AMS-Chef Kopf: Arbeitslosigkeit dürfte 2020 stagnieren

AMS-Chef Johannes Kopf sieht in der Juli-Arbeitslosigkeit mit einem Minus von rund 15.000 Arbeitslosen im Vergleich zum Juli 2018 einen "kräftigen Rückgang". Auch fürs Gesamtjahr werde es im Jahresvergleich eine deutliche Reduktion geben, aber noch heuer könnte es erste Monate mit wieder steigenden Arbeitslosenzahlen geben. Dasselbe gilt für das kommende Jahr, so Kopf.

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Arbeitsmarkt - AMS-Chef Kopf: Arbeitslosigkeit dürfte 2020 stagnieren

Da die offenen Stellen in der Industrie mit aktuell 8.1557 aber mit minus 5,2 Prozent einen Einbruch erlitten haben und auch die offenen Stellen in der Arbeitskräfteüberlassung leicht rückläufig sind, rechnet der Chef des Arbeitsmarktservice (AMS) damit, "dass die Arbeitslosigkeit in der Industrie relativ bald steigen wird. Bisher war die Industrie der Treiber hinter der sinkenden Arbeitslosigkeit. Aber jetzt sieht man: Da passiert was, das ist klar erkennbar", sagte Kopf. Daher die Erwartung, dass gegen Jahresende der eine oder andere Monat einen Anstieg der Arbeitslosigkeit zumindest in einzelnen Bundesländern bringen dürfte.

Das AMS rechnet für heuer und fürs kommende Jahr mit einem BIP-Wachstum von 1,5 Prozent. Für das Jahr 2020 rechnet Kopf mit einer stabilen Arbeitslosenquote, aber leicht steigenden Arbeitslosenzahlen wie es das IHS (plus 3.000) oder das Wifo (plus 6.000) prognostizieren. "Wir rechnen mit einer Stabilisierung. Sicher wird es das eine oder andere Monat mit mehr Arbeitslosen geben - aber nicht dramatisch", sagt Kopf. Dass das Wachstum einbrechen könnte, glaubt Kopf nicht. Er sieht keinen Weg in Richtung schwächeres Wachstum, rechnet eher mit Steigerungen von etwa 1,5 Prozent womöglich über mehrere Jahre. Tritt dieser Fall ein, würde die Arbeitslosenquote ebenso relativ stabil bleiben, prognostiziert er.

Österreich steht besser da als Deutschland

Kopf hob im Zusammenhang mit der österreichischen und deutschen Wirtschaft hervor, dass sich Österreich trotz der engen Verwebung relativ abgekoppelt habe. So wie Österreich zwischen 2012 und 2016 nicht allzu stark vom großen Wachstum im großen Nachbarland profitiert habe, so wachse es jetzt in stärkerem Ausmaß. Es sei eine Art "Puffer" zwischen Berlin und Wien entstanden. "Österreich ist auch sehr stark mit den osteuropäischen Nachbarländern verwoben und hat eine sehr stabile Inlandsnachfrage", erklärt Kopf. Zudem stehe Österreich demografisch viel besser da als Deutschland.

Dass der riesige Fachkräftemangel in Deutschland jenen in Österreich befeuern könnte, glaubt Kopf nicht unbedingt. Er verwies bei dieser Frage darauf, dass immer mehr Deutsche nach Österreich kommen, um zu arbeiten, beziehungsweise immer mehr deutsche Studenten in Österreich (Stichwort deutscher Numerus clausus) bleiben würden und hier arbeiteten. "Momentan ist die Zahl der deutschen am heimischen Arbeitsmarkt stetig steigend. Deutsche sind mit mehr als 100.000 Personen die größte ausländische Beschäftigungsgruppe in Österreich. 2004 waren es noch rund 50.000", so Kopf. Es handelte sich um gut qualifizierte Arbeitnehmer. Zudem ist die Arbeitslosenquote der Deutschen in Österreich niedriger als jene der Inländer. "Das gleiche gilt übrigens auch für Ungarn in Österreich", sagt Kopf.

Starker Zuzug von Arbeitskräften positiv

Wie hat sich der freie europäische Arbeitsmarkt überhaupt auf den heimischen Arbeitsmarkt und die Austro-Wirtschaft ausgewirkt? "Zwischen 2010 und 2018 sind inklusive rund 100.000 Österreichern fast 500.000 zusätzliche Arbeitskräfte auf unseren Arbeitsmarkt gekommen", erläutert Kopf. Zum Vergleich: In ganz Österreich gibt es rund 3,89 Millionen Beschäftigte. Die Steigerung habe so gut wie gar nichts mit Flüchtlingen "sondern im großen Stil mit Arbeitskräften aus dem EU-Ausland zu tun". Die hohe Zahl habe sich in der Phase des geringen Wachstums von 2012 bis 2016 dahingehend ausgewirkt, dass Österreich im EU-Vergleich nicht mehr unter den Staaten mit der geringsten Arbeitslosenquote ist.

Es gibt laut Kopf dabei aber einige sehr positive "Aber": "Der Zuzug ist für den Wirtschaftsstandort extrem gut, weil er das demografische Problem entschärft hat. Vor allem sind viele junge, gut ausgebildete gekommen." So sei das vorhandene Problem des Fachkräftemangels abgeschwächt worden, betont Kopf. "Unsere demografische Situation ist dadurch viel viel besser als in vielen anderen EU-Ländern und vor allem Deutschland. Dadurch kann man auch mit neuen Niederlassungen ausländischer Firmen hierzulande rechnen. Es ist spannend, was Europa bewegt", sagt der Chef des AMS zur APA.

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