diese Maßnahme einführen ohne die Beschlüsse des Brenner-Treffens in München zu respektieren, würde sich dies durchaus negativ auf den Verkehr und die Umwelt in Italien und Deutschland auswirken, hieß es im Schreiben von Conftrasporto-Präsidenten Paolo Ugge.

Platter akzeptiert "vorerst" Hofers "Klarstellung"

Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) will die "Klarstellung" von Hofer gemeinsam für eine Lkw-Obergrenze zu kämpfen "vorerst akzeptieren". "Unter der uns zugesagten vollen Unterstützung im Kampf gegen den Transit verstehe ich, dass unsere Interessen gegenüber Deutschland und Italien mit Stärke vertreten werden", meinte Platter.

Diese Unterstützung sehe er bei Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und der gesamten Bundesregierung, so der Landeshauptmann weiter. Wie sich derzeit herausstelle, seien die Maßnahmen der vergangenen Jahre zur Eindämmung des Transits zu wenig gewesen. "Daher brauchen wir nun starke und verlässliche Partner in Wien und Brüssel", stellte Platter klar. Die Korridormaut, eine Lkw-Obergrenze und die Blockabfertigung seien nicht verhandelbar, betonte der Landes-Chef und forderte gleichzeitig von Verkehrsminister Hofer Maßnahmen und zwar "jetzt und nicht erst in zehn Jahren".

Die Tiroler Grünen sahen in der Beantwortung der parlamentarischen Anfrage indes "entlarvende Aussagen" von Hofer. Die Lkw-Obergrenze soll durch eine Alpentransitbörse ermöglicht werden, erklärte Klubobmann Gebi Mair. Eine Studie aus dem Jahr 2014 im Auftrag der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino habe ergeben, dass eine Alpentransitbörse rechtlich machbar sei und lediglich am politischen Willen der Nationalstaaten hänge. Offenbar sei der FPÖ-Verkehrsminister noch nicht auf dem aktuellen Stand der Anti-Transit-Diskussion angelangt, meinte Mair. "Die Alpentransitbörse ist rechtlich machbar. Die Alpenregionen sind dafür. Nun darf uns die schwarz-blaue Bundesregierung nicht im Stich lassen", forderte der Klubobmann.

Liste Fritz Klubobfrau Andrea Haselwanter-Schneider meinte hingegen, dass Hofer den Tirolern in den Rücken falle. "Der Verkehrsminister fällt schon um, bevor er überhaupt aufgestanden ist. Der Verkehrsminister soll nicht erklären, was nicht geht, sondern er soll schauen, dass es geht", sagte Haselwanter-Schneider. Erstaunlich sei, dass derselbe Minister, der "eine Obergrenze gegen flüchtende Menschen befürwortet, keine Obergrenze für Lkw zustandebringen will".

Hofer wendet sich an EU-Kommissarin

Hofer hat sich am Mittwoch in Sachen Brenner-Transit mit einem Brief an EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc gewandt. Darin schrieb Hofer etwa, dass "auch die Frage der Einführung einer Obergrenze an Lkw-Fahrten über betroffene Alpenübergänge" in Betracht gezogen werden müsse. Die Verkehrszunahmen der letzten Monate und Jahre am Brenner bezeichnete er als dramatisch.

Auch wenn eine solche Obergrenze "auf Basis der geltenden gemeinschaftsrechtlichen und internationalen Vorschriften schwierig zu realisieren ist", dürften Überlegungen im Hinblick auf eine zahlenmäßige Begrenzung der durch sensible Gebiete wie die Alpen geführten Fahrten, etwa im Sinne des Instruments einer Alpentransitbörse, "kein Tabu" sein, so Hofer weiter.

Der Verkehrsminister appellierte an die "EU-Kommission als Initiatorin für die europäische Gesetzgebung, auf eine EU-weite Lösung hin zu arbeiten, die wirksame Reduktionen der Lkw-Fahrten erlaubt". Der Transit über den Brenner habe jedenfalls "ein Ausmaß erreicht, das unmittelbar wirksame und zielgerichtete Maßnahmen absolut notwendig und unumgänglich macht".

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