Stecken Muslime hinter dem
wachsenden Antisemitismus?

Arik Brauer sagt erneut, mit Flüchtlingen sei Judenfeindlichkeit "importiert" worden

Als der Wiener Künstler Arik Brauer erklärte, als Jude fürchte er sich heute mehr vor Muslimen als vor Burschenschaftern, entfachte er eine heftige Debatte. Nun wiederholt er seine Aussagen und sagt, ein neuer Antisemitismus sei "mit den Flüchtlingen importiert" worden. Doch der aktuelle Antisemitismus-Bericht sagt etwas anderes.

von Debatte - Stecken Muslime hinter dem
wachsenden Antisemitismus? © Bild: News/Matt Observe

Es war ein überraschendes Statement, mit dem Arik Brauer, Sänger, Maler und Holocaustüberlebender, Anfang März in der ORF-Sendung "Im Zentrum" zum Thema 80 Jahre "Anschluss" aufhorchen ließ: Es gebe eine Viertelmilliarde Araber, die die Juden "am liebsten am Grund vom Mittelmeer" sehen würden. Er mache sich um rechtsextreme Burschenschafter daher weniger Sorgen als um zugewanderte Muslime. "Wenn mich einer umbringen will, dann sicher nicht einer dieser Fechter", sagte der 89-Jährige damals. Brauer löste damit eine heftige Debatte um islamischen Antisemitismus aus. Im "News"-interview stand er vor kurzem zu seinen Aussagen und sagte auch: "Ja, die Einwanderung von fast ausschließlich Moslems ist ein Problem."

"Mehrheit der arabischen Muslime hasst die Juden"

Und nun legt der Künstler erneut nach. Dem "Kurier" erklärte er, nach seinem umstrittenen TV-Auftritt gefragt: "Ein neuer Antisemitismus wurde mit den Flüchtlingen importiert. Natürlich gibt es immer andere, die anders empfinden. Aber ich sage, dass die Mehrheit der arabischen Muslime die Juden hassen. Sie fühlen sich vom Staat Israel gedemütigt." Er persönlich fühle sich als Jude in Österreich zwar sicher, es gebe in Europa aber immer mehr antisemitische Übergriffe. Und auch in Israel "muss man freilich schon Angst haben", weil es keinen Frieden mit den muslimischen Nachbarländern gebe. Er nehme diese Art der Judenfeindlichkeit "gar nicht persönlich". "Die Menschen empfinden das so, sie wurden so erzogen und vielleicht würde ich das an ihrer Stelle auch so sehen", sagte Brauer.

Brauer greift mit seinen Aussagen eine Diskussion auf, die in Europa seit einigen Jahren immer intensiver geführt wird: Ist Antisemitismus bei uns heute vorrangig ein "Zuwanderer-Problem"? Rechte Parteien haben dies immer wieder so dargestellt. So warnte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache wiederholt vor "muslimischem Antisemitismus" und beschwor dagegen das "christlich-jüdische Europa". ÖVP-Nationalratsabgeordneter Martin Engelberg verteidigte die schwarz-blaue Koalition in der israelischen Zeitung Haaretz mit dem Argument, islamischer Antisemitismus sei in Österreich für Juden die größere Gefahr als jener von rechts.

Nur zehn Prozent der Taten mit islamischem Hintergrund

Doch entsprechen diese Behauptungen auch den Tatsachen? Dass antisemitische Vorfälle zunehmen, steht außer Frage. Der Mitte Februar präsentierte österreichische Antisemitismus-Bericht für 2017 weist im Vorjahr 503 gemeldete Zwischenfälle aus: Ein Rekordhoch, wobei das Forum gegen Antisemitismus, das den Bericht erstellt, auch noch von einer hohen Dunkelziffer ausgeht. Seit 2014 haben sich die Vorfälle damit verdoppelt. Gemeldet wurden Beschimpfungen ebenso wie tätliche Angriffe, Vandalenakte auf jüdischen Friedhöfen, Schmierereien, Facebook-Postings und Hassbriefe und -mails.

Muslime sind jedoch nur für einen relativ geringen Teil der Taten verantwortlich, wie der Bericht zeigt. Wann immer möglich, wurden die gemeldeten Vorfälle dort nämlich auch einer bestimmten ideologischen Richtung zugeordnet. Nur zehn Prozent der Taten im Jahr 2017 hatten demnach definitiv einen islamischen Hintergrund. 24 Prozent kamen aus rechten Spektrum, drei Prozent aus dem linken. In 62 Prozent der Fälle war eine Zuordnung nicht möglich. Geht man davon aus, dass diese Fälle gleich auf die ideologischen Richtungen verteilt waren wie du zuordenbaren, hatten insgesamt 27 Prozent der Taten einen islamischen Hintergrund, 64 Prozent einen rechten und acht Prozent einen linken. Dass der heutige Antisemitismus also erst "mit den Flüchtlingen importiert" wurde, widerlegen diese Daten. Großtels kommt er nach wie vor aus der rechten Szene.