Macrons umstrittenes
Prestigeprojekt

Die erste große wirtschaftspolitische Reform von Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron ist beschlossene Sache

von Arbeitsmarktreform - Macrons umstrittenes
Prestigeprojekt © Bild: LUDOVIC MARIN / AFP

Der Präsident unterzeichnete am Freitag nach einem Kabinettsbeschluss die fünf Verordnungen zur umstrittenen Arbeitsmarktreform. Die wichtigsten Punkte im Überblick:

Ziele

Im Kampf gegen die hohe Arbeitslosigkeit will die Regierung den Arbeitgebern mehr Flexibilität und Sicherheit einräumen. Unternehmen sollen dadurch wieder leichter Mitarbeiter einstellen. Frankreich leidet seit Jahren unter einer hohen Arbeitslosigkeit: Derzeit sind mehr als 3,5 Millionen Menschen ohne Job, die Arbeitslosenquote liegt bei über neun Prozent.

Inhalt der Reform

Leichtere betriebsbedingte Kündigungen

Die Regierung will betriebsbedingte Kündigungen für Firmen in Schwierigkeiten erleichtern. Bei international tätigen Unternehmen soll nur noch die wirtschaftliche Lage in Frankreich als Grundlage genommen werden, ob Entlassungen gerechtfertigt sind oder nicht. Bisher wird auch geprüft, wie es dem Unternehmen im Ausland geht. Außerdem sollen die Möglichkeiten ausgeweitet werden, Arbeitsverträge von Teilen der Belegschaft außerhalb eines Sozialplans in gegenseitigem Einverständnis aufzulösen.

Deckelung von Abfertigung

Die Regierung will die Abfertigung deckeln, die Arbeitgeber nach einer unrechtmäßigen Entlassung zahlen müssen - eine langjährige Forderung von Unternehmerverbänden. Den Arbeitsgerichten werden entsprechende Obergrenzen vorgegeben, die sich an der Dauer der Betriebszugehörigkeit bemessen. Im Gegenzug werden die grundsätzlich gezahlten Abfertigungen um ein Viertel erhöht.

Stärkung von Betriebsvereinbarungen

Betriebsvereinbarungen werden bei der Organisation des Arbeitslebens im Vergleich zu Branchenvereinbarungen aufgewertet. Die Regierung argumentiert, Verhandlungen innerhalb eines Unternehmens würden den Bedürfnissen von Arbeitgebern und Belegschaft am besten gerecht. Die Regierung will es Unternehmen zudem erleichtern, ihre Belegschaft mit einer Befragung über eine Vereinbarung abstimmen zu lassen. Kleine und mittlere Unternehmen, in denen es keine Gewerkschaftsvertreter gibt, sollen künftig zudem auch mit Personalvertretern ohne Gewerkschaftsmandat verhandeln dürfen.

Zusammenlegung von Arbeitnehmervertretungen

In französischen Unternehmen gibt es derzeit vier verschiedene Formen von Arbeitnehmervertretungen, vom Betriebsrat bis hin zu Komitees, die für die Sicherheit am Arbeitsplatz zuständig sind. Die Regierung will drei von ihnen zusammenlegen, damit der soziale Dialog "effizienter" verläuft. Die Gewerkschaften sind strikt gegen diese Fusion. Sie befürchten insbesondere weniger Mittel für die Arbeitnehmervertretungen.

Kritik und Proteste

Während die Arbeitgeber die Reform begrüßen, wird sie von den Gewerkschaften und linken Parteien als Aushöhlung von Arbeitnehmerrechten und "sozialer Rückschritt" kritisiert. Bei Gewerkschaftsprotesten gingen vergangene Woche nach offiziellen Angaben landesweit 223.000 Menschen auf die Straße, am Donnerstag dann noch 132.000. Der linke Volkstribun Jean-Luc Melenchon, Frankreichs derzeit profiliertester Oppositionspolitiker, hat für Samstag zu einer Großdemonstration in Paris aufgerufen.

Zeitplan

Die während des Sommers erarbeiteten Reformverordnungen passierten am Freitag das Kabinett und wurden von Macron unterzeichnet. Sie sollen kommende Woche im Amtsblatt veröffentlicht werden und treten dann umgehend in Kraft. Zwar muss die Gesamtheit der Verordnungen dem Parlament noch zur Ratifizierung vorgelegt werden - dies gilt jedoch angesichts von Macrons breiter Mehrheit in der Nationalversammlung als reine Formsache. In einigen Punkten wird es für die Reform noch Umsetzungsdekrete geben.

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