AMS-Chef übt leise
Kritik an Kanzler Kurz

In der Debatte um die von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) geforderte Vermittlung von asylberechtigten Arbeitslosen in Wien auf freie Jobs in Westösterreich hat auch AMS-Vorstand Johannes Kopf Stellung genommen. Die Verpflichtung, einen freien Job in einem anderen Bundesland anzunehmen, gebe es schon jetzt. Er sei hier wie der Kanzler für konsequenten Vollzug. Statt auf Zwang setze er aber auf Anreize.

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Arbeitslose - AMS-Chef übt leise
Kritik an Kanzler Kurz

"Die Arbeitgeber brauchen keinen, der gezwungen wird, sondern jemand der den Job will", betonte Kopf am Donnerstag im Ö1-"Mittagsjournal" des ORF-Radios. Schon jetzt gebe es überregionale Vermittlung von Arbeitssuchenden, wenn diese keine Betreuungspflichten haben und der Arbeitgeber eine Unterkunft bereitstellt. Wer einen angebotenen Job in einem anderen Bundesland nicht annehmen wolle, bekomme für sechs Wochen kein Arbeitslosengeld mehr. Es brauche hier den konsequenten Vollzug, um die Solidarität aufrechtzuerhalten. Es sei aber kein Grund zu moralisieren, denn wenn jemand einen bestimmten Job nicht wolle, müsse man das von vollkommener Arbeitsunwilligkeit unterscheiden. Man könne natürlich über das eine oder andere Detail der Zumutbarkeitsbestimmungen noch diskutieren, aber "das macht das Kraut nicht fett".

Anreize und Information wichtiger

Für wichtiger hält der AMS-Vorstand Anreize und Information über die Chancen bei freien Arbeitsplätzen, etwa im Tourismus in westlichen Bundesländern. Hier müssten ausländische Arbeitssuchende aufgeklärt werden, wie Saisonarbeit in Österreich funktioniere. Dazu gebe es auch bereits eigene Jobbörsen, wo Unternehmer und Arbeitssuchende zusammengebracht werden. Um Mitarbeiter müsse man werben, dazu gehörten auch Arbeitszeitregelungen, Kinderbetreuungsangebot vor Ort und generell die Attraktivität des Arbeitsplatzes. Bei asylberechtigten Arbeitslosen gebe es keine Auffälligkeit in Bezug auf die Verweigerung eines Arbeitsplatzes gegenüber sonstigen Arbeitslosen, sagte Kopf. Wenn die Politik strengere Bestimmungen wolle, müsse man das wohl für alle machen - nicht nur für Asylberechtigte.

Als Beispiel für den Erfolg von Information erzählte Kopf von einem Syrer, der nach einer Jobbörse einen freien Arbeitsplatz auf einer Skihütte abgelehnt habe, weil es "zu kalt und zu einsam" sei. Nach entsprechender Information arbeite er nun bereits die zweite Saison in Tirol.

Kritik von AK-Chefin Anderl deutlich härter

Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl hat die ÖVP kritisiert, die durch Sanktionen den Druck auf die Arbeitssuchenden erhöhen wolle, jeden Job in jedem Bundesland anzunehmen. Schon jetzt müssten Arbeitssuchende ohne Kinder eine Arbeit in einem anderen Bundesland annehmen, wenn eine Unterkunft zur Verfügung gestellt wird.

"Die ÖVP will offensichtlich mehr: Nämlich Arbeitssuchenden generell das Arbeitslosengeld streichen, wenn sie nicht auf eine freie Stelle in einem anderen Bundesland übersiedeln wollen", so die AK-Präsidentin am Donnerstag in einer Aussendung. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sei der ÖVP dabei wohl egal.

Die überwiegende Zahl der derzeit in Westösterreich angebotenen Stellen seien aber nur Saisonjobs für wenige Monate, verbunden mit langen harten Arbeitstagen und relativ niedrigen Löhnen. Hingegen wollten Arbeitssuchende eine Arbeit, von der sie und ihre Familien dauerhaft gut leben können. Die AK-Chefin wendet sich gegen eine Verschärfung von Zumutbarkeitsbestimmungen und härtere Sanktionen.

Zwischenparken im AMS sozialer Missbrauch

Anderl kritisiert auch, dass Unternehmen nach wie vor ohne Sanktionen Beschäftigte in der Arbeitslosigkeit zwischenparken könnten. "Wir brauchen keine Strafen für Arbeitslose, die es ohnehin schwer haben. Wir brauchen Strafen für Unternehmer, die das AMS als Zwischenparkplatz für Beschäftigte benutzen, die sie dann ohnehin wieder einstellen. Das ist Missbrauch des Sozialsystems."

Statt einer Verschärfung der Zumutbarkeitsbestimmungen fordert die AK die Umsetzung insbesondere folgender Maßnahmen: Bessere Vermittlungsunterstützung und bessere persönliche Beratung durch das AMS, wo der Planstellenabbau sofort gestoppt werden solle. Man brauche dort bis zu 500 zusätzliche Stellen. Mit einer Qualifizierungsoffensive in der aktiven Arbeitsmarktpolitik und der Umsetzung der Aktion "Chance 45" sollten die Chancen für Arbeitslose auf einen Arbeitsplatz verbessert werden. Das Beenden von Arbeitsverhältnissen und Wiedereinstellen innerhalb von zwei Monaten soll Folgen für die Unternehmen haben: Sie sollten die verursachten Kosten in der Arbeitslosenversicherung übernehmen.