Dönmez wird aus ÖVP-Parlamentsklub ausgeschlossen

Nach seinem sexistischen Tweet wurde der Nationalratsabgeordnete Efgani Dönmez aus dem ÖVP-Parlamentsklub ausgeschlossen.

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Der ÖVP-Parlamentsklub hat seit Montagnachmittag ein Mitglied weniger. Die Volkspartei warf den vormals Grünen Efgani Dönmez aus ihrer Fraktion, nachdem dieser eine Berliner SPD-Politikerin mit einem sexistischen Tweet beleidigt hatte. Davon auszugehen ist, dass Dönmez sein Mandat als "wilder Abgeordneter" behält. Den gleichen Weg hatte schon die Ex-Liste-Pilz-Mandatarin Martha Bißmann einschlagen müssen.

Aus der ÖVP geschossen hatte sich Dönmez, der schon bei den Grünen mit sexistischen Aussagen aufgefallen war, mit einem Tweet vom Sonntag. Auf die Frage eines Users, wie die Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli (SPD) zu ihrem Amt gekommen sei, hatte er geantwortet: "Schau dir mal ihre Knie an, vielleicht findest du da eine Antwort." Von Usern des Kurznachrichtendienstes wurde dies so interpretiert, dass die Politikerin ihre Karriere sexuellen Handlungen verdanke.

Dönmez sprach von "Moment der Schwäche"

Dönmez versuchte noch zurückzurudern und schrieb später von einem "Moment der Schwäche". Den verzieh ihm aber weder die SPÖ, die umgehend seinen Rücktritt forderte noch die ÖVP, auf deren Mandat er (ohne Parteizugehörigkeit) im Hohen Haus saß. ÖVP-Frauenchefin Dorothea Schittenhelm forderte Dönmez auf, sein Mandat niederzulegen und auch Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) sprach von einer "massiven Entgleisung".

»Sexistische, beleidigende Entgleisungen nicht akzeptabel«

Nach einigen Schreckstunden griff dann die Parteispitze durch. Kanzler Sebastian Kurz, der Dönmez persönlich angeworben hatte, und Klubobmann August Wöginger erklärten in einer Aussendung, dass "sexistische, beleidigende Entgleisungen nicht akzeptabel sind". Dafür gebe es in der neuen ÖVP keinen Platz, der neue Stil stehe für einen respektvollen Umgang miteinander und nicht für Beleidigungen, auch wenn jemand politisch andere Ansichten vertrete. Der Ausschluss sei als "Signal und Mahnung" an alle Funktionsträger zu verstehen.

Davor hatte es selbst aus Deutschland eine Rücktrittsaufforderung an Dönmez gegeben. Justizministerin Katharina Barley (SPD) sprach von widerlichen und sexistischen Äußerungen und meinte: "Wer Frauen in einer solchen Weise beleidigt und herabwürdigt, muss sich selbst fragen, ob er seine Wählerinnen und Wähler weiterhin im Parlament vertreten sollte."

Dönmez fühlt sich missverstanden und wird "Wilder"

Efgani Dönmez hat nach seinem Ausschluss aus dem ÖVP-Klub erklärt, er werde sein Nationalratsmandat behalten und als freier Abgeordneter seine Arbeit fortsetzen. Den heftig kritisierten, sexistischen Tweet habe er "anders gemeint", so Dönmez im "Kurier" (Online-Ausgabe).

Er müsse zur Kenntnis nehmen, "dass die Klubführung Leuten wie Florian Klenk ("Falter"-Chefredakteur, Anm.) auf den Leim geht", erklärte er weiters. Die Angelegenheit sei "bedauerlich", denn er habe im Parlamentsklub "nicht nur Kollegen, sondern auch Freunde". Sein Mandat will er behalten, damit wird er nach der ehemaligen Liste-Pilz-Abgeordneten Martha Bißmann der zweite "wilde" Abgeordnete.

Die NEOS erklärten unterdessen, der Ausschluss Dönmez' sei der richtige Schritt gewesen: "Derart sexistische und inakzeptable Aussagen haben im Parlament nichts verloren", erklärte der stellvertretende Klubobmann Nikolaus Scherak in einer Aussendung. Er forderte in diesem Zusammenhang auch einen Verhaltenskodex für Parlamentarier.

Dönmez bestreitet Sexismus

Efgani Dönmez hat Sexismus in seinem heftig kritisierten Tweet bestritten. "Mir ging es darum, aufzuzeigen, dass die SPD Islamisten den roten Teppich ausrollt und das nicht im Stehen, sondern auf den Knien. Mit Sexismus hatte dieser Tweet nichts zu tun", erklärte Dönmez gegenüber der Tageszeitung "Österreich".

»Ich hatte nie die Absicht, eine sexistische Bemerkung zu machen«

"Ich hatte nie die Absicht, eine sexistische Bemerkung zu machen", so Dönmez. Er habe auch sofort reagiert, sich entschuldigt und den Tweet gelöscht: "Das wurde von den Medien und gewissen Linken bewusst aufgebauscht." Es sei schade, dass man wegen eines Halbsatzes auf Twitter auf die Titelseiten komme und nicht aufgrund der politischen Arbeit der letzten Monate: "Das sagt einiges über unser Land aus."

Dönmez geht auch davon aus, dass die ÖVP von den Medien und aus Deutschland unter Druck gesetzt worden sei. "Es gibt ein Leben nach der ÖVP", stellte der nun wilde Abgeordnete fest.

Ex-Grüner verscherzt es sich auch mit Türkis

Angeeckt ist er in seiner beruflichen Karriere nicht selten - mit einem sexistischen Tweet hat es sich Efgani Dönmez allerdings mit seiner neuen politischen Heimat ÖVP verscherzt. Er wurde am 30. Oktober 1976 in der Türkei geboren und kam bereits als Baby nach Österreich. Die Volksschule besuchte er in Pinsdorf bei Gmunden, wo er später auch die Hauptschule und den Polytechnischen Lehrgang absolvierte. Nach einem Studienberechtigungslehrgang studierte er an der Landesakademie für Sozialarbeit Linz und später Konfliktmanagement und Mediation an der Johannes Kepler Universität.

Sein bisheriges Berufsleben war auch abseits der Politik abwechslungsreich, denn Dönmez war unter anderem als Installateur, Bibliothekar und Pädagoge, Hausmeister, Sozialarbeiter und Lektor tätig. Als Kolumnist schrieb er etwa für die "Oberösterreichischen Nachrichten" und seit 2015 ist er auch Unternehmensberater.

Mehrere Aufreger bei den Grünen

Zur Ökopartei kam Dönmez über eine Teilorganisation in Oberösterreich 2000 und landete schließlich im Vorstand der Linzer Grünen. Dönmez und die Grünen, das ging aber nicht lange gut. 2008 sorgte er für parteiinterne Aufregung, da er meinte: "Die Frauen in unserer Partei sind auf jeden Fall alle hoch engagiert und qualifiziert. Brüste zu haben reicht bei den Grünen nicht als Qualifikation." Empörung gab es auch 2013, als er im Zuge der Proteste in der Türkei mit einer Aussage für Verärgerung unter den Parteikollegen sorgte. Bezugnehmend auf einen "Heute"-Artikel, wonach zu einer in Wien geplante Kundgebung rund 5.000 Anhänger Erdogans erwartet werden, meinte er: "5000 One-Way-Tickets und keiner würde denen nachweinen...". "Überspitzt" sei dies gewesen, musste er später einräumen.

2015 wurde er von den Grünen nicht mehr als Bundesrat nominiert. Bis zu seinem Parteiaustritt waren es dann aber doch noch zwei Jahre. Diesen verkündete Dönmez am 30. Mai 2017, nachdem ihm ein Besuch mit dem Chef der Wiener Identitären, Martin Sellner, in einem Flüchtlingswohnprojekt bei Linz untersagt worden war.

Schon zu diesem Zeitpunkt wurde über einen Wechsel zu Kurz spekuliert. Im Hochsommer 2017, drei Monate vor der vorgezogenen Nationalratswahl, präsentierte der ÖVP-Obmann seinen neuesten Coup. Bei einer Pressekonferenz lobte Kurz Dönmez etwa dafür, dass dieser als einer der ersten auf das Problem des politischen Islam aufmerksam gemacht habe. Vom fünften Listenplatz ging es für den Oberösterreicher wieder ins Hohe Haus, diesmal in den Nationalrat.

Ruhig wurde es um Dönmez nie

Ruhig wurde es um Dönmez - für manche wohl wenig überraschend - auch unter türkisen Fittichen nicht. Schon im Wahlkampf legte er sich für seine neue Partei, wenn auch kein Mitglied, ins Zeug und warf dem Moderator der ORF-Sommergespräche 2017, Tarek Leitner, wegen früherer gemeinsamer Urlaubsreisen ein Naheverhältnis zu SPÖ-Chef Christian Kern vor. Dönmez Name tauchte dann auch beim bestimmenden Wahlkampfthema, der Silberstein-Affäre auf, wobei er einräumte, mit dem Silberstein-Mitarbeiter Peter Puller bekannt zu sein und ihn für seine europäische Bürgerinitiative gegen Extremismus engagiert zu haben.

Erst Anfang August dieses Jahres fiel er mit einem Beitrag im vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes als rechtsextrem eingestuften Magazin "Info-Direkt" auf. Im Juni ließ der Abgeordnete aufhorchen, als er das Timing der von der Regierung verkündeten Moscheen-Schließungen mit Kurz' Israel-Reise erklärte. Dieser habe ein Signal gegen den Islamismus setzen wollen, so Dönmez damals. Später kritisierte er die Mitten im türkischen Wahlkampf verhängten Moscheen-Schließungen als Hilfe für Präsident Recep Tayyip Erdogan.

Auch gegen die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) zieht Dönmez, der sich selbst als liberalen Muslim sieht, gerne vom Leder. Erst unlängst bezeichnete er die IGGÖ auf Twitter als "Sammelbecken von reaktionären Muslimverbänden".

Jüngster Vorfall brachte Fass zum Überlaufen

Das Fass zum Überlaufen brachte der jüngste Vorfall. In einem sexistischen Tweet unterstellte der ÖVP-Nationalratsabgeordnete der deutschen SPD-Politikerin Sawsan Chebli im Zusammenhang mit ihrer Karriere sexuelle Gefälligkeiten. "Das war ein Moment der Schwäche", rechtfertigte er die Entgleisung noch. Rücktrittsaufforderungen setzte es nicht nur seitens der Opposition, sondern auch von den ÖVP-Frauen und von der deutschen Justizministerin Katharina Barley (SPD). Bundespartei und Klub zogen am Montag die Reißleine, Dönmez wurde aus dem Parlamentsklub ausgeschlossen.

Dönmez ist verheiratet und Vater zweier Kinder.

Kommentare

Alexander Beer

ÖVP die Partei der Scheinheiligen!
Saubere Partei?? Fromm???
Moralinsauer und scheinheilig!
Mit einem Menschen verachtenden BK, nur um sich zu profilieren!
Pfui Teufel<<<!

Mailyn P.

Etwas übertriebene Reaktion, passt aber völlig zur heutigen, humorlosen Denke. Da gibt es ganz andere sexistische Handlungen, erklärt mit andersartiger Sozialisierung, wo man sich empören sollte. Beispiel gefällig: "happy new raped Year 2015/16!".

Helga Marsteurer

Wer die Wahrheit sagt....stolpert politisch dann über einen unbedachten Sager. Aber gerade die Scheinheiligkeit der ÖVP in solchen Fragen ist schon des Öfteren zu bemerken gewesen. Leider gibt es Journalisten vom Schlag eines Worm leider nicht mehr. Ich bin überzeugt dass NEWS auch manches von Politikern dieser sauberen und frommen Partei weiß, aber aus gewissen Gründen nicht veröffentlichen kann

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