Wie gefährlich sind AKWs
wie Mochovce und Co.?

Umweltschutzorganisation fordert jetzt Stilllegung von AKW in der Slowakei

Mehrere Atomkraftwerke älteren Models umzingeln Österreich. Jetzt fordert die Umweltschutzorganisation "Global 2000" die vorübergehende Stilllegung von AKW Mochovce in der Slowakei: Einer der Werte von mehreren entnommenen Wasserproben hat laut Umweltschützern den Trinkwassergrenzwert von radioaktivem Wasserstoff (Tritium) um das 13-fache überschritten.

von AKW Mochovce © Bild: Global 2000

Das übertrifft den maximal zulässigen Wert für die Betriebserlaubnis der Reaktoren. "Durch einen einmaligen Test einer spendenfinanzierten Organisation stießen wir sofort auf etwas, was das regelmäßige Monitoring der Betreiberfirma Slovenské Elektrarne und Kontrollen der slowakischen Behörden verhindern sollen: eine Überschreitung des in der Betriebserlaubnis der Reaktoren festgelegten zulässigen Höchstwertes", sagt Reinhard Uhrig, Atom-Sprecher von "Global 2000". Die Umweltschutzorganisation fordert daher - am 31. Jahrestag der Katastrophe von Tschernobyl - den sofortigen Entzug der Betriebserlaubnis für das AKW Mochovce.

AKW Mochovce
© Global 2000 Wasserproben werden entnommen

Eine Hand wäscht die andere

"Es besteht die Vermutung, dass die Betreiber die Technik nicht unter Kontrolle haben", sagt Uhrig gegenüber news.at. Solange das nicht durch eine unabhängige Untersuchung, beispielsweise von der Europäischen Atomgemeinschaft (Euroatom) oder der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) geklärt werde, solle das AKW stillgelegt werden. Der Atomexperte ortet ein Problem darin, dass Betreiber und Kontrolleure meist zu eng zusammenarbeiten und Sicherheitsrisiken so leichter ignoriert werden könnten. Die Betreiberfirma Slovenské Elektrarne hätten Daten zur Wasserkontrolle veröffentlicht, die er stark bezweifle.

Wie gefährlich ist Tritium?

Tritium, also radioaktiver Wasserstoff, ist nicht harmlos, wie Winfrid Eisenberg, Kinderarzt im Ruhestand und Experte für die Strahlenempfindlichkeit von Kindern in der Aussendung der Umweltschutzorganisation mitteilt. „Es ist der radioaktive Stoff, der am meisten im laufenden Betrieb von Atomkraftwerken ausgestoßen wird“, sagt Eisenberg.

Das deutsche Bundesamt für Strahlenschutz hat bereits 2007 in einer Studie festgestellt, dass für Kinder unter fünf Jahren das Krebsrisiko in einem Fünf-Kilometer-Radius um Atomkraftwerke um 60 Prozent steigt, das Leukämie-Risiko um100 Prozent. „Tritium ist einer der radioaktiven Gefahrstoffe, die diese Krankheitsfälle verursachen“, sagt der Kinderarzt. Das Staubecken und der Fluss aus dem die Wasserproben entnommen wurden, liegen genau im Fünf-Kilometer-Radius des AKW Mochovce.

© Video: GLOBAL 2000

Die Fakten zu Mochovce

Das 1985 erbaute AKW Mochovce liegt knapp 200 Kilometer von Wien entfernt und besitzt 2 Reaktorblöcke, die in Betrieb sind. Das AKW besitzt kein sogenanntes Containment, eine den Reaktordruckbehälter umschließende Sicherheitsvorkehrung, um im Fall eines Störfalls die Umwelt vor radioaktiver Verstrahlung zu schützen. Das Kraftwerk ist in Österreich stark umstritten. Grünen-Politikerin Eva Glawischnig - sie schrieb ihre Dissertation über grenznahe Kraftwerke - klagte sogar gegen den Kraftwerksbetreiber Slovenské Elektrárne wegen der Gefährdung durch radioaktive Immissionen. Allerdings scheiterte sie 2005 mit ihrer Klage in zweiter Instanz vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen in Wien. Sicherheitsmängel seien nicht konkret nachweisbar gewesen, hieß es damals. Heute hat das AKW einige Jahre mehr auf dem Buckel und Umweltschützer raten nach wie vor zur Abschaltung. Am 26. November 2010 sorgte ein Störfall im Block 2 für Aufregung: Ein Turbogenerator brannte.

Einige AKWs in der Nähe von Österreich, die "Global 2000" als Sicherheitsrisiko einstuft:

Es kommt auf das Alter an

Rund um Österreich sind mehrere ältere AKWs in Betrieb. Das Alter der Atomkraftwerke spielt laut Atomexperte - wie auch im Fall von Mochovce - eine wesentliche Rolle. Je älter die Anlagen seien, desto mehr verspröde der Stahl durch radioaktive Substanzen. Derzeit liege das Ende der Betriebserlaubnis bei 30 Jahren. Dieses Alter hat Mochovce zwar noch nicht erreicht, aber "die Reaktoren sind jetzt schon veraltet und einfach nicht auf dem aktuellen Stand der Technik", wie Uhrig mitteilt. Das Design stamme sogar noch aus den 1970er Jahren. Geht es nach dem Experten sollen alle derartig alten Kraftwerke auf der Stelle stillgelegt werden. Die dadurch fehlenden Stromkapazitäten könnten durch den Ausbau von erneuerbaren Energien ohne Probleme kompensiert werden - auch in der Slowakei, zeigt sich Uhrig überzeugt.

Weiterführende Links:

Laut "Global 2000" betreiben 14 der 28 Staaten Atomkraftwerke. Etliche davon stuft die Umweltschutzorganisation als Risikofaktor ein. Ein Überblick:

Farbcode der AKW-Karte:
ROT = Hochrisikoreaktor, Siedewasserreaktor 69 oder GE Mark I (Fukushima-Typ)
ORANGE = Hochrisikoreaktor, kein Containment
GELB = Hochrisikoreaktor, älter als 30 Jahre
BRAUN = Hochrisikoreaktor, Erdbebengebiet
GRAU = Reaktor in Betrieb
SCHWARZ = Reaktor abgeschaltet